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Menschen arbeiten am Computer

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Archiv 2017

icon-ff Created with Sketch. Digitalisierung fördert Menschenrechte

Smartphones und Internetanschluss haben die Welt verändert: Jeder kann mit jedem in Kontakt treten, Daten sind einfacher zugänglich. Die Digitalisierung bietet Chancen wie auch Risiken. Zu den Chancen gehört, dass die technische Entwicklung dazu beitragen kann, Menschenrechte leichter in Anspruch zu nehmen und erfolgreicher durchzusetzen. Doch sie hat auch Schattenseiten – etwa die Gefahr der Überwachung und des Missbrauchs, der sozialen Spaltung oder der Umwälzung der Arbeitswelt. Die KfW hat eigene Ansätze entwickelt, um digitale Technologien in der Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen. Dabei behält sie die Chancen und Risiken stets im Blick.

Digitalisierung als Chance für Menschenrechte 

Da die Digitalisierung alle Lebensbereiche durchdringt, kann sie auch helfen, Menschenrechte und Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zu erreichen. Die Digitalisierung beeinflusst nicht nur technische Entwicklungen, sondern auch gesellschaftliche.

  1. Meinungsfreiheit online

    Die digitalen Technologien können das Recht auf Meinungsfreiheit befördern. Unabhängige Informationen sind leichter zugänglich und die Unterdrückung von Nachrichten ist somit schwieriger geworden. Außerdem können sich Menschen über digitale Kanäle organisieren und gemeinsam ihr Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen. Dies zeigte etwa der Arabische Frühling, als sich Aktivisten online absprachen.

    Auch Verletzungen der Versammlungsfreiheit sowie anderer Rechte können leichter dokumentiert und veröffentlicht werden – Handyaufnahmen bei Demonstrationen sind inzwischen üblich geworden.

  2. Bürger entscheiden mit

    Darüber hinaus erleichtert der Zugang zum Netz die Mitwirkung an öffentlichen Angelegenheiten. Eine Bürgerbeteiligung ist wesentlich einfacher geworden. Viele Informationen und staatliche Dienste sind inzwischen auch online verfügbar, also auch für Menschen zugänglich, die in entfernteren Regionen leben. Die Zivilgesellschaft kann Regierungshandeln und die Verwendung öffentlicher Gelder besser nachvollziehen, wenn Staaten ihrer Rechenschaftspflicht online nachkommen. Digitale Technologien, die zur Transparenz von Politik, Verwaltung und Finanzen beitragen, sind ein wesentlicher Schritt zur Verwirklichung von Menschenrechten und des menschenrechtlichen Prinzips der Rechenschaftslegung. Digitalisierung erleichtert die Bekämpfung finanzieller Unregelmäßigkeiten oder zeigt diese überhaupt erst auf.

    Ein weiteres Beispiel für die Beförderung von Sozialrechten durch Digitalisierung ist E-Governance. In vielen Ländern besitzen nicht alle Bürger einen Identitätsnachweis, etwa einen Pass. Dabei sind Identitätsnachweise häufig die Voraussetzung, um Rechte geltend zu machen. Dies betrifft etwa Landrechte, Wahlen, Versicherungen und Kontoeröffnungen. Digitale Ausweise können die Identifizierung von Bürgern erleichtern, sind schwer zu fälschen und darüber hinaus kostengünstig.

  3. Digitalisierung befördert Rechte

    Digitale Angebote können auch die menschenrechtlich verbürgte Teilhabe am kulturellen Leben und am wissenschaftlichen Fortschritt sowie den Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit sichern. Doch nicht nur die Umsetzung bürgerlicher und politischer, sondern auch wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte wird durch Digitalisierung unterstützt. Online-Anwendungen ermöglichen mehr Menschen den Zugang zu Gesundheitsversorgung. Das kann etwa erreicht werden, indem erfahrene Ärzte online zugeschaltet werden, um Ferndiagnosen zu stellen. Oder Daten von Laboren werden per Internet übermittelt, sodass sie schneller zur Verfügung stehen. Vor allem für Menschen in abgelegenen, ländlichen Gebieten ist dies eine Chance, eine bessere Gesundheitsversorgung zu erhalten.

Digitale Inklusion – Internet für alle 

Nicht nur das Internet, auch das inzwischen sehr weit verbreitete Mobiltelefon sichert Zugang zu Informationen, seien es Bezahlsysteme über Handys, Wetternachrichten per SMS oder landwirtschaftliche Beratung durch Textnachrichten. Die positiven Auswirkungen der Digitalisierung erreichen jedoch vor allem die, die auch Zugang zum Internet haben. Dieser ist nicht nur innerhalb eines Landes, sondern vor allem auch international sehr unterschiedlich. Während laut International Telecommunication Union (ITU) 2017 in Industrieländern 84 Prozent der Haushalte Zugang zum Internet hatten, waren es in Schwellenländern 43 Prozent und in den ärmsten Ländern nur 15 Prozent.

Das Gleiche gilt für Smartphones. Zwar sind die Geräte selbst in vielen Ländern der Erde weit verbreitet, doch nicht immer bestehen auch Verträge oder Datenguthaben. 2015 entfielen auf 100 Einwohner in Industrieländern 87 aktiv genutzte Verträge für mobile Breitbandnutzung, in den Schwellenländern waren es 39, in den ärmsten Ländern zwölf Verträge je 100 Einwohner.

Der Weg zur digitalen Inklusion – dem weltweiten Zugang zum Internet für alle – ist daher noch weit, es geht aber voran. Die Verbreitung von Breitbandanschlüssen nimmt zu. Dabei sind vor allem die Jugendlichen Vorreiter: Der Anteil der Jugendlichen, die Zugang zum Internet haben, ist weltweit höher als der bei Erwachsenen. Mehr als 80 Prozent der Jugendlichen weltweit haben Online-Zugang.

Frauen haben bisher im weltweiten Vergleich weniger Zugang zu IT-Technologien als Männer. Das beeinträchtigt ihre Möglichkeiten zur gesellschaftlichen und ökonomischen Teilhabe. Weltweit ist der Anteil der Männer, die Internet nutzen, um zwölf Prozentpunkte höher als der der Frauen. Frauen äußern online ihre Meinung nur halb so oft wie Männer und verwenden digitale Medien weit weniger häufig, um eigene Inhalte zu kreieren. Nur 24 Prozent aller Jobs im digitalen Sektor sind von Frauen besetzt. Es besteht das Risiko, dass sich diese Ungleichgewichte mit fortschreitender Digitalisierung noch vergrößern.

Internetnutzung bei 15-24 jährigen in Prozent 2017

Grafik Mann mit Laptop © ITU 2017

94 %

Industrieländer

67 %

Schwellenländer

30 %

Entwicklungsländer (LDCs)

Anteil der mobilen Breitband-Verträge pro 100 Einwohner 2017

Smartphone in einer Hand © ITU 2017

98 %

Industrieländer

50 %

Schwellenländer

22 %

Entwicklungsländer (LDCs)

Risiken der Digitalisierung 

Digitalisierung bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich. Was passiert mit den vielen Daten, die gesammelt werden? Der Datenschutz muss gesichert sein. Die Informationssicherheit, also der Schutz von persönlichen Daten und Cybersecurity im Sinne einer Absicherung zentraler Systeme, ist ein besonders sensibles Thema. Meinungsfreiheit und demokratische Kontrolle von Daten sind Voraussetzungen, damit die Digitalisierung Menschenrechte befördert und nicht einschränkt. Denn Strukturen, die zur Bürgerbeteiligung eingerichtet werden, können leicht auch zur Manipulation und Überwachung zweckentfremdet werden. Auch besteht die Gefahr, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen werden, etwa weil sie keinen Zugang zu einem digitalisierten System haben oder die Stromversorgung in ihrer Region unzuverlässig ist.

Wenn Informationen vor allem online vorliegen, greifen Zensur und Einschränkung des Zugangs zum Internet besonders stark. Auch die unterschiedliche Nutzung von Informationstechnologie zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen oder Männern und Frauen ist menschenrechtlich bedenklich. Daher kommt der digitalen Inklusion eine besondere Bedeutung zu.

Abgesehen von der Problematik der Gewährleistung der Persönlichkeitsrechte bestehen weitere Risiken im sozialen Bereich. Es wird beobachtet, dass durch die Digitalisierung einerseits Arbeitsplätze obsolet werden und andererseits neue entstehen. Künstliche Intelligenz und der Einsatz lernender Roboter könnte zu weiteren Umwälzungen beitragen. Das bringt auch einen steigenden Weiterbildungsdruck mit sich. Die konkreten Folgen dieser Entwicklung sind noch nicht absehbar. Die KfW verfolgt die Debatte aufmerksam und hat die Risiken der Digitalisierung im Blick.

Die Digitale Agenda der Bundesregierung

Wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit digitale Technologien nutzen kann, beschreibt die „Digitale Agenda“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), in deren Vorbereitung die KfW eingebunden war. Sie gibt einen Handlungsrahmen für die Umsetzung digitaler Projekte in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Das BMZ formuliert darin fünf strategische Ziele, nämlich:

  • Digitale Innovation nutzen 
  • Demokratische Verfahren stärken 
  • Menschen auf der Flucht helfen 
  • Zukunftssichere Jobs schaffen 
  • Menschenrechte und Teilhabe sicherstellen 

Dabei hebt das BMZ hervor, dass die Informations- und Kommunikationstechnologie alle 17 Nachhaltigkeitsziele der UN (SDGs) beeinflusst. Sie spielt eine wesentliche Rolle, um diese zu erreichen.

Darstellung von Hans-Peter Baur

Hans-Peter Baur, Leiter der Unterabteilung „Demokratie, Menschenrechte, Gleichberechtigung, Soziale Entwicklung“ im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Der digitale Wandel verspricht dem Einzelnen und der Gemeinschaft enorme Entwicklungspotentiale, ermöglicht berufliche Entwicklung, administrative Effizienz, Transparenz und demokratische Teilhabe. Gleichzeitig steht die Welt vor neuen Herausforderungen. Wo das Internet Freiheitsräume schafft, besteht die Gefahr, dass diese wieder eingeschränkt werden. Wir treten daher dafür ein, demokratische Grundrechte wie das Recht auf Privatsphäre und die Meinungsfreiheit im digitalen Raum zu schützen. Zudem stehen wir für Netzneutralität und einen fairen, freien, gleichberechtigten Zugang zum Internet. So schaffen wir eine offene Wissensgesellschaft, in der die Menschen ihre Umwelt positiv gestalten können.

Digitale Ansätze der KfW 

Fast alle Vorhaben der KfW Entwicklungsbank beinhalten bereits heute digitale Technologien. Darüber hinaus führt die KfW im Auftrag der Bundesregierung in vielen Sektoren gezielt Vorhaben durch, die auf IT-Lösungen ausgerichtet sind. Sie prüft bei einschlägigen Vorhaben vorab, ob die notwendigen Voraussetzungen – insbesondere Gesetzesgrundlagen für Datenschutz und IT-Sicherheit – im Partnerland vorhanden sind. Zudem unterstützt sie ihre Partner durch Consultants, die bei Bedarf die Mitarbeiter der Projektträger zum Themenfeld Datenschutz und IT-Sicherheit schulen und sicherstellen, dass IT-Lösungen national und international anerkannten Standards entsprechen.

  1. Digitalisierung als Katalysator für Menschenrechte

    Die Unterstützung digitaler Ansätze ist kein Selbstzweck. Sie dient nicht allein dazu, die Vorhaben schneller oder effektiver durchzuführen, auch wenn dies häufig der Fall ist. Die Informations- und Kommunikationstechnologien werden in der Finanziellen Zusammenarbeit als Katalysator eingesetzt, um Menschenrechte und Entwicklungsziele zu verwirklichen. Sie dienen als Hebel, um in den Partnerländern Vorhaben wie etwa die folgenden zu realisieren:

    • Einführung von IT-Systemen für die Steuer- und Finanzverwaltung > mehr Transparenz 
    • Zugang zu Bankdienstleistungen per Smartphone > finanzielle Inklusion 
    • Digitalisierung von Katastern und Grundbüchern > Landrechte nachweisen 
    • Digitalisierung des Meldewesens, Einführung von Identitätsnachweisen in digitaler Form > erleichterter Zugang zu staatlichen Dienstleistungen, Versicherungen, Bankkonten etc. 
    • Breitbandvernetzung staatlicher Einrichtungen > Förderung von Dienstleistungen für Bürger 
    • SMS-basiertes Bürgerfeedback > Förderung der Teilhabe 
  2. Mehr Teilhabe durch Digitalisierung

    Die KfW Entwicklungsbank fördert im Auftrag der Bundesregierung Vorhaben, in denen die Digitalisierung auf die eine oder andere Weise zur Verwirklichung von Menschenrechten beiträgt. Die Informations- und Kommunikationstechnologie dient dabei als Hebel, menschenrechtliche Ansätze zu verstärken. Lesen Sie im Folgenden zwei Beispiele, eines zum Recht auf Gesundheit und eines zum Recht auf Bildung.

  3. Recht auf Gesundheit: Hilfe für arme Mütter in Tansania
    Mutter mit Baby auf dem Arm

    Per SMS können sich arme Mütter in Tansania in die Krankenversicherung aufnehmen lassen. Damit werden sie und ihre Kinder bis zu sechs Monate nach der Geburt ärztlich betreut. Möglich macht dies das Programm „Tumaini la Mama“ (Hoffnung für Mütter), das die KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung unterstützt. Das Programm ist nur ein erster Schritt, um eine landesweite Krankenversicherung für alle einzuführen. Die KfW unterstützt Tansania, dieses Ziel zu erreichen. Damit leistet sie einen Beitrag zur Umsetzung des Rechts auf Gesundheit.

  4. Mehr Bildung: Kubanerinnen erwerben IT-Kenntnisse

    Kuba ist bekannt für Strände, Salsa und Sonne, doch demnächst könnte es auch durch seine Expertise in der Software-Entwicklung von sich reden machen. Bereits jetzt studieren viele junge Kubaner Informatik. Das Potsdamer Zertifizierungsunternehmen International Software Quality Institute GmbH (iSQI) schult derzeit IT-Trainer auf der karibischen Insel, darunter sehr viele Frauen. Die DEG übernimmt mit 81.000 EUR die Hälfte der Kosten, die andere Hälfte trägt iSQI. So fördert die DEG das Recht auf Bildung.