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Kommunen: Orte derTransformation

Nachhaltigkeit wird vor Ort gemacht – globale Konzepte brauchen lokale Akteure. Aber was genau benötigen Kommunen, um die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit zu bewältigen? Darüber sprach die KfW bei einer Dialogveranstaltung mit kommunalen Stakeholdern.

Was braucht es, damit die Transformation in der Kommune auf jeden Fall scheitert? Mit dieser ironischen Frage war der Einstieg in die Diskussionsrunde im Februar 2023 in Berlin schnell geschafft. Denn Hindernisse begegnen den kommunalen Akteuren, wie beispielsweise Stadtverwaltungen und kommunalen Unternehmen, allerorten: von rückwärtsgewandtem Denken über bürokratische Verfahren bis hin zu fehlenden Finanzmitteln. Und auch wenn die KfW als Veranstalterin des Dialogs unmittelbar im Blickpunkt war, so waren sich doch alle gut 20 Anwesenden darin einig, dass fehlende Finanzmittel nur ein Grund unter vielen sind, wegen derer es an der Umsetzung lokaler Nachhaltigkeit hapert.

Impulse für die Weiterentwicklung

Der Stakeholder Round Table der KfW ist schon fast zur Tradition geworden: Seit einigen Jahren ist der Dialog mit relevanten Stakeholdern zu einem festen Orientierungspunkt im Rahmen der Strategieentwicklung für die Bankengruppe geworden. Angelehnt an das Thema des Nachhaltigkeitsberichts im Vorjahr („Nachhaltig in Stadt und Land“) ging es diesmal um Nachhaltigkeit in Städten und Gemeinden. Dabei war es der KfW vor allem wichtig, Impulse aufzugreifen und zu erfahren, wie die Gesamtsituation der Städte und Gemeinden im Hinblick auf Nachhaltigkeitserfordernisse einzuschätzen ist und wie die Bank ihre Förderangebote für Kommunen und kommunale Unternehmen noch weiterentwickeln sollte. Denn die KfW sieht ihre Rolle auf kommunaler Ebene darin, die notwendige Transformation hin zu nachhaltigeren Wirtschaftsformen mit geeigneten Instrumenten zu begleiten.

Doch Nachhaltigkeit ist vielfältig. Prioritäten müssen gesetzt werden. Zwar wiesen Teilnehmende darauf hin, dass Nachhaltigkeit mehr als Klimaschutz sei und auch soziale und ökonomische Aspekte der Nachhaltigkeit mit berücksichtigt werden müssen. Auf der anderen Seite steht jedoch der wissenschaftliche Konsens, dass der Klimawandel die größte Bedrohung für eine nachhaltige Entwicklung ist. Dies betonte Dr. Stephan Brand, Senior-Referent in der Forschungsabteilung KfW Research und zusammen mit dem Deutschen Institut für Urbanistik verantwortlich für das jährliche KfW Kommunalpanel. So entfallen etwa 10 Prozent des geschätzt rund 5 Billionen EUR großen Investitionsbedarfs für das Erreichen der deutschen Klimaschutzziele auf den öffentlichen Sektor, der größte Teil davon auf den Energie- und den Verkehrsbereich.

Doch abgesehen davon, dass die meisten Kommunen in Deutschland bisher keine Klimaziele verabschiedet haben, gibt es strukturelle Hindernisse. Sie reichen von steigenden Preisen über fehlende Planungskapazitäten bis hin zu komplizierten Förderprogrammen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. André Berghegger argumentierte: „Wenn man die Förderprogramme auf Bundes- und Länderebene und die von der EU zusammenrechnet, kommt man auf rund 900 Stück. Diese Programmlandschaft muss unbedingt zusammengefasst werden.“

Gruppenbild, das die gut 20 Teilnehmenden an der Dialogveranstaltung zeigt.
Die Teilnehmenden am KfW Stakeholder-Dialog 2023 deckten ein breites Spektrum unserer Stakeholder mit kommunaler Expertise ab.
Porträt Dr. André Berghegger am Tisch während eines Diskussionsbeitrags.

Die Programmlandschaft muss unbedingt zusammengefasst werden.

Dr. André Berghegger, MdB (CDU)

Vielfältige Herausforderungen

Kommunale Akteure sollten zumindest nichts tun, was dem Klimaschutz entgegensteht – diese Ansicht vertraten mehrere Stakeholder. So forderte etwa die Grünen-Bundestagsabgeordnete Karoline Otte, dass es keine nicht nachhaltigen Förderprogramme mehr geben sollte. „Außerdem müssen Förderprogramme zugänglich sein, durch wenig Bürokratie und eine grundständige Finanzierung der Kommunen vor Ort“, so Otte. Zumindest für eine Übergangszeit müsse aber weiter in eine kommunale Erdgasinfrastruktur und deren Erhaltung investiert werden, weil ohne grundlastfähige Kraftwerke die Energiewende nicht zu schaffen sei, so der Einwand von Matthias Krampert, Leiter Finanzen der Stadtwerke Nürnberg. An Dilemmata mangelt es somit nicht.

So unterschiedlich die anwesenden Stakeholder, so vielfältig waren auch die geäußerten Herausforderungen. Carsten Kühl vom Deutschen Institut für Urbanistik bestätigte beispielsweise, dass viele Kommunen über Geldmangel klagen, finanzstarke Kommunen dagegen eher nichtmonetäre Hindernisse geltend machen, etwa fehlende Planungsingenieurinnen und ­ingenieure und überbordende Bürokratie. Andernorts fehle mitunter die Akzeptanz für Nachhaltigkeitsstrategien, wenn sie nicht ausreichend erklärt oder nicht partizipativ entwickelt wurden. So betonte Hannah Strobel vom Next Economy Lab (NELA) die Wichtigkeit von Dialog und Interessenausgleich. Nur wenn auch Zielkonflikten Raum gegeben werde, könne Transformation gelingen.

Angesichts der zahlreichen aktuellen globalen Krisen, die sich auch auf die kommunale Ebene auswirken, erleben gerade kommunale Unternehmen, dass Banken restriktiver werden und mehr Sicherheiten verlangen. So brachte Andreas Meyer als Vertreter des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) den Vorschlag ein, dass sich die KfW beispielsweise an den Haftungsrisiken der Banken für Kreditausfälle ihrer kommunalen Kunden aus KfW-Förderdarlehen beteiligen könne.

Nur wenn auch Zielkonflikten Raum gegeben wird, kann Transformation gelingen.

Hannah Strobel, Next Economy Lab
Porträt Hannah Strobel während ihres Kurzvortrags.

Erwartungen an die KfW

Damit war das Feld eröffnet für Wünsche an die KfW, um kommunaler Nachhaltigkeit zu mehr Durchschlagskraft zu verhelfen. Denn auch dazu dient der jährliche Stakeholder-Dialog der KfW: herauszufinden, welche Wünsche und Erwartungen bestehen und wie die KfW ihnen in strategischer oder instrumenteller Form entgegenkommen kann. So regte Oliver Haubner vom Zentrum für Nachhaltige Kommunen der Bertelsmann Stiftung an, sich stärker an der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu orientieren. Um der Vielfalt an Ratings zu begegnen, könne die KfW beispielsweise eine Art Zertifikat für Nachhaltigkeitsprojekte entwickeln, dessen Erreichen als Nachhaltigkeitsausweis gegenüber einer Geschäftsbank genügen müsse.

Damit die Transformation in der Kommune nun aber nicht scheitert, sondern gelingt, haben die anwesenden KfW-Stakeholder fünf Bereiche identifiziert:

  • Finanzmittel erhöhen: Haftungsfreistellung anbieten, Rekommunalisierung fördern, Unterstützung bei Eigenkapitalmitteln geben
  • Kompetenzen ausbauen: Anschubfinanzierung zur Ausbildung kommunaler Nachhaltigkeitsmanager und Zuschüsse für den Kompetenzausbau leisten
  • Interessenausgleich schaffen: Partizipation zu einer Förderbedingung machen, zielgruppenspezifisch kommunizieren
  • Bürokratie abbauen: Förderprogramme weniger kleinteilig gestalten, Nachhaltigkeitsnachweispflichten vereinheitlichen und verschlanken
  • Planungskapazitäten bereitstellen: eine kommunalpolitische Aufgabe, ohne konkreten Auftrag an die KfW

Die Ergebnisse des Dialogs werden dem Vorstand der KfW zur Diskussion vorgestellt.

Der Vortragende Dr. Stephan Brand in der Raummitte, hinter ihm eine Leinwand, vor ihm Publikum an Tischen in U-Form.
Dr. Stephan Brand (KfW Research) führte in die Thematik ein und stellte Ergebnisse des letzten KfW-Kommunalpanels vor.
Fünf Personen in lockerer Gesprächsrunde, drei davon nicht gut zu sehen bzw. angeschnitten; Mitte links die Grünen-Bundestagsabgeordnete Karoline Otte, rechts von ihr Oliver Haubner von der Bertelsmann Stiftung.
Zeit für informellen Dialog: in der Bildmitte links Karoline Otte, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und rechts Oliver Haubner, Bertelsmann Stiftung.