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Ein Bewässerungskanal verläuft durch eine trockene Wüstenlandschaft.
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Wasser für den Globalen Süden: kostbares Nass in trockenen Regionen

Aus wenig viel machen – so sieht oft die Praxis bei Wasserprojekten im Globalen Süden aus. Das heißt zum Beispiel: aus wenig vorhandenem Wasser möglichst viel für Mensch und Natur herausholen. Aber auch Finanzmittel müssen so effizient wie möglich eingesetzt werden, denn finanzielle Ressourcen reichen ebenfalls nie aus.

In der Finanziellen Zusammenarbeit mit Ländern des Globalen Südens ist Wasser ein sehr vielschichtiges Thema. Die KfW Entwicklungsbank, die ihre Projekte nach den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) strukturiert und ihren Erfolg entsprechend misst, ordnet Wasserprojekte einer ganzen Reihe der UN-Ziele zu. Die wichtigsten sind SDG 6, „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“, und SDG 14, „Leben unter Wasser“. Letzteres umfasst den Meeresschutz (lesen Sie hierzu unseren Artikel hier im Magazin). Doch der Schutz und die Rehabilitation von Mooren und Feuchtgebieten fällt beispielsweise unter SDG 13, „Maßnahmen zum Klimaschutz“, und SDG 15, „Leben an Land“. Das zeigt: Wasser – oder der Mangel daran – ist überall präsent. Das betrifft gleichermaßen die Sauberkeit von Trinkwasser mit der dazugehörigen Versorgungsicherheit, die Behandlung bzw. Reinigung von Abwasser sowie ein Zuviel an Wasser (Schutz vor Überschwemmungen) und ein Zuwenig (landwirtschaftliche Bewässerungsprojekte). Und damit ist das Spektrum relevanter Themen noch nicht beendet: ohne Wasser keine Ernährung, keine Hygiene und vieles mehr.

UN-Ziele werden wohl nicht erreicht

Allein das Themenspektrum unter SDG 6 mit seinen elf Unterzielen füllt ganze Regale bei der UN-Agentur UN Water, die für das globale Monitoring und die Datenauswertung zum Ziel „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ zuständig ist. Dabei geht es um die Wasserqualität in Flüssen und Seen, die Abwasserbehandlung, die effiziente Nutzung, um Regionen mit Wasserstress und vieles mehr. Die Thematik ist gleichzeitig so vielfältig und der Zustand der Gewässer oft so problematisch, dass UN Water schon 2018 erklärt hatte, dass SDG 6 wohl nicht bis zum Zieljahr 2030 erreicht wird.

An dieser Einschätzung hat sich bisher nichts geändert. Bei den Unterzielen, deren Erreichung sich in Prozent messen lässt, lag im Jahr der letzten Datenerhebung 2020 die Zielerreichung zwischen 19 % bei Wasserstress und 74 % bei der Trinkwasserqualität.

Ein Arbeiter in Schutzkleidung sammelt in einem Container Plastikabfälle aus einer Kläranlage.
Kläranlagen in Afrika sind oft mit Plastikmüll belastet.

Finanzierung und Erfahrung

Oft sind ärmere Länder finanziell nicht ausreichend in der Lage, Wasserinvestments aufzusetzen und durchzuführen. Die Lösung des Problems dem Privatsektor zu überlassen ist wegen der schlechten Renditeaussichten nicht realistisch. Öffentliche Finanzierung ist gefragt, und die KfW Entwicklungsbank übernimmt im Auftrag der Bundesregierung und in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern im In- und Ausland das Auf- und Umsetzen der Projekte.

Neben finanziellen Aspekten spielen aber auch die Erfahrungen im Sektor und mit den Projektträgern in den Partnerländern eine wesentliche Rolle. Die KfW finanziert seit ihrem Bestehen Projekte in Bezug auf die Wasserinfrastruktur mit ihren vielfältigen ökologischen und sozialen Faktoren. So war die KfW beispielsweise schon in den 1990er-Jahren an der Finanzierung einer einzigartigen Aufbereitungsanlage in Windhoek, der Hauptstadt Namibias, beteiligt. Im Jahr 2022 ging es dann an die Ausweitung der Kapazitäten.

Trinkwasser aus Abwasser

In der Anlage der Stadt Windhoek mit dem Namen New Goreangab Water Reclamation Plant wird geklärtes städtisches Abwasser bereits seit 2002 durch die neuesten verfügbaren und bewährten Technologien zu Trinkwasser aufbereitet und gelangt zurück in die Trinkwasserversorgung der namibischen Hauptstadt. Die Anlage ist die erste und eine der wenigen in der Welt, bei der gereinigtes kommunales Abwasser wieder direkt zur Trinkwasserversorgung herangezogen wird. Der Grund: Namibia ist stark vom Klimawandel betroffen und das trockenste Land Subsahara-Afrikas. Die natürlichen Wasserressourcen reichen nicht aus, um die wachsende Bevölkerung mit den erforderlichen Mengen sauberen Wassers zu versorgen.

Aus dem gereinigten Abwasser erzeugt die bestehende Anlage bisher jeden Tag rund 20.000 Kubikmeter Trinkwasser. Der Anteil des wiederverwendeten Abwassers am gesamten Trinkwasserverbrauch der Stadt beträgt bisher bis zu einem Viertel. Mit dem 2022 gestarteten Folgeprojekt wird die Kapazität in einer neuen Anlage in einem ersten Schritt um 10.000 Kubikmeter pro Tag erweitert – und somit die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel nicht nur von Windhoek, sondern der gesamten „Central Area“ von Namibia gesteigert. Die Finanzierung der neuen Anlage erfolgt über die KfW und einen Beitrag der Regierung von Namibia an den Projektträger Namibia Water Corporation Ltd (NamWater).

In Ergänzung hierzu hat die DEG, eine hundertprozentige Tochter der KfW Bankengruppe, in den 2010er-Jahren die Investition eines privaten Unternehmers zur Reinigung der Abwässer aus dem nördlichen Industriegebiet Windhoeks finanziert. Hierdurch wird die Wasserqualität des zur Trinkwassergewinnung genutzten Swakoppoort-Damms langfristig verbessert.

Trinkwasseraufbereitungsanlage mit mehreren Gebäuden inmitten einer trockenen Steppenlandschaft
Die „New Goreangab“-Wasseraufbereitungsanlage im Umfeld von Windhoek/Namibia bereitet vorgereinigtes Brauchwasser zu Trinkwasser auf.

Trinkwasserversorgung in Windhoek, Namibia (vereinfachte Darstellung)

Die Grafik zeigt den vereinfachten Prozess der Trinkwasseraufbereitung in Windhoek, der Hauptstadt von Namibia. In der Mitte Windhoek, von links Zuflüsse von Grundwasser und Stauseewasser, nach rechts Abfluss zur Kläranlage, von dort über die Brauchwasseraufbereitung zurück nach Windhoek.

Drei Fragen an… Stefan Gramel

Prof. Stefan Gramel ist Wasserexperte im Kompetenzzentrum „Infrastruktur, Wasser und natürliche Ressourcen“ der KfW Bankengruppe.

Herr Prof. Gramel, schaffen wir das mit dem SDG 6? Oder läuft uns die Zeit davon, um bis 2030 noch weltweit sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen zu erreichen?
In den Bereichen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung konnte in den letzten Jahren viel erreicht werden, sodass beispielsweise mehr als 90 % aller Menschen auf der Welt eine Basis-Trinkwasserversorgung haben. Allerdings gibt es auch weiterhin ca. 500 Mio. Menschen weltweit ohne jede Form von Sanitärversorgung. Und es sterben immer noch alle zwei Minuten durchschnittlich etwa drei Menschen an Krankheiten, die mit mangelhafter Wasserversorgung und Abwasserentsorgung verbunden sind. Dazu gibt es zunehmend Problemfelder im Wassersektor, die mit dem Klimawandel zusammenhängen: Dürren und Überflutungen haben massiv zugenommen. Obwohl viele Fortschritte gemacht wurden, ist ein Erreichen von SDG 6 sehr unwahrscheinlich, insbesondere im Bereich der Abwasserentsorgung.

Ganz kurz: Wie lautet der Ansatz der KfW?
Wesentliche Schwerpunkte liegen beim Schaffen und Verbessern von Zugängen zu Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. So erreichen wir in der Trinkwasserversorgung mit den finanziellen Zusagen der Jahre 2019 bis 2021 ca. 35 Mio. Menschen. Ein weiterer Fokus sind Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel: Rund 85 % aller Projekte des Wassersektors hatten in diesem Zeitraum die Klimaanpassung als Haupt- oder Nebenziel.

Wie bewerten oder messen Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen?
Bei jedem Vorhaben erfolgt zu Beginn eine intensive Prüfung der Problemsituation, der vorgeschlagenen Maßnahmen und der angestrebten Wirkungen. Dabei werden immer auch Indikatoren für den Projekterfolg festgelegt (zum Beispiel die Anzahl neuer Zugänge zur Trinkwasserversorgung oder Abwasserentsorgung). Nach Beendigung des Vorhabens erfolgt eine Abschlusskontrolle und bei einem Teil der Vorhaben eine vertiefte Evaluierung der eingetretenen Wirkungen und Erfolge. Dabei spielt die Überprüfung der zu Beginn festgelegten Indikatoren eine zentrale Rolle.

Porträt von Stefan Gramel.
Prof. Stefan Gramel ist Wasserexperte im Kompetenzzentrum „Infrastruktur, Wasser und natürliche Ressourcen“ der KfW Bankengruppe.