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ESG-Risiken: Wie starkwirken sie auf die Bonität unserer Geschäftspartner?

Im ESG-Risikomanagement übersetzt die KfW Bankengruppe ökologische, soziale und Governance-Risiken in finanzielle Risiken. Eine neue Datenbankanwendung dazu wird voraussichtlich 2023 einsatzbereit sein.

Nachhaltigkeit im Finanzmarkt wird in der Regel durch die drei Buchstaben E, S und G abgebildet. Sie stehen für Environmental (Umweltbezogenes), Social (Menschenrechte, Soziales, Gesellschaftliches) und Governance (gute Unternehmensführung) und damit für drei Dimensionen, die bei der Bewertung von Unternehmen – neben finanziellen Kennzahlen – zum Zuge kommen.

ESG von innen und von außen

Dabei betrachtet die KfW Bankengruppe ihre Geschäftspartner aus zwei Perspektiven. Bei der „Inside-out“-Betrachtung analysieren wir zum Beispiel, ob ein durch die KfW finanziertes Projekt negative Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte haben könnte. Dieser Ansatz wird oft auch als „Save the World“-Perspektive umschrieben. Mit Förderschwerpunkten unter anderem im Bereich Klima und Umwelt sind Nachhaltigkeit und die aktive Begleitung der Transformation dahin für die KfW Bankengruppe besonders wichtig.

Die Integration dieser Sicht in unsere tägliche Arbeit geschieht bereits seit Langem auf vielfältige Weise; zum Beispiel unterzieht die KfW Vorhaben in Schwellen- und Entwicklungsländern sowie Export- und Projektfinanzierungen einer Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung (USVP) nach anerkannt hohen internationalen Standards. Zudem werden nur Vorhaben finanziert, die mit der konzernweit gültigen Ausschlussliste und den jeweils anwendbaren Sektorleitlinien zur Sicherstellung der Kompatibilität unserer Finanzierungen mit den Pariser Klimazielen im Einklang stehen. Umgekehrt – in der „Outside-in“-Betrachtung oder der „Save the Bank“-Perspektive – untersuchen wir, wie sich Nachhaltigkeitsfaktoren finanziell auf Geschäftspartner oder Branchen auswirken. Dabei geht es beispielsweise darum, ob Kreditnehmende angesichts der physischen Folgen des Klimawandels in der Lage sein werden, den Kredit zurückzuzahlen.

Zwei Perspektiven von „ESG“

ESG-Risikomanagement – klassisch, aber auch neu

Das Management von Outside-in-Risiken ist letztlich klassisches Risikomanagement, denn ESG-Risiken sind Risikotreiber, und Banken mussten in ihrem Geschäft seit jeher mit – auch neuen – Risikotreibern umgehen können. Neu sind jedoch die Faktoren bzw. deren Vielzahl, dynamische Entwicklung und Langfristigkeit. So befindet sich beispielsweise das Kreditrisikomanagement seit einigen Jahren in einem dynamischen Prozess der Veränderung. Ging es früher vor allem um Markt-, Haftungs- und ähnliche Risiken, so können nun zusätzlich verstärkt Nachhaltigkeitsrisiken auftreten. Dazu zählen die Folgen gesellschaftlicher Veränderungen und des Klimawandels ebenso wie Verbraucherinnen und Verbraucher, die Produkte meiden, die mit Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung in Verbindung gebracht werden, oder auch Unternehmen, die sich mit neuen technologischen oder regulatorischen Anforderungen konfrontiert sehen, die auf eine Verbesserung der Umwelt abzielen.

Eine Missachtung solcher vermeintlich „nichtfinanzieller“ Risiken hätte nicht nur Auswirkungen auf die Reputation von Unternehmen, sondern gefährdet auch ihren langfristigen wirtschaftlichen Erfolg. Wie jede andere Bank auch sieht die KfW als öffentliche Bank des Bundes und der Länder das Management von ESG-Risiken als ihre ureigenste Aufgabe an, um ihre starke Risikotrag- und damit Förderfähigkeit zu erhalten.

Teilprojekt im Rahmen von „tranSForm“

Der Aufbau des ESG-Risikomanagementsystems der KfW ist Teil des umfassenden Nachhaltigkeitsprojekts „tranSForm“. Das Teilprojekt zu ESG-Risiken wird nach Ablauf der Projektlaufzeit im Jahr 2024 das Management von ESG-Risiken im Konzern in einer neuen Dimension ermöglichen. Damit werden auch die neuesten regulatorischen Anforderungen zu ESG-Risiken erfüllt sein.

Schwerpunkt im Jahr 2022 war die Entwicklung einer Anwendung namens „ESG-Risikoprofil“ zur Beurteilung der ESG-Risiken unserer Kunden. Nach der voraussichtlichen Einführung 2023 erfolgt im Laufe eines Jahres für alle risikorelevanten Geschäftspartner der KfW Bankengruppe eine Bewertung ihrer ESG-Risiken auf einer Schulnotenskala (von 1 = keine/sehr geringe finanzielle Auswirkungen bis 6 = äußerst schwerwiegende finanzielle Auswirkungen).

Weisen bestimmte Geschäftspartner aus Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Sicht Risiken auf, werden diese einheitlich und konsistent identifiziert und bewertet. Das ESG-Risikoprofil bringt den KfW-Konzern somit in die Position, ESG-Risiken nachvollziehbarer berücksichtigen und aktiver managen zu können. Die Geschäftspartner sind dadurch zusätzlich aufgefordert, wirksame Anpassungsstrategien für die Zukunft zu entwickeln und umzusetzen, um ihre ESG-Risiken zu mindern.

In die Anwendung fließen viele Faktoren ein, die zum Teil aus öffentlichen Quellen oder aus gewerblichen Datenbanken – beispielsweise eine „Environmental & Social“-Sektoren-Heatmap – stammen oder von uns selbst berechnet werden.

Die Bewertung erfolgt bottom-up für die jeweiligen Dimensionen E, S und G auf der Ebene von „Kategorien“, wie zum Beispiel bei E den Kategorien „Transitorisches Klimarisiko“, „Physisches Klimarisiko“, „Wasser“, „Umweltverschmutzung“ und „Ökosysteme“. Die schlechteste Bewertung einer Kategorie führt zum Bewertungsergebnis der Dimension.

Kategorien in der ESG-Faktorenlandkarte (bei Unternehmen)

Environment

  • Transitorisches Klimarisiko
  • Physische Klima- und Umweltrisiken
  • Wasser
  • Umweltverschmutzung
  • Ökosysteme

Social

  • Humankapital
  • Gesundheit und Sicherheit
  • Gesellschaftliche Veränderungen
  • Kundenbeziehungen
  • Produktion, Prozesse und Lieferketten

Governance

  • Managementqualität
  • Geschäftsmodell und Strategie
  • Informationspolitik
  • Reputation und Unternehmensethik

Beispiel für ein ESG-Risikoprofil – Anwendungsmaske

Das ESG-Risikoprofil hat primär die Funktion, den Analystinnen und Analysten eine Hilfestellung bei der Ermessung von ESG-Risiken zu bieten. Mit dieser Hilfe kann in der Kreditanalyse besser beurteilt werden, ob aufgrund vorhandener ESG-Risiken beispielsweise eine Korrektur der Ratingnote des Kreditnehmenden oder eine Anpassung der Transaktionsstruktur (z. B. Verkürzung der Laufzeit) angezeigt ist.

Die Vorteile des ESG-Risikoprofils gehen aber noch viel weiter. Über die Sammlung der Daten entstehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in weiteren Risikosteuerungsinstrumenten. Beispielsweise lässt sich ein genaueres ESG-Stresstesting durchführen. Die Definition von ESG-Risikoindikatoren schafft zudem für alle Beteiligten deutlich mehr Transparenz. Beim Auswerten von ESG-Risiken und dem Erstellen von Berichten wird ein gewaltiger Sprung nach vorn möglich sein, was für uns als öffentliche Bank eine Verpflichtung ist.

Beispielhafter Auszug aus der ESG-Risikoprofil-Anwendungsmaske zur Bewertung von Risiken im Environmental-, Social- oder Governance-Bereich auf der Skala 1 = sehr gering, 2 = gering, 3 = moderat.