Blockheizkraftwerke (BHKW) funktionieren nach dem bewährten Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung. Ihr Wirkungsgrad kann mit minimalem Aufwand oft deutlich erhöht werden – das hat ein Forschungsteam der TU Darmstadt bei Rolls Royce Power Systems unter Beweis gestellt. Der Motorenbauer aus Friedrichshafen kann jetzt in einer Prozesskette pro Jahr 30 % Energie und rund 60 Tonnen CO2 einsparen durch einfache Maßnahmen wie die Einbindung der BHKW-Motorwärme in die Wärmeversorgungsanlage.
Energie sparen und Kosten senken: Spätestens seit Beginn der Energiekrise sind Unternehmen jeder Branche und Größe mit diesen Herausforderungen konfrontiert. So auch die Rolls Royce Power Systems AG in Friedrichshafen am Bodensee. Unter dem Markennamen MTU stellt das Unternehmen schwere Motoren und Antriebssysteme her, zum Beispiel für Schiffe, Eisenbahnen und Industriemaschinen.
Die Fertigung ist energieintensiv. Eine Herausforderung für Alexander Debera, der als Projektmanager bei Rolls Royce Power Systems verantwortlich ist für den Bereich Footprint, Infrastructure & Engineering. „Ich glaube, in keinem Unternehmen schauen die Abteilungen zuallererst aufs Energiesparen. Da geht es vor allem darum, Vorgaben zu erfüllen, die in erster Linie Qualität und Stückzahl betreffen.“
Deshalb hat Rolls Royce Power Systems Energiesparprofis aus der Forschung ins Haus geholt. „Dass wir noch Einsparpotenziale haben, war uns klar. Aber die konkreten Zahlen fehlten. Ohne Datengrundlage konnten wir nicht entscheiden, mit welchen Stellschrauben wir am schnellsten und effektivsten Energie und CO2 einsparen würden“, erklärt Debera.
So entstand der Kontakt zur ETA-Fabrik an der TU Darmstadt. ETA steht für Energietechnologien und Anwendungen. Das praxisnahe Forschungsteam ist vertraut mit den Arbeitsschritten, die für die metallverarbeitende Industrie typisch sind. An Werkzeug-, Reinigungs- und Wärmebehandlungsmaschinen in der eigenen Modellfabrik erproben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter realen Bedingungen, welche Einsparungen im Fertigungsprozess möglich sind. Zum Beispiel, indem alle Möglichkeiten der Kraft-Wärme-Kopplung voll ausgeschöpft werden – ein Thema, das für Rolls Royce Power Systems sehr relevant ist.
„Über Projektpartner wie Rolls Royce Power Systems können wir unsere Erkenntnisse in die Wirtschaft tragen“, erläutert Thomas Kohne von der ETA-Fabrik das Interesse an dem gemeinsamen Vorhaben. „Und wir erhalten im Gegenzug wertvolle Daten, mit denen wir unsere Forschungsergebnisse validieren und weiterentwickeln können.“
Die ETA-Fabrik entsandte ein Forschungsteam nach Friedrichshafen, um Energieflüsse an der zentralen Wärmeversorgungsanlage mit ihren Blockheizkraftwerken und Gasbrennwertgeräten genau zu messen und zu analysieren. Schon bald lagen die ersten Ergebnisse vor, die gemeinsam mit den Verantwortlichen bei Rolls Royce Power Systems unter die Lupe genommen wurden. „Aufgefallen sind vor allem die hohen Rücklauftemperaturen in unserer Wärmeversorgungsanlage sowie die hohen Prozesstemperaturen der Großreinigungsanlagen“, erinnert sich Alexander Debera. „Auf Basis der Daten hat das ETA-Forschungsteam dann genau identifiziert, welche Maßnahmen wir umsetzen sollten und wie viel Energie und CO2 wir damit einsparen.“
Indem Rolls Royce Power Systems die Rücklauftemperaturen im gesamten Wärmenetz absenkte, konnte der thermische Wirkungsgrad der BHKW erhöht werden. „Außerdem haben wir die Wassertemperatur in einigen Reinigungsanlagen verringern können, ohne dass sich dies negativ auf den Waschvorgang ausgewirkt hat“, fährt Debera fort. Durch Einbindung der BHKW-Motorenwärme sank der Heizwärmebedarf um 268 Megawattstunden pro Jahr.
Die Umstellung war binnen drei Wochen abgeschlossen. Neben der Einregelung der Prozesstemperaturen für die Reinigungsmaschinen und der Begrenzung der Rücklauftemperaturen im gesamten Wärmenetz mussten neue Stellventile und sogenannte Rücklauftemperatur-Begrenzungsventile eingebaut werden. Das war alles. „Man darf natürlich trotzdem nicht vergessen: Energiesparen ist kein Sprint, sondern ein Marathon“, bemerkt Debera rückblickend. „Wir sind wirklich froh, dass wir hartnäckig drangeblieben sind, denn jetzt sparen wir mehr, als alle erwartet hätten.“
Weil Rolls Royce Power Systems die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft genutzt hat, amortisiert sich die Investition bereits nach gut anderthalb Jahren statt nach zweieinhalb Jahren. Der Motorenbauer hat den Investitionszuschuss über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt. Die KfW bietet alternativ einen zinsgünstigen Kredit mit Tilgungszuschuss aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz an.
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