Furnier- und Holzwerk Mittenaar GmbH

Wärmewende in Mittenaar

Inmitten ausgedehnter hessischer Buchen­wälder produziert die Furnier- und Holzwerk Mittenaar GmbH seit über 50 Jahren Buchen-Schälfuniere. Jetzt ist die Nach­frage größer denn je. Eine gute Zeit für das Unter­nehmen, in Energie­effizienz zu investieren. Für rund 6,7 Millionen Euro wurde mit Hilfe eines KfW-Kredits eine hoch­effiziente Biomass­eanlage zur Wärme­versorgung in Betrieb genommen.

Im Holzgeschäft hat Hartmut Dietermann schon viele bewegte Zeiten erlebt. „Doch solche wie jetzt, die gab es noch nie“, staunt der Geschäfts­führer der Furnier- und Holzwerk Mittenaar GmbH. Während er über die ungebremste Nach­frage nach Buchenholz-Schälfurnieren und Brenn­holz spricht, rotiert im Hinter­grund unablässig die riesige Schäl­maschine. Schicht um Schicht schneidet sie schier endlos Furnier­bahnen aus den Buchenholz­stämmen. Nur wenige Schritte entfernt durchlaufen die Furnier­bahnen eine langstreckte Trockner­linie, in der sie wie in einem über­dimensionierten Bügeleisen getrocknet und geplättet werden. Routiniert entfernen die Mitarbeiter unerwünschte Unregel­mäßigkeiten im Holz­wuchs – eine Art laufende Qualität­skontrolle, bevor am Ende der rund 70 Meter langen Fertigungs­halle die getrockneten Furniere nach Kunden­wünschen optimal zugeschnitten werden.

Ein Mann steht an ein großes Metallrohr gelehnt

“Unser neues Biomasseheizwerk ist ohne Zweifel eine Schlüsselinvestition.”

Geschäftsführer Hartmut Dietermann

„Wir produzieren im Drei-Schicht-Betrieb“, erklärt Dietermann und ist wieder bei den außer­gewöhnlichen Zeiten: Da ist zum einen der Klima­wandel. Er setzt dem Wald zu, viele Bäume leiden unter Dürre und Schädlings­befall. Gleichzeitig hat der weltweite Bauboom die Nach­frage nach Holz explodieren lassen. Dann brachte die Corona-Pandemie die welt­weiten Liefer­ketten im Holz­geschäft ins Wanken und nun fallen mit Russ­land und der Ukraine zwei der weltweit größten Holz­lieferanten aus.

Dabei sind sie in Mittenaar den wechsel­haften Lauf der Zeiten durchaus gewohnt. Vor über 50 Jahren begann am Standort die Produktion von Furnier­holz. 2014 rutschte der Betrieb unerwartet in die Insolvenz. Da war Hartmut Dietermann, zuvor lange Zeit Betriebs­leiter, schon nicht mehr an Bord. Doch er kehrte zurück und erlebt so seit 2018 einen bemerkens­werten Umschwung. Die breit aufgestellte Weimer-Gruppe aus Lahnau in Koopearation mit der Kreiling Beteiligungs-GmbH mit Sitz in Gießen über­nahmen das Furnierwerk und seitdem stehen in Mittenaar die Zeichen auf Modernisierung und Wachstum.

Baustelle an einem Gebäude mit Bagger und Bauarbeiter
Für die Erweiterung des Unternehmens wird seit 2018 auf dem Firmengelände durch den Abriss älterer, nicht mehr genutzter Gebäude wie dem alten Heizwerk neuer Raum geschaffen.

Die Nachfrage nach Schäl­furnieren ist groß – die Zahl der Wett­bewerber aber über­schaubar. Das sorgt für ein besonderes Markt­gefüge: „Wir haben alle unsere Spezialisierung und bedienen damit eigene Nischen­märkte“, beschreibt Dietermann die Branche. Die Nische der Mittel­hessen ist die Industrie und hier vor allem der Transformatorenbau. Dort kommt das Furnier­holz aus Mittenaar als Isolations­werkstoff zum Einsatz. „Das Holz der Rot­busche leitet nicht, es verfügt über die besten elektrischen Eigen­schaften für den Einsatz in Trans­formatoren“, weiß Dietermann um die Vorzüge seiner Furniere. Und Transformatoren werden gebraucht, „auch für den Ausbau der erneuer­baren Energien.“, wie Dietermann betont Einen kleineren Teil ihrer Produktion liefern die Hessen der Möbel­industrie zu. Aus dem Restholz der Furnier­produktion wird Brenn­holz gewonnen – auch hier ist die Nachfrage geradezu explodiert.

Und noch etwas hat der erfahrene Holzfach­mann in seiner langen Karriere im Furnier­werk so noch nicht erlebt: „Die Weimer-Gruppe investiert seit der Übernahme massiv in den Umbau des Unter­nehmens.“ Einiges, was über fünf Jahr­zehnte auf dem Gelände des Furnier­werks errichtet wurde, steht heute effizienten Produktions­abläufen eher im Weg. Auch reichen die Flächen für das Wachstum nicht aus. Mit einem umfangreichen Maßnahmen­plan soll die Furnier­herstellung in Mittenaar nun moderner, nachhaltiger und energetisch optimiert umgestaltet werden. Die Verwaltungs­räume wurden bereits saniert, alte Gebäude mussten für einen neuen Nassholz­platz und die Erneuerung der Dämpf­gruben weichen.

Auch für das betagte Kessel­haus aus den 1960er Jahren kam 2021 das Aus. An seine Stelle ist ein modernes Biomasse­heizwerk für die Wärme­versorgung im Unternehmen getreten. „Das ist ohne Zweifel eine Schlüssel­investition“, urteilt Geschäfts­führer Dietermann. Zwischen 2019 und 2021 investierte das Unternehmen rund 6,7 Millionen Euro in die Biomasse­anlage.

Für Martin Bettner, bei der Weimer-Gruppe verantwortlicher Leiter für Energie-Projekte, eröffnet die Investition eine ganz neue Dimension der Energie­effizienz und der Schadstoff­reduzierung im Furnierwerk: „Wir können mit einem Wirkungs­grad von 90 Prozent und einer Nennwärme­leistung von 8 MW nun Wärme für verschiedene Prozesse bei der Furnier­fertigung bereitstellen.“ Möglich wird der hohe Effizienz­grad u.a. durch den Einbau eines zweiten Abgas-Wärmetauschers, der die Temperaturen aus dem Verbrennungs­prozess noch einmal auf knapp unter 100 Grad Celsius runterkühlt.

So können unterschiedliche Temperatur­grade in der Wärme­versorgung für die Dämpf­gruben, die Trocknung der Furniere und des Brennholz und für die Hallen­heizung eingesetzt werden. „Wir senken mit der Biomasse­anlage unseren CO2-Ausstoss um 200 Tonnen pro Jahr“, beziffert Bettner den Beitrag der Investition für den Klima­schutz. Befeuert wird die Anlage mit Altholz und Restholz aus der Produktion. Bei der Verarbeitung von jährlich rund 18.000 Fest­metern Schälholz und 10.000 Festmetern Brennholz fällt naturgemäß ausreichend Bio­brennstoff an. Fossile Energie­träger hingegen kommen bei der Wärme­erzeugung im Unter­nehmen nicht zum Einsatz. Im Angesicht globaler fossiler Energie­krisen sind die Hessen damit ihrer Zeit geradezu voraus. Vom Rohstoff für die Produktion bis zum Biobrennstoff für die Wärme­versorgung arbeitet der Betrieb so streng regional und verwertet den Rohstoff Holz nahezu vollständig.

Aufgrund der hohen Energieeffizienz und der Verwendung von weit mehr als 50 Prozent der erzeugten Wärme für den Produktions­prozess konnte der Mittel­ständler die „Bundes­förderung für Energie- und Ressourcen­effizienz in der Wirtschaft“ nutzen, einem zins­günstigen groß­volumigen Förder­programm mit hohen Tilgungs­zuschüssen aus Mitteln des BMWK. „Der maximale Tilgungs­zuschuss von 55 Prozent für unsere Biomasse­anlage war natürlich ein entscheidender Faktor, um eine Investition in dieser Größen­ordnung in Angriff nehmen zu können“, so Hartmut Dietermann.

Sein Blick ist aber schon auf die weiteren zukünftigen Modernisierungs­pläne gerichtet. Die Baukräne, die sich aktuell auf dem Firmen­gelände drehen, gehören allerdings nicht dazu. Sie gehören zur zentralen Feuer­wache, die die Gemeinde auf dem Firmen­gelände errichten wird. Auch ein Zeichen dafür, wie verankert der Traditions­betrieb in Mittenaar ist – fest verwurzelt wie die Buchen in den hessischen Wäldern und zugleich im Aufbruch für die energie­effiziente Produktion von Morgen.

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