Hand hält ein Mikrofon

    „Eine aktive gestalterische Rolle"

    Ein Interview mit zwei Abteilungsleitern des Bereichs Risikocontrolling der KfW. Herr Lars Temme und Herr Dr. Carsten Heineke geben Einblicke in die Weiterentwicklung des Risikocontrollings und deren Chancen, berichten von bisherigen Erfolgen und wie sich das Risikocontrolling der KfW von anderen Banken unterscheidet.

    Der Bereich Risikocontrolling durchläuft aktuell ein mehrjähriges Transformationsprogramm, was sind die Hintergründe?

    CH: Die Themen im Risikocontrolling werden immer vielfältiger. Zudem steigen die Anforderungen aus dem Aufsichtsrecht immer weiter und stellen uns sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor große Herausforderungen – darauf haben wir reagiert: Wir haben im Jahr 2021 einen strategischen Review durchgeführt und die Handlungsbedarfe für das Risikocontrolling der KfW identifiziert. Im Endeffekt befinden wir uns in einer Art Aufholjagd und unser Ziel ist es – wie wir intern immer so schön sagen – „vor die Welle zu kommen“. Das planen wir durch viele fachliche und prozessuale Weiterentwicklungen, den Aufbau von Ressourcen sowie eine neue Aufbauorganisation über die nächsten zwei Jahre zu erreichen. So wollen wir nicht nur dem Standard des Aufsichtsrechts genügen, sondern vor allem auch ein stärkerer Partner für unsere internen Kunden sein.

    Was bedeutet Aufholjagd genau?

    LT: Die KfW hat in den letzten Jahren mit einem umfangreichen Modernisierungsprozess gestartet, der im Wesentlichen die System-/Prozesslandschaft umfasst hat. Im Bereich Risikocontrolling lag der zusätzliche Fokus noch auf der Weiterentwicklung der Risikomodelle und -steuerung. Ziel des Modernisierungsprozesses ist es, auf die Kundenbedürfnisse schnell und flexibel reagieren zu können, die Komplexität aus den vielfältigsten Anforderungen zu beherrschen und die regulatorischen Vorgaben so effizient und wirksam wie möglich umzusetzen.

    Und wo stehen wir da gerade?

    LT: Wir haben im Bereich Risikocontrolling in den letzten Jahren gemeinsam mit unseren Töchtern und weiteren Bereichen mächtig aufs Tempo gedrückt. Über die zum Teil signifikanten Fortschritte auf allen Ebenen hinweg freuen wir uns sehr. Wir haben unsere Modelllandkarte fokussiert weiterentwickelt und dabei die Risikosensitivität als Grundlage für unsere Steuerung deutlich optimiert. Dies drückt sich entsprechend positiv auch auf unsere üblichen Bankkennzahlen wie Gesamtkapitalquote oder ökonomischer Deckungsgrad aus und erweitert unsere Handlungsspielräume.

    CH: Ein Beispiel: Im Bereich Kreditrisiko und Marktpreisrisiko haben wir die komplette Systemlandschaft in den letzten Jahren überarbeitet und modernisiert. Das umfasst sowohl die Systeme zur Risikomessung als auch zum Risikoreporting. Wir haben viel in die Infrastruktur investiert und damit eine sehr gute Ausgangsbasis für die anstehenden Weiterentwicklungen geschaffen. Durch die Neueinführung unseres Kreditrisikosystems in Verbindung mit neuen Risikomodellen haben wir bspw. Anfang 2020 die vielbeachtete Gesamtkapitalquote um rd. 2,5%-Punkte auf knapp 24% steigern können. Aber: Der Markt- und Aufsichts-Standard bewegt sich sehr schnell weiter. Hiermit müssen wir Schritt halten, daher handeln wir jetzt.

    Was ist aus Ihrer Sicht noch zu tun?

    LT: Um weiterhin zukunftsfähig zu sein, müssen wir neben zentralen Schlüsselindikatoren wie Effektivität bzw. die Erfüllung regulatorischer Anforderungen verstärkt auch die Effizienz und Wirksamkeit angehen. Hierfür ist der verstärkte Austausch innerhalb der Bank von hoher Bedeutung. Das Gute: Durch den Review hatten wir die Chance, die gelebten Prozesse zu hinterfragen und uns neu aufzustellen. Gleichzeitig haben wir durch den Aufbau interner Kapazitäten mehr Spielraum erhalten. Wir haben uns in den nächsten zwei Jahren mit dem Transformationsprogramm nochmals deutlich etwas vorgenommen, ich bin aber überzeugt, dass es sich lohnt und wir hiermit eine aktive gestalterische Rolle für unser Haus, d.h. für unsere internen Kunden einnehmen werden.

    Wo entstehen die neuen Stellen, was werden die neuen Aufgaben sein?

    CH: Wir haben die Weiterentwicklung des Risikocontrollings entlang von fünf Handlungsfeldern systematisiert, diese spiegeln auch unsere neue Organisationsstruktur wider:

    • Konzernrisiko
    • Kredit- und Beteiligungsrisiko
    • Marktpreis- und Liquiditätsrisiko
    • Validierung
    • Daten & Systeme

    In allen Handlungsfeldern gibt es Weiterentwicklungs- und Besetzungsbedarf. Es gibt also ein sehr breites Spektrum an Rollen und Aufgaben, für die wir neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen.

    Wie unterscheidet sich das Risikocontrolling der KfW von anderen Banken?

    LT: Was ich bemerkenswert finde, sind die Möglichkeiten, die durch unseren Aufholbetrieb entstehen. Beispielsweise der IRBA-Zulassungsprozess: Das Thema ist bei anderen Banken bereits durch, bei uns hingegen kann man Modelle noch grundlegend weiterentwickeln, anstatt nur Bestehendes aufrecht zu erhalten. Wo möglich, kommen dabei auch moderne statistische Verfahren und Tools zum Einsatz. In der KfW gibt es durch das Programm und die zur Verfügung gestellten Mittel die Chance, das Risikocontrolling aktiv mitzugestalten und auszubauen. Dies ist aktuell definitiv ein signifikanter Unterschied im Vergleich zu vielen anderen Banken und zeichnet uns aus.

    CH: Einen Aspekt möchte ich noch ergänzen. Wir als Förderbank haben immer ein besonderes Spannungsfeld zwischen Risiken, die wir aus förderpolitischen Erwägungen eingehen, und Risiken, die wir vermeiden wollen. Das ist etwas anders als bei einer Geschäftsbank, wo es um die Ertragsrisikooptimierung geht. Da wir im Risikocontrolling aber auch eine Reihe von Aufgaben für unsere Tochtergesellschaft IPEX übernehmen, ist uns auch die Sichtweise einer Geschäftsbank sehr vertraut. Unser Aufgabenspektrum ist infolge breit gefächert, das macht den Job im Risikocontrolling der KfW besonders spannend.

    Wie nehmen Sie den Bereich Risikocontrolling und seine Rolle in der KfW wahr?

    LT: Das Risikocontrolling ist eine sehr zentrale Funktion und ein wichtiges Bindeglied zu anderen Bereichen: Auf der einen Seite müssen wir die Wünsche unserer Anteilseigner wie Marktbereiche zügig und effizient erfüllen. Die Stellung der KfW rund um die neue Regierungsbildung belegen dies eindrucksvoll. Auf der anderen Seite müssen wir als Bereich die regulatorischen Anforderungen und eine angemessene Risikosteuerung sicherstellen. Neben der reinen Aufgabenerfüllung müssen wir des Weiteren für unsere internen Bereiche auch verstärkt Lösungen anbieten. Hier können und werden wir uns in Zukunft noch besser positionieren. Zuletzt haben wir den Marktbereichen bereits mit diversen Projekten und / oder pragmatischen Lösungen geholfen. Dies müssen wir auf jeden Fall weiter ausbauen.

    CH: Gleichzeitig überwachen wir als Bereich die Risikotragfähigkeit der KfW. Hier geht es darum, dass das Haus über genügend Eigenkapital verfügt, um dauerhaft als Förderbank handlungsfähig zu bleiben. Gerade im antizyklischen Sinne, denn wenn die Welt in der Krise steckt, müssen wir als Förderbank in besonderem Maße handlungsfähig sein.

    Wer wird gesucht, wer passt in den Bereich Risikocontrolling der KfW?

    LT: Es gibt nicht das eine Profil, was auch die Attraktivität vom Risikocontrolling ausmacht: Wir sind breit aufgestellt. Bei uns sind viele Betriebswirte und Volkswirte, Mathematiker und Physiker. Wir suchen Personen mit einem sehr hohen und guten Verständnis von IT, einem sehr guten Prozessverständnis und aufsichtsrechtlicher Expertise in allen Handlungsfeldern.

    CH: Wir brauchen nicht zwingend Personen mit jahrelanger Bankerfahrung, auch wenn das immer von Vorteil ist. Gefragt sind ausgeprägte Problemlösungskompetenzen, Interesse an neuen Themen und der Wunsch, als Teamplayer an unserer Transformation mitzuwirken. Wir entwickeln unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch intern immer weiter, das ist ein Grundprinzip.

    LT: Da stimme ich absolut zu. Fort- und Weiterbildung ist im Risikocontrolling von fundamentaler Wichtigkeit und ein integraler Bestandteil, den wir pflegen. Denn die Regulatorik ändert sich so stark und es gibt neue technologische Entwicklungen, denen wir uns öffnen. Neben dem fachlichen, möchte ich auch noch auf das menschliche Profilbild eingehen: Wir brauchen Leute, die vernetzt und offen denken sowie eine große Portion Leidenschaft für das Thema mitbringen, die Spaß haben mit Menschen zu agieren und gerne stark mit Menschen in Interaktion treten. Das Arbeiten im stillen Kämmerlein gehört schon lange der Vergangenheit an.

    Zum Abschluss möchte ich noch hinzufügen: Was ich aufrichtig sehr schätze ist, wie wir im Risikocontrolling miteinander agieren, eine eigene Meinung haben zu dürfen und für diese auch über alle Hierarchieebenen hinweg einzustehen. Dies ist Ausdruck eines vertrauensvollen und respektvollen Umgangs untereinander, wo der Mensch noch nicht zu kurz kommt.

    Vielen Dank für die spannenden Einblicke und das Gespräch!

    Ein Gruppenbild von der Betriebssportgruppe Triathlon. Die Personen haben ihre Sportsachen an und gehen danach im Anschluss eine Runde im Grüneburgpark laufen.