Hände waschen mit sauberem Wasser
Infrastruktur

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Kapstadts Weg zu sauberem Wasser

Immer wieder gelangen Abwässer der südafrikanischen Metropole ungefiltert ins Meer. Nun werden Kapstadts veraltete und überlastete Klärwerke modernisiert. Es ist das erste Projekt der europäischen Clean Oceans Initiative.

Klares Wasser für Kapstadt

Die Modernisierung der Kläranlagen in der südafrikanischen Metropole (KfW Bankengruppe/Christian Chua, Thomas Schuch).

Vor der etwa 20 Quadratmeter kleinen Wellblechhütte mit Schlafbereich, Küchenzeile und Sitzecke steht eine Außentoilette. Sie gehört der Südafrikanerin Elizabeth Rantoetse, die in Flamingo Heights, einer Township in Kapstadt, wohnt. Und Rantoetse ist stolz auf ihr eigenes WC. Als Mitglied des Komitees, das die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung vertritt, durfte sie über die Verwendung eines Budgets mitentscheiden, das die Stadtverwaltung für Verbesserungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt hatte. „Wir wollten und brauchten eigene Toiletten“, sagt Rantoetse. Einige Nachbarn haben ihr WC auch in ihren begrenzten Wohnraum integriert, um für den Toilettengang nicht vor die Tür treten zu müssen.

Bevor die gut 100 Hütten in Flamingo Heights vor sechs Jahren ans Abwassernetz von Kapstadt angeschlossen wurden, gab es einen Block mit wenigen Plumpsklos am Rande der Siedlung für alle Bewohner. Das waren schon damals mehr als 500 Menschen. „Immer wieder kam es durch das Abwasser zu Krankheiten. Es stank enorm und war überall im Weg“, erinnert sich Elizabeth Rantoetse, die den Verlust ihres ungeborenen Kindes auf die Keime im Abwasser zurückführt.

Elizabeth Rantoetse
Einsatz für die Nachbarschaft

Die Bewohnervertreterin Elizabeth Rantoetse vor ihrer Hütte in Flamingo Heights.

Statt zu versickern oder unkontrolliert abzufließen, landet das Abwasser ihrer Behausung inzwischen in einer der städtischen Kläranlagen. 26 gibt es davon. Die meisten dieser Anlagen wurden in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gebaut. Sie sind technisch veraltet und wurden nicht instand gehalten. Klar, dass das den Reinigungsprozess erschwert, so er denn überhaupt möglich ist. Hinzu kommt, dass die Kläranlagen unter ihrer Belastung ächzen: Die Kapazitäten sind für das Kapstadt von 1990 ausgelegt, nicht für eine schnell wachsende Metropole mit inzwischen 4,5 Millionen Einwohnern.

Es bleibt daher nicht aus, dass sich ein Teil des Abwassers immer wieder ungeklärt seinen Weg ins Meer bahnt. Dieses nicht oder nur sehr unzureichend gereinigte und ins Meer abgeleitete Abwasser verschmutzt mit Fäkalien, Kosmetika, Medikamenten- und Antibiotikarückständen die Küsten und Strände, wie Wissenschaftler in einer 2017 veröffentlichten Studie nachwiesen. Der Ruf nach einem Ausbau der maroden Kläranlagen wurde laut.

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Geklärtes Wasser mündet ins Meer
Meeresschutz

Die modernisierten Kläranlagen schützen auch das Meer vor den Toren Kapstadts.

Genau hier setzt ein Vorhaben der KfW an. „Alle 26 Kläranlagen im Stadtgebiet sind modernisierungsbedürftig und werden durch unseren Kredit erweitert und rehabilitiert“, sagt KfW-Projektmanagerin Carolin Brandl. 80 Millionen Euro stellt die KfW Entwicklungsbank der Stadt Kapstadt im Auftrag der Bundesregierung zur Verfügung. „Jedes Jahr ziehen etwa 50.000 Menschen nach Kapstadt, der Ausbau der Infrastruktur kommt da einfach nicht mit“, fügt Brandl hinzu. Ein Fokus des Vorhabens liegt auf der Steigerung der Energieeffizienz der Anlagen – in einem Land wie Südafrika, das seinen Strom zu immer noch fast 75 Prozent aus Kohle gewinnt, ist das ein wichtiges Thema. Ein weiterer Schwerpunkt der KfW in Kapstadt ist aber auch die Kapazitätsvergrößerung: Nach vielen Jahren Investitionsstau soll nun endlich die Infrastruktur an die immer größer werdende Einwohnerzahl angepasst werden.

An den aktuellen und künftigen Kapazitäten der Kläranlage Zandvliet im südlichen Stadtgebiet wird das deutlich. Derzeit ist sie für 72 Millionen Liter Abwasser pro Tag ausgelegt. „Nach der Rehabilitierung kann Zandvliet die notwendigen 100 Millionen Liter Abwasser verarbeiten“, stellt Rajan Moodley fest. Der Ingenieur ist in der Wasserbehörde Kapstadts für Großprojekte zuständig. Angst, dass die Kapazitäten bald schon wieder erschöpft sind, hat Moodley nicht. „Wir legen jetzt schon die strukturellen Grundlagen dafür, dass diese Anlage in einer weiteren Ausbaustufe künftig sogar 150 Millionen Liter täglich bewältigen kann“, sagt er zuversichtlich. „Das wird in dreißig bis vierzig Jahren der Fall sein.“

Carolin Brandl, KfW Projektmanagerin Abwasser Südafrika
„Alle 26 Kläranlagen im Stadtgebiet werden durch unseren Kredit erweitert und rehabilitiert.“

Carolin Brandl, KfW-Projektmanagerin Abwasser Südafrika

Die KfW fördert

Der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank fördert weltweit zahlreiche Projekte im Bereich Wasser.

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Mittelfristig soll das gebrauchte Wasser in den Kläranlagen auch aufbereitet werden. „Unsere Wasserversorgung muss vom Oberflächenwasser unabhängiger werden“, sagt der Planungschef der Wasserbehörde, Dr. Sven Sötemann. Drei niederschlagsarme Jahre hatten 2018 die Wasservorräte zur Neige gehen lassen, es drohte der „Day Zero“, der Tag, an dem die Frischwasserzufuhr eingestellt werden muss. „Neben Grundwasser und der Entsalzung von Meerwasser bietet sich aufbereitetes Abwasser als günstige und nachhaltige Alternative an. Das kann in der Landwirtschaft und der Industrie genutzt werden“, skizziert Sötemann die künftigen Schritte.

Kläranlage Zandvleit Kapstadt
Mann fürs Grobe

In der Kläranlage Zandvliet beseitigt ein Arbeiter den aus dem Wasser gefilterten Unrat, darunter Unmengen an Plastikmüll.

Das erhöht die Bedeutung der Kläranlagen noch einmal enorm. Ihr Beitrag zur Linderung des Wassermangels ist fest eingeplant. Doch bevor die Anlagen Abwasser zu Nutzwasser aufbereiten können, geht es zuerst um ihre Instandsetzung. Und damit um ein weiteres eminent wichtiges Anliegen: die Verminderung der Meeresverschmutzung. Selten tritt der Zusammenhang zwischen einer Maßnahme und dem Schutz der Ozeane deutlicher zutage als hier in Kapstadt, wo die Steigerung von Effizienz und Kapazität der Abwasserreinigung unmittelbaren Einfluss auf die Einleitungen ungeklärten Abwassers ins Meer hat. Auch Unmengen an Plastik landen Tag für Tag in den Filtern der Anlagen – und damit nicht im Ozean. Das Projekt wird deshalb auch im Rahmen der Clean Oceans Initiative gefördert, die die KfW zusammen mit der Europäischen Investitionsbank und der französischen Entwicklungsbank AFD ins Leben gerufen hat. Gemeinsam stellen die Partner zwei Milliarden Euro für Vorhaben bereit, die der Verschmutzung der Weltmeere entgegenwirken.

Der Anfang ist gemacht. Elizabeth Rantoetse freut es, dass nun in die Infrastruktur des öffentlichen Abwassersystems investiert wird. Sie kann jetzt ihre eigene Toilette nutzen und muss keine Angst mehr vor Infektionskrankheiten haben. Welche Wünsche an die Stadtverwaltung hat sie noch? „Na gut“, sagt sie, „da wäre noch etwas: ein richtiges Haus anstelle der Wellblechhütte.“ Doch auch das wird kommen, ist sie sich sicher.

Veröffentlicht auf KfW Stories am: Donnerstag, 4. April 2019

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.