Jan Ritter dokumentiert regelmäßig das Wachstum unter realen Bedingungen
Klimawandel

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SeedForward macht Pflanzen anpassungsfähiger

Damit auch unter extremen Wetterbedingungen eine gute Ernte möglich ist, müssen Pflanzen besonders anpassungsfähig sein. SeedForward setzt auf eine ausgeklügelte chemiefreie Beschichtung des Saatguts. Beim KfW Award Gründen 2019 wurde das Unternehmen mit seinem zukunftsweisenden Konzept Landessieger Niedersachsen.

Video: Zu Besuch bei SeedForward, dem Landessieger Niedersachsen beim KfW Award Gründen 2019 (KfW Bankengruppe/n-tv).

Der Klimawandel und das weltweite Bevölkerungswachstum sind eine Herausforderung für die Landwirtschaft. Wie ist es möglich, unter schwieriger werdenden Bedingungen die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern? Wie können Böden ertragreich bleiben oder werden? Was müssen die angebauten Pflanzen leisten können, wenn Trockenheit und Hitze überall zunehmen? Diese Fragen trieben den Agrar- und Pflanzenwissenschaftler Jan Ritter (Bild oben) an, als er in Südafrika Projekte zur Biolandwirtschaft verfolgte. Bei einem Glas Wein diskutierte er mit Jacob Bussmann, der ebenfalls in Südafrika forschte, über mögliche Lösungen. Am Ende des Abends stand fest: Wir finden sie zusammen!

Ein halbes Jahr später stapften sie in Gummistiefeln über ein Maisfeld in der Nähe von Osnabrück. Für Jacob Bussmann vertrautes Gelände – er hatte auf den Bauernhöfen der Eltern und Verwandten bereits von Kindesbeinen an geholfen. Statt einen Hof zu übernehmen, studierte er Forst- und Umweltwissenschaften und Entrepreneurship. „Mein familiärer Hintergrund hilft bei den Gesprächen mit den Erzeugern, ich kann gut verstehen, unter welch großem Druck sie stehen. Sie müssen immer wieder Neuerungen einführen, um konkurrenzfähig zu bleiben“, weiß er.

Jan Ritter (links) und Jacob Bussmann

Jan Ritter (links) und Jacob Bussmann entwickeln innovative Ummantelungen für Saatgut. Ihre Vision ist eine nachhaltige globale Landwirtschaft.

Komplexe Beschichtungen schützen Saatgut

SeedForward, die Firma von Jan Ritter und Jacob Bussmann, taucht Saatgut in eine besondere Beize, bevor es in die Erde kommt. Diese Ummantelung jedes einzelnen Samens enthält viele Nährstoffe. Sie schützt die Pflanze auch vor Schädlingen, stärkt die Wurzeln und unterstützt die Keimung. „Jeder Hobbygärtner weiß um den Einfluss des Wetters, nur voraussagen kann er es nicht. Die Landwirte haben dasselbe Problem und brauchen daher Saatgut, das ihnen trotzdem effiziente Erträge garantiert. Gleichzeitig soll es den Boden nicht auslaugen und keine Insekten vernichten“, erläutert Jacob Bussmann. Gemeinsam mit Jan Ritter hat er eine ausgeklügelte Rezeptur entworfen, die nicht auf die Optimierung eines einzelnen Wirkstoffs setzt. Es sind die Synergien in ihrer Saatgutbeize, die die Wirkung der enthaltenen Substanzen erhöht. Versagt ein Bestandteil der Beize, weil er nicht zur Situation passt, springt ein anderer Bestandteil ein und sorgt für ein gesundes Wachstum. Mit der Komplexität der Zusammensetzung ist das Unternehmen Vorreiter, ein Patent ist bereits angemeldet.

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Produkt SeedForward

Vertriebspartner haben den mit der Nährstofflösung optimierten Mais in ihr Sortiment aufgenommen. In Kürze folgen weitere Getreide- und Gemüsesorten.

Umweltschutz als Innovationstreiber

Seit einigen Jahren werden in der Europäischen Union aus Umweltschutzgründen viele Wirkstoffe infrage gestellt oder verboten. Hersteller von Saatgut treibt das in die Enge, sie sind auf der Suche nach Alternativen. SeedForward kam das zugute: Zum richtigen Zeitpunkt konnten die Gründer ihre fast fertig entwickelte Saatgutbeschichtung anbieten, die auf Chemie verzichtet und etwa gleich viel kostet wie Konkurrenzprodukte.

Vorangegangen war die gemeinsame Forschung, die gleich nach der Begegnung in Afrika begann. Wegen der besseren Gründungsbedingungen zogen die Geschäftspartner zurück nach Deutschland. Ein EXIST-Gründerstipendium sicherte das erste Jahr des Start-ups, die Universität Osnabrück stellte Labore und Räume zur Verfügung. „Trotzdem haben wir viele Versuche auch zu Hause in der Küche gemacht, so wie andere große Gründer in der berühmten Garage“, erinnern sich beide an die spannende und arbeitsreiche Zeit. Während Jan Ritter die Entwicklung der Saatgutbeschichtung vorantrieb, baute Jacob Bussmann ein Netzwerk an Partnern und Finanzierern auf.

KfW Award Gründen

Der KfW Award Gründen (ehemals GründerChampions) zeichnete im Oktober 2019 die 16 Landessieger und einen Bundessieger für ihre Geschäftsideen aus.

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„Wir haben uns zunächst auf Mais konzentriert, weil er zum damaligen Zeitpunkt bald ausgesät werden musste. Maisguard, unser erstes Produkt, wird nun über einen führenden Saatguthändler vertrieben. Unsere Lösung für Getreide vertreiben wir derzeit direkt an die Landwirte. Im nächsten Jahr kommen dann Produkte für Gemüse auf den Markt“, erzählt Jacob Bussmann.

Zwei Jahre hat die erfolgreiche Entwicklung gedauert – ein sehr kurzer Zeitraum in der Branche. Doch nicht alles lief so glatt. Als sich ein vielversprechender strategischer Investor wieder zurückzog, war unklar, wie es weitergehen sollte. Das Interesse an SeedForward war jedoch groß, und eine neu gegründete Stiftung wählte das Unternehmen als ersten Fördergeldempfänger aus. Heute, drei Jahre nach der Gründung, arbeiten zehn Mitarbeiter am Standort in Osnabrück. Die Finanzierung ist mit öffentlichen und privaten Geldgebern, die nachhaltige Innovationen unterstützen, gesichert. Die Nachfrage steigt. Und auch der Gewinn des KfW Award Gründen 2019 trägt zu noch größerer Bekanntheit bei.

Trotz Extremwetters die Ernährung weltweit sichern

Den beiden Gründern geht es aber um mehr als eine gesunde Firmenentwicklung. „In den nächsten Jahrzehnten wird es immer größere Probleme mit extremen Wetterereignissen geben. Das gefährdet weltweit die Ernährungssicherheit“, prophezeit Jacob Bussmann. „Wir wollen nicht einfach Produkte machen, die kommerziell erfolgreich sind. Sie sollen einen Mehrwert haben für die Gesellschaft und die Umwelt. Wir möchten etwas bewegen und zeigen, dass man auch mit nachhaltigen Produkten wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Toll ist, wenn wir Nachahmer finden!“

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 28. November 2019.