Dr. Thomas Baumgärtner (l.) und Mario Zirn
Energieeffizienz

Energieeffizienz

Innovativ aufgerollt

Der schwäbische Etikettierexperte Herma investiert die höchste Summe der Unternehmensgeschichte in ein neues Beschichtungswerk – und setzt dabei 50 Einzelmaßnahmen eines Energiesparkonzepts um. Unter anderem werden autonome Elektrofahrzeuge eingesetzt.

Die Produktionshalle von Herma

Die Rollen in der Anlage haben nach der Beschichtung eine Temperatur von etwa 30 Grad. Die Abwärme wird genutzt, um das Lager zu heizen.

Ob Haftmaterialien, Selbstklebeprodukte oder hochmoderne Etikettiermaschinen – Herma gilt seit 113 Jahren als Pionier seiner Branche. Auf 50.000 Quadratmetern hat Herma jetzt ein neues Beschichtungswerk gebaut und setzt damit Maßstäbe in Sachen Energieeffizienz.

Im Jahr 1906 in Stuttgart von Heinrich Hermann mit zwei Mitarbeitern gegründet, hat Herma aktuell 1.051 Beschäftigte und ist der größte Arbeitgeber im baden-württembergischen Filderstadt. Aber eben auch ein großer Energieverbraucher. Das mittelständische Unternehmen hat mit seinen Beschichtungs-, Schneidmaschinen und anderen Anlagen einen erheblichen Energiebedarf. Allein im letzten Jahr verbrauchte der Betrieb etwa 16 Millionen Kilowattstunden Strom und knapp 30 Millionen Kilowattstunden Gas.

Papierrollen auf einem Förderband

Über ein Förderband werden die Papierrollen nach der Beschichtung ins Lager oder zum Versand gefahren.

Energieeffizienz durch Einsparkonzept

Als die Geschäftsleitung beschloss, ein weiteres Werk am Standort zu bauen, war die Zielvorgabe klar. „Als Fertigungsunternehmen hat Energieeffizienz für uns eine große Bedeutung, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Geschäftsführer Dr. Thomas Baumgärtner (Bild oben, links neben Mario Zirn, der ebenfalls der Geschäftsleitung angehört). Zwei Jahre lang wurden alle Fertigungsprozesse genau überprüft. Vorbild für die neue Halle ist das Hauptwerk von Herma, das bereits um eine der modernsten Beschichtungsanlagen der Welt erweitert wurde. Gemeinsam mit unabhängigen Experten der EGS Plan GmbH untersuchte das Unternehmen, wie viel Energie für welche Prozesse nötig ist und wo Abwärmeverluste entstehen. „Wir wollten ein Gesamtkonzept entwickeln, in dem alle Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt sind“, sagt Dr. Thomas Baumgärtner. Herausgekommen ist ein Energieeinsparkonzept mit 50 Einzelmaßnahmen.

Die neue Produktionshalle besteht aus fünf würfelartigen Gebäudeteilen. Jeder Bereich ist energieoptimal durchdacht. Maßnahmen wie Rückgewinnungskomponenten, zusätzliche Isolierungen, eine hochmoderne Prozesskühlung und -trocknung sowie effizientere Raumlufttechnik sparen Energie. Zudem werden für Schwerlast ausgelegte, autonome Elektrofahrzeuge eingesetzt, die die tonnenschweren Papier- und Folienrollen transportieren.

Die KfW fördert

Mit der Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft unterstützt die KfW Weiterdenker, die in Energieeinsparung investieren. Günstige Kredite mit bis zu 55 Prozent Tilgungszuschuss stammen aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).

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Papier- und Folienrollen geben Wärme ab

Besonders hoch ist der Energieverbrauch bei der Herstellung des Haftmaterials. Dabei werden Rohpapier- und Folienrollen in über 100 Meter langen Beschichtungsanlagen bei einer Geschwindigkeit von bis zu 1.100 Metern pro Minute mit Silikon und Klebstoff beschichtet und ein mehrlagiger Verbund, das sogenannte Haftmaterial, hergestellt. Sechs Tage, rund um die Uhr laufen die Papier- und Folienbahnen durch die Anlagen und haben nach dem Beschichten eine Temperatur von etwa 30 Grad. Um diese Rollen im nächsten Produktionsschritt mit höchster Qualität weiterverarbeiten zu können, muss der Klebstoff vollständig abkühlen. Und diese Pause wird in Zukunft effizient genutzt: „Die Rollen werden in ein speziell dafür angeordnetes Lager entlang des Materialflusses gebracht und decken dort den kompletten Heizbedarf“, sagt Baumgärtner.

Quelle
Das Cover des Fördern-Ratgebers Energieeffiziente Wirtschaft

Dieser Artikel ist erschienen in Fördern „Energieeffiziente Wirtschaft“.

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Rund 100 Millionen Euro kostet das Vorhaben

Rund 100 Millionen Euro kostet das Gesamtvorhaben – die größte Investition in der Unternehmensgeschichte. 20 Millionen davon finanzierte Herma mit einem Förderkredit zur Steigerung der Energieeffizienz. Aufgrund dieses sehr ambitionierten Ziels kann Herma einen Tilgungszuschuss von mehr als 2,6 Millionen Euro realisieren, der die zurückzuzahlende Kreditsumme mindert. „Nachdem wir die Förderung beantragt hatten, kam bereits nach acht Arbeitstagen die Bewilligung der KfW“, sagt Mario Zirn, verantwortlich für den Zentralbereich Finanzen bei Herma und Mitglied der Geschäftsleitung. „Wir werden mit dem Werk in der Lage sein, neuartige Haftmaterialien zu produzieren und insbesondere unser Angebot für den stark wachsenden Folienbereich auszubauen“, betont Geschäftsführer Thomas Baumgärtner. Das im Vorfeld erarbeitete Einsparkonzept geht von einem Einsparpotenzial von mehr als vier Millionen Kilowattstunden Strom und etwa neun Millionen Kilowattstunden Gas im Jahr aus.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Aktualisierter Artikel auf KfW Stories veröffentlicht am 29. November 2019