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Pressemitteilung vom 24.02.2023 / KfW, KfW Research

KfW-Konjunkturkompass Winter: Quasi-Stagnation im Jahr 2023

  • Nach technischer Rezession im Winterhalbjahr Rückkehr auf flachen Wachstumspfad im Sommer
  • KfW Research erwartet für 2023 Wachstumsrate des deutschen BIP von -0,3 %, für 2024 vom 1,0 %
  • Deutsche Inflationsrate 2023 bei 5,8 %; 2024 bei 2,1 %
  • ‚Ökologisches Preisschild‘: Treibhausgasausstoß sinkt 2023 und 2024, aber weniger als angestrebt

Inflationsschock, kriegsbedingte Unsicherheit, Zinsanstieg und schwache Weltwirtschaft würgen das Wirtschaftswachstum vorübergehend ab, Deutschland rutscht im Winterhalbjahr 2022/2023 voraussichtlich in eine moderate technische Rezession. Nach dem schwachen Jahresstart dürfte die Wirtschaft ab dem Sommer auf einen – zunächst wohl eher flachen – Wachstumspfad zurückfinden. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet KfW Research eine geringfügige Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 % (Vorprognose: -1,0 %). Im Jahr 2024 dürfte die Wirtschaftsleistung um 1,0 % zulegen (Erstprognose).

„Die deutsche Wirtschaft kann sich im anhaltenden Krisenumfeld besser behaupten als noch vor wenigen Monaten befürchtet, ein steiler Konjunkturabsturz bleibt wohl aus“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Gegenüber unserer Herbstprognose revidieren wir unsere Konjunkturprognose um spürbare 0,7 Prozentpunkte nach oben. Berücksichtigt man, dass 2023 zwei Arbeitstage weniger zur Verfügung stehen als 2022 und allein diese Fluktuation der Arbeitstagezahl 0,2 Prozentpunkte Wachstum kostet, entspricht unsere neue Prognose materiell einer Stagnation im laufenden Jahr.“

Die konjunkturellen Belastungen für Konsum, Investitionen und Außenhandel bleiben vorerst hoch, aber unter dem Strich lassen sie nach. Die Gefahr einer Erdgasmangellage für diesen Winter ist gebannt. Zudem dürfte die monatliche Inflationsrate ihren Höhepunkt im vergangenen Herbst überschritten haben, die Preisbremsen für Strom, Fernwärme und Erdgas greifen und auch die Marktpreise für Energie sind seitdem deutlich gesunken. Der Rückgang der Inflation wird zunächst jedoch nur graduell sein, denn die Preisschübe bei Gütern am Anfang der Wertschöpfungskette wie insbesondere Energie werden weiter auf die nachgelagerten Produktionsstufen übergreifen und wenigstens teilweise die kommenden Lohnabschlüsse prägen. Die angesichts der vielfachen Fachkräfteengpässe dann wohl stärker anziehenden Löhne und Dienstleistungspreise werden den Druck auf die Kerninflationsrate hochhalten. Mittelfristig dürfte die geldpolitische Straffung der Europäischen Zentralbank aber dämpfend auf die Kerninflation wirken. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet KfW Research, dass die deutsche Inflationsrate gemessen am EU-weit vergleichbaren Verbraucherpreisindex (HVPI) bei 5,8 % liegen wird, 2024 dann nur noch bei 2,1 %.

Trotz absehbar nachlassendem Inflationsdruck wird die Geldentwertung ein Belastungsfaktor bleiben und im laufenden Jahr zu rückläufigen privaten Konsumausgaben führen. Erst 2024 ist bei dann wohl wieder positiver Reallohnentwicklung mit einer Erholung zu rechnen. Die kriegsbedingte Unsicherheit, der inflationsbedingte Kaufkraftverlust, die höheren Zinsen und die erhebliche Verschärfung der Finanzierungsbedingungen werden die private Investitionstätigkeit belasten. Der besonders zinssensible private Wohnbau steht 2023 wohl vor dem größten realen Einbruch seit rund zwei Jahrzehnten und dürfte sich erst 2024 stabilisieren. Dagegen dürften die Unternehmensinvestitionen auch dank stützender Impulse aus Energiewendeprojekten grundsätzlich auf Wachstumskurs bleiben. Bei den Investitionen des Staates ist mit einem deutlichen Anstieg zu rechnen, auch weil die Mittel aus dem neuen Sondervermögen Bundeswehr den staatlichen Ausrüstungsinvestitionen Auftrieb geben werden. Bei dem nach Ende der aktuellen Heizperiode erneut und diesmal ohne russisches Pipelinegas anstehenden Auffüllen der Erdgasspeicher für den Winter 2023/2024 könnten einige neue Herausforderungen entstehen, was nach Einschätzung von KfW Research ebenfalls dazu beiträgt, dass die ab dem Sommer erwartete Erholung der Konjunktur zunächst eher schwach ausfallen wird.

Der klimapolitische Handlungsdruck in Deutschland bleibt hoch: Nach dem mit der Herbstprognose 2022 von KfW Research neu eingeführten Indikator, dem Ökologischen Preisschild für das BIP, impliziert die aktuelle Konjunkturprognose, dass der Ausstoß von Treibhausgasen im laufenden und dem kommenden Jahr voraussichtlich um 6 beziehungsweise 7 % höher sein wird, als es dem interpolierten Zielpfad einer Einsparung von 65 % bis 2030 gegenüber dem Niveau von 1990 entspricht. Der vorhergesagte jährliche Mehrausstoß entspricht den Gesamtemissionen der Slowakei im Jahr 2020 (37 Mio. t CO2-Äquivalente) beziehungsweise übertrifft diese sogar etwas.

Für die Eurozone insgesamt erwartet KfW Research einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung im Jahr 2023 um 0,5 % (Vorprognose: Stagnation). Im Jahr 2024 dürfte sie mit 1,2 % nur noch geringfügig kräftiger wachsen als Deutschland allein (Erstprognose). Die jahresdurchschnittliche Inflationsrate der Eurozone dürfte im Jahr 2023 bei 5,4 % und im Jahr 2024 bei 1,7 % liegen.

Der Russland-Ukraine-Krieg sorgt weiterhin für eine erhöhte Prognoseunsicherheit, abhängig unter anderem von der Dauer und der Intensität des Kriegs. Köhler-Geib erläutert hierzu: „Wir legen in unserer Winterprognose die Annahme eines sich lange hinziehenden, auf das Gebiet der Ukraine beschränkt bleibenden Abnutzungskriegs zugrunde – also im Kern eine Fortschreibung des Status quo. Allerdings sind auch andere Szenarien denkbar, die zu abrupten und deutlichen Prognoserevisionen führen können – und zwar in beide Richtungen.“

Über den Krieg hinaus sind auch einige genuin ökonomische Risiken von Belang. So könnte bei einer unerwartet persistenten Inflation die geldpolitische Straffung in der Eurozone und weltweit stärker ausfallen als erwartet. Dies wiederum könnte – vor dem Hintergrund der notwendigen fiskalischen Konsolidierung in vielen Ländern – über schärfer anziehende internationale Finanzierungsbedingungen verstärkt zu finanziellem Stress und einer Bewertungskorrektur bei Vermögensanlagen führen, darunter Immobilien. Relevant für die stark in internationale Wertschöpfungsketten eingebundene deutsche Wirtschaft sind zudem globale Risiken. Demgegenüber bietet die konstant hohe Sparquote der privaten Haushalte die Chance auf eine besser als erwartete Konjunkturentwicklung in Deutschland. Würde sie anders als in der Prognose angenommen deutlich sinken, könnte der Konsum 2023 sogar leicht wachsen.

Der aktuelle KfW-Konjunkturkompass ist abrufbar unter:
www.kfw.de/konjunkturkompass

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Christine Volk

Pressestelle KfW Bankengruppe

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