Mann auf der Müllkippe von Berat
Infrastruktur

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Weniger wilde Müllkippen

Mit Geldern der Bundesregierung und Zuschüssen der EU unterstützt die KfW eine geregelte Verwertung und Entsorgung des Abfalls in Albanien. Dort stellen die wilden Müllkippen ein großes Problem für das Land, die Anrainerstaaten und das Mittelmeer dar.

Auf dem Weg nach Europa

Wie Albanien gegen Plastikmüll kämpft (KfW Bankengruppe/Thomas Schuch/Christian Chua).

Ist das noch Europa? Geografisch schon immer, politisch immer mehr. Aber eben noch nicht ganz, wenn man die Hauptstadt Tirana verlässt und durch das Hinterland im albanischen Südosten entlang des Flusses Shkumbin fährt. Abfall, wohin man blickt. Auf den Straßen, in den Gräben, auf den Wiesen. Selbst in den Bäumen hängt der Plastikmüll. Das liegt daran, dass hier der Unrat aus den Haushalten oft in Flussnähe abgelegt wird in der Hoffnung, dass die nächste Flut die Sache schon erledigt.

Der 82-jährigen Emili Petre aus der Stadt Korça ist diese Art der Entsorgung zuwider. Wie selbstverständlich macht sie sich jeden Tag auf den Weg zum zentralen Müllcontainer, zu dem sie von ihrem Haus etwa 200 Schritte die Straße bergab gehen muss. „Ich sammele den Abfall und bringe ihn natürlich dorthin“, sagt die rüstige Dame. „Jeden Morgen zwischen 5.30 und 6 Uhr holt der Müllwagen doch alles ab.“ Und dann verweist sie darauf, dass sich in ihrer Gemeinde gerade etwas ganz Besonderes tut.

Albanina Korscha aus der Stadt Korca
Vorbildlich

Tag für Tag bringt die 82-jährige Emili Petre ihren Hausmüll zum zentralen Abfallcontainer.

Die KfW unterstützt hier mit Geld der deutschen Bundesregierung eine geregelte Entsorgung des Abfalls. Im November 2018 hat vor den Toren der Stadt die neue, von der KfW mit rund zehn Millionen Euro finanzierte Abfalldeponie den Betrieb aufgenommen. 200 Tonnen Müll werden hier täglich aus Korça und umliegenden Gemeinden gesammelt. Die vielen wilden Müllkippen, die sich in der Landschaft ausgebreitet haben, sollen geschlossen werden. „Wenn wir dem Müll ein klares Ziel geben, landet er nicht im Meer“, betont Christina Kern, die als KfW-Projektmanagerin die Anlage in Korça begleitet. Zusätzlich zu den zehn Millionen Euro wird weiteres Geld für Beratungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Die beteiligten Gemeinden bei der Ausarbeitung ihrer Abfallkonzepte zu unterstützen und diese in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und zu verankern, sind nur einige der damit ermöglichten Anliegen. Ziel ist nicht nur, dass die Müllentsorgung breit genutzt wird; darüber hinaus soll auch ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie notwendig und sinnvoll es ist, Abfall zu vermeiden, zu vermindern oder zu recyceln.

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Liegender Mann auf Müllkippe
Vermüllung

Im gesamten Land sind wilde Deponien entstanden.

Die Abfallentsorgung funktioniert derweil in Korça so gut, dass nicht nur Frau Petre stolz darauf ist. Inzwischen gelten die Stadt und deren Umgebung als Vorbild. „Korça kann sicherlich als Modell für andere Regionen betrachtet werden“, sagt Hantin Bonati, Albaniens stellvertretender Minister für Infrastruktur, und fügt optimistisch hinzu: „Das ist der Beginn einer nachhaltigen Lösung.“

Um zu ermessen, wie weit der Weg zu dieser Lösung noch ist, reicht ein erneuter Blick auf den Fluss Shkumbin. Er nämlich sorgte bislang für den Abtransport des Abfalls in Richtung Meer. An den Stellen, wo er über die Ufer tritt, lässt er große Teile seiner Fracht zurück. Mancherorts bilden mit Müll behangene Bäume bizarre Kunstwerke. Und oft ist die Flussmündung von Unrat übersät. Der größte Teil treibt allerdings auf die offene See. Darüber ärgern sich nicht nur viele Albanerinnen und Albaner selbst, sondern auch Nachbarstaaten wie Kroatien, Montenegro und Griechenland. Und auch Italien beschwert sich immer wieder über den Dreck an der Hacke seines Stiefels.

Plastikmüll in Berat
Grenzenlos

Flüsse schwemmen den albanischen Müll vom Landesinneren ins Mittelmeer. Darüber ärgern sich nicht nur viele Albanerinnen und Albaner selbst, sondern auch Nachbarstaaten wie Kroatien, Montenegro und Griechenland.

Anders als bisher hat sich die albanische Regierung nun dieses Problems angenommen, die Verhandlungen mit der EU über einen möglichen Beitritt vor Augen. „Unser Ziel ist ein sauberes Albanien“, proklamiert Vize-Infrastrukturminister Bonati. Und tatsächlich: Der Kampf gegen den Müll steht mittlerweile weit oben auf der politischen Agenda in Albanien. Das kürzlich ausgesprochene Verbot von Einwegplastiktüten und der große Aufwand, mit dem die jährliche „Clean up Albania“-Kampagne betrieben wird, weisen darauf hin. Immer häufiger erstrecken sich die Anstrengungen auch auf das albanische Hinterland. Bonati ergänzt: „Je mehr Albanien hier seinen Job erledigt und sein Abfallmanagement verbessert, desto mehr trägt es zum globalen Ziel des Meeresschutzes bei.“

Und der ist dringend nötig. Aktuell schwimmen in den Weltmeeren etwa 150 Millionen Tonnen Plastikmüll, mindestens acht Millionen Tonnen kommen jedes Jahr hinzu – das allermeiste davon über die Flusssysteme. Im Salzwasser der Ozeane zersetzt sich der Abfall langsam zu Mikroplastik. Als solches gelangt es in die Mägen der Meerestiere und schadet dadurch auch denen, die diese verzehren. Selbst wenn sich das Plastik nach Jahrzehnten bis Jahrhunderten aufgelöst hat, restlos abgebaut wird es nie. Das Problem muss also schon vorher angegangen werden.

Weg mit dem Plastikmüll!

Die KfW Bankengruppe hat Mitte Oktober 2018 gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank und der französischen Entwicklungsbank Agence Française de Développement die Clean Oceans Initiative gestartet. Die Partner stellen zunächst zwei Milliarden Euro bereit, um die Verschmutzung der Weltmeere zu reduzieren.

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Teil der Lösungen sind internationale Kooperationen wie die Clean Oceans Initiative. Diese wird in den nächsten fünf Jahren zwei Milliarden Euro für die Reduktion des maritimen Plastikmülls zur Verfügung stellen.Die KfW hat diese Initiative im Auftrag der Bundesregierung gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank und der französischen Entwicklungsbank AFD ins Leben gerufen hat.

Auch Albanien ist ein Bestandteil dieser langfristigen Kraftanstrengung. Die Bundesregierung unterstützt das Land dabei über die KfW mit nahezu 100 Millionen Euro. Neben Korça ist die Küstenstadt Vlora – unter Beteiligung der EU – eine weitere Projektregion. „Hier und künftig auch andernorts soll der Abfall nicht nur deponiert, sondern mithilfe einer getrennten Müllsammlung und weiterer Sortierung des Restmülls deutlich reduziert werden“, verweist KfW-Projektmanager Jochen Reik auf die nächsten Schritte. Grundlage für sie ist der kürzlich entwickelte nationale Investitionsplan, der eine flächendeckende Modernisierung der albanischen Abfallwirtschaft vorsieht.

Dass große globale Ziele auch Auswirkungen auf kleine lokale Prozesse haben, zeigt sich an Emili Petre, der alten Dame aus Korça. Deren Abfall landet nun nicht mehr im Meer, sondern auf der neuen, nach europäischen Standards betriebenen Deponie. Und umgekehrt lässt sich an der zu einem Müllcontainer gehenden Frau spüren, dass ein funktionierendes Abfallmanagement in einer kleinen albanischen Stadt dazu beitragen kann, globale Probleme anzupacken.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 5. Februar 2019

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.