va-Q-tec-Gründer Joachim Kuhn sitzt in einem offenen va-Q-tainer
Gründen

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Hightech-Schmiede va-Q-tec

Die Hightech-Schmiede va-Q-tec stellt besonders effektives Dämmmaterial her. Ihre Gründer, zwei Physiker, entwickeln auf diese Weise neue Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende. Die KfW ist von Beginn an dabei. Mit Erfolg: Aus dem Start-up ist ein börsennotiertes Unternehmen geworden.

Am 30.09.2016 läutet va-Q-tec-Gründer Joachim Kuhn mit der Frankfurter Börsenglocke den Handel ein
Meilenstein

Am 30. September 2016 darf Joachim Kuhn, Gründer von va-Q-tec, den Handel an der Frankfurter Börse einläuten: Startschuss für die va-Q-tec-Aktie.

Das Foto hat bei Joachim Kuhn einen Ehrenplatz sicher. Es zeigt den Gründer und Vorstandsvorsitzenden der Firma va-Q-tec mit einer Glocke in der Hand, wie er auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse den Handel einläutet. Es ist der letzte Freitag im September 2016 und für den unprätentiösen Manager einer der größten Tage seines Lebens. Die Aktie der va-Q-tec, die seither im Prime Standard des Regulierten Marktes gelistet ist, reüssiert mit einem ordentlichen Kurssprung. Sie notiert im Xetra-Handel bei 14 Euro, 1,70 Euro über dem Emissionspreis. Erfolg an der Börse ist wichtig für Kuhn. Er sieht darin die Chance, die Erfolgsgeschichte des Unternehmens fortzuschreiben. Der Manager will mit dem erlösten Kapital „das internationale Geschäft ausbauen“.

In der KfW Mittelstandsbank hat der Bilderbuchstart der va-Q-tec-Aktie niemanden überrascht. „Hier stimmt die Story“, sagt Abteilungsdirektor Robert Schlösser mit Blick auf das Geschäftsfeld des schnell wachsenden Unternehmens: innovative Isoliertechnik.

Der Würzburger Mittelständler dämmt alles, was mit einer schützenden Hülle energieeffizient wird. Häuser, auch einmal eine denkmalgeschützte Kirche im fernen Schottland. Er isoliert Kühlschränke und Rohre, ummantelt Autobatterien, Kraftstofftanks – und Container. Diese Behälter gibt es in vier Größen, die Innentemperatur ist nahezu frei wählbar und für fünf Tage garantiert. So kann zum Beispiel die pharmazeutische Industrie Medikamente gekühlt in heiße Regionen liefern.

Ein Stapel va-Q-tec-Dämmpaneele
Raumwunder

Die Paneele von va-Q-tec dämmen effektiver und können deshalb wesentlich flacher als herkömmliche Dämmplatten sein.

Die Hightech-Platten sind freilich nicht billig. „Zugegeben, bei unserem Material sind die Quadratmeterkosten höher als etwa bei Styropor“, räumt der CEO ein. „Aber wenn Sie mit dem Einsatz dünner Paneele Platz sparen oder um zusätzliche Bauarbeiten herumkommen, dann zahlt sich das unterm Strich aus.“ Als Beispiel führt er ein Wohn- und Geschäftshaus in München an, das aus Platzgründen nicht mit konventionellem Material isoliert werden durfte: „Mit unserer Dämmung konnten wir mehr Innenraum bewahren, den der Bauherr entsprechend rentabler vermieten oder verkaufen konnte.“

Überzeugend hat Kuhn schon vor 16 Jahren gewirkt. Als junge Gründer beeindruckten er und Entwicklungsvorstand Roland Caps damals mit ihrer Geschäftsidee die KfW. Gemeinsam mit einem privaten Leadinvestor beteiligte sich die Förderbank mit Kapital aus dem ERP-Startfonds an der noch jungen Aktiengesellschaft. „Bei uns hat die Finanzierung immer gut geklappt, auch dank der KfW, die zu unseren Gründungsinvestoren zählt und auf der Suche nach weiteren Geldgebern eine wichtige Referenzadresse war“, sagt Kuhn.

Herzstück eines va-Q-tec-Produkts ist das Vakuumisolationspaneel (VIP). Es funktioniert wie eine Thermoskanne, nur eben in Form einer Platte. Im Hohlraum des Paneels steckt ein verpresstes, mikroporöses Pulver. Details gibt das Unternehmen nicht preis. Der Wettbewerbsvorteil der Bastler aus Unterfranken: Ihre VIP sind raumsparender als konventionelles Dämmmaterial.

Wo andere 20 Zentimeter dickes Styropor verwenden, kommt va-Q-tec mit einem nur zwei Zentimeter starken Paneel aus. „Das eröffnet uns Marktchancen dort, wo eine sehr gute Wärmedämmung gefragt, aber wenig Platz vorhanden ist“, erklärt Kuhn. In Flugzeugen etwa oder in Schiffen, kleinen Wohnungen oder engen Stadtquartieren.

Von Hause aus ist der bodenständige Manager wie sein Kollege Caps promovierter Physiker. Beide studierten in Würzburg, beide bauten ebenda das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung mit auf – und beiden war eine Karriere an dem anerkannten Forschungsinstitut nicht genug. Das nötige Rüstzeug für die Selbständigkeit war vorhanden. „Schon während meines Physikstudiums habe ich im Nebenfach BWL und nicht etwa Astronomie belegt“, erzählt Kuhn.

Lehrgeld musste er trotzdem zahlen. So ging die ursprüngliche Geschäftsidee, die va-Q-tainer zu verkaufen, nicht auf. Erst eine Leasingvariante verhalf zum Durchbruch. Weltweit existieren nun bereits 23 Anlaufstellen für Kunden, 19 weitere Stationen sind geplant. Zuletzt eröffnete va-Q-tec gemeinsam mit dem Speditionsunternehmen Yusen Logistics die erste Basis in Indien. Die Erwartungen an das Geschäft in dem wachstumsstarken Land sind hoch.

Gewappnet für Neues

Wenn CEO Kuhn an Asien denkt, schlägt sein Unternehmerherz ohnehin schneller. Nach den ersten beiden Auslandsniederlassungen in Großbritannien und den USA hat va-Q-tec in Südkorea eine dritte eröffnet. „In Asien spielt Platz eine wichtigere Rolle als bei uns“, erläutert der Manager, der für Veränderungen am Markt gewappnet sein will.

Daher fährt va-Q-tec mehrgleisig, expandiert im Ausland, erweitert aber auch die Produktpalette. Aktuell beschäftigt das Unternehmen rund 300 Frauen und Männer. Tendenz steigend: Dank der Expansionspläne des Managements wird die Belegschaft „sicher weiter wachsen“, ist Kuhn überzeugt.

Nahaufnahme eines va-Q-tec-Paneels im Produktionsprozess
Von Würzburg bis Montevideo

Produziert wird in Würzburg und Kölleda bei Erfurt. Internationale Vertriebsniederlassungen gibt es in Großbritannien, den USA, Südkorea und Uruguay.

Vorletztes Jahr startete das Geschäft mit VIP-isolierten Warmwasserspeichern. Der Verlust an Wärme gegenüber konventionell ummantelten Speichern liege in der Regel um 40 bis 50 Prozent niedriger, schwärmt Kuhn. Bei einem typischen 500-Liter-Speicher könnten jährlich 550 Kilowattstunden Energie eingespart werden, sagt er. Dann sinniert der Unternehmer über den ökologischen Nutzen der isolierten Warmwasserspeicher und beginnt laut zu rechnen. Sein Ergebnis: Pro 100.000 installierten VIP-Speichern könnten jedes Jahr rund 35.000 Tonnen CO₂-Emissionen vermieden werden.

Für den Vorzeigeunternehmer drückt sich Erfolg nicht nur in der Umsatzrendite aus, sondern auch in messbaren Effekten für die Umwelt. Diese Einstellung erfährt auch öffentlich Anerkennung. Die Würzburger wurden für ihre grüne Technologie bereits mehrfach ausgezeichnet, zuletzt als nationaler Champion beim European Business Award.

Solche Auszeichnungen sind nicht nur etwas für die Firmenvitrine, sie erweisen sich auch als nützlich, wenn die Chancen eines Börsengangs sondiert werden. Sie helfen dabei, Vertrauen am Kapitalmarkt zu gewinnen – und die Hoffnungen, die Investoren mit dem va-Q-tec-Papier verknüpfen, sind offenbar groß: Im Emissionsverfahren war die Aktie deutlich überzeichnet, die Nachfrage nach dem Wertpapier also wesentlich größer als das Angebot.

Von „heißen Monaten“ spricht Kuhn im Rückblick. Erzählt von langen Arbeitstagen und kurzen Nächten in den Wochen vor dem Börsengang. Von der Anspannung vor dem großen Tag. Natürlich weiß er um die vielen enttäuschten Erwartungen anderer Unternehmer und die Unberechenbarkeit der Märkte. Und Kuhn ahnt, dass er über kurz oder lang mit Kursschwankungen wird leben müssen, die sich nicht allein mit dem tatsächlichen Geschäftsverlauf von va-Q-tec erklären lassen, sondern auch von vielfältigen volkswirtschaftlichen Konstellationen bedingt sein werden und – nicht zu knapp – von Psychologie.

Zwei- bis dreimal schaut Kuhn inzwischen täglich auf die Aktienkurse. Aktuell meinen es die Investoren gut mit ihm und der va-Q-tec. Der Kurs des Wertpapiers verzeichnet einen Aufwärtstrend. Die Schweizerische Post hat eine komplette Flotte von wiederverwendbaren Transportbehältern für die Distribution pharmazeutischer Produkte bei den Würzburgern geordert. Das sind Nachrichten, wie Börsianer sie lieben.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 28. Februar 2017.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.