Frosch sitzt auf einem Blatt in einem Naturpark in Bolivien
Naturschutz

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Umweltschutz verliert gegen Wirtschaftsinteressen

Boliviens Biodiversitäts-Hotspots sind von globaler Bedeutung. Ein FZ-Projekt unterstützte Boliviens Naturparks mit dem Ziel, Naturschutz mit Armutslinderung der ansässigen Bevölkerung zu vereinbaren. Wirtschaftliche Interessen und nachlassende politische Unterstützung für den Naturschutz gefährden jedoch die Wirkung.

Weltweit größte Artenvielfalt

Biodiversität in Bolivien

(Quelle: KfW Bankengruppe / Christian Chua / Thomas Schuch)

Der Madidi-Nationalpark erstreckt sich von den schneebedeckten Anden bis zum tropischen Amazonas-Flussgebiet. Er ist Heimat der weltweit größten Artenvielfalt mit den vom Aussterben bedrohten Pumas und Jaguaren. Der Tipnis-Park zwischen Andenhochland und tropischem Tiefland mit einzigartigen, feucht-heißen Landschaften wird von indigenen Gruppen bewohnt und verwaltet. Diese fanden sich, als Bolivien seine Schutzgebiete einrichtete, von einem Tag auf den anderen als „Parkbewohner“ wieder: Die Nutzung ihres Lebensraums wurde beschränkt auf Ressourcen erhaltende Praktiken. Um die Menschen mit dieser Herausforderung nicht allein zu lassen, beabsichtigte die Regierung Boliviens mit Unterstützung internationaler Geber Naturschutz einerseits und Verbesserung der Lebensbedingungen der ansässigen Menschen andererseits.

Diesem entwicklungspolitischen Spannungsfeld stellte sich auch das FZ-Projekt, das in Kooperation mit der TZ neun Schutzgebiete förderte. Gebäude und Ausrüstung für die Parkverwaltungen und Parkwächter sollten Management und Überwachung erleichtern. Behörden erhielten Hilfe bei der Demarkierung von Parkgrenzen, auch um Landkonflikte zu vermeiden. Aber auch die meist armen Parkbewohner und -anrainer wurden unterstützt: Neue Konzepte der Bewirtschaftung wurden eingeführt. Umweltverträglicher Tourismus und Kaffeeproduktion sollten neue Einnahmequellen erschließen, dort, wo es auf einmal klare Regeln für den Schutz der Wälder und Tiere einzuhalten galt.

Gefahren für das Ökosystem

Im Regierungsauftrag

Seit dem Jahr 1960 unterstützt die KfW im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit (FZ) die Bundesregierung dabei, ihre entwicklungspolitischen Ziele umzusetzen. Wir verbinden Finanzierungs-Know-how mit entwicklungspolitischer Expertise. Im Auftrag der Bundesregierung, vor allem des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), fördern und begleiten wir Programme und Projekte mit überwiegend staatlichen Akteuren in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Die Evaluierung stellte fest: Es konnten Fortschritte erzielt werden. Die Schutzgebiete sind demarkiert. Die Parkverwaltung und -überwachung funktionieren, nicht zuletzt dank der FZ-finanzierten Motorräder, Boote und Funkgeräte. Nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten, wie eine Ecolodge für Touristen und die Vermarktung lokalen Kaffees, konnten die Einkommen einiger der gemeinschaftlich wirtschaftenden Dorfbewohner steigern.

Auf den Beginn des Projekts folgten 2006 jedoch politische Umwälzungen, die in den letzten Jahren zunehmend der wirtschaftlichen Entwicklung Vorrang vor dem Naturschutz einräumten. So wurde 2015 die Förderung von Öl- und Gasvorkommen in Schutzgebieten bewilligt. Im Madidi-Nationalpark soll das El-Bala-Wasserkraftwerk errichtet werden – ökologisch, sozial, aber auch wirtschaftlich hoch umstritten.

Erfolgsmessung

Ob ein Vorhaben erfolgreich ist oder nicht, misst sich vor allem an den Fragen: Was hat das Vorhaben für die Menschen im Partnerland bewirkt? Hat sich deren Situation nachhaltig verbessert? Drei bis fünf Jahre nach Fertigstellung einer Maßnahme unterzieht die Evaluierungsabteilung der KfW Entwicklungsbank rund die Hälfte aller abgeschlossenen Vorhaben einer unabhängigen Evaluierung, auch um für zukünftige Projekte und Programme zu lernen.

Weitere Informationen über die KfW Evaluierungsarbeit

2018 bezichtigte Präsident Morales bei einer Ansprache zu Unterstützern des wirtschaftsfreundlichen Kurses in Trinidad westliche Industrienationen des „ökologischen Neokolonialismus“, der lediglich am Schutz der Natur interessiert sei. Zudem soll der Tipnis-Park von einem 300 Kilometer langen Highway durchschnitten werden.

Die fehlende politische Unterstützung für den Ressourcenschutz zeigt bereits Auswirkungen. Der Evaluierungsmission wurde berichtet, dass das Pumavorkommen im Madidi-Park zurückgegangen sei, ein Indiz für ein sich verschlechterndes Ökosystem. Auch die Entwaldung hat in vielen Schutzgebieten zuletzt zugenommen, wie die Evaluierung anhand von Satellitendaten errechnen konnte. Und es wird gewildert: Der Jagd nach Jaguarzähnen haben die Parkwächter wenig entgegenzusetzen, auch wenn der Direktor des Madidi-Parks gegen einen Wilderer gerichtlich vorgeht und durch Medienberichterstattung internationale Aufmerksamkeit erzeugt.

Parkwächter in Bolivien
Anspruchsvolle Aufgabe für Parkwächter

Umwelt schützen und nachhaltige Produktion ermöglichen.

Der Ansatz des Projekts, im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Armutsbekämpfung eine ausgewogene Balance zu finden, ist auf flankierende politische Unterstützung angewiesen. Wenn diese fehlt, können sich Wirkungen nicht dauerhaft entfalten. Die Evaluierung musste deshalb nicht zufriedenstellende entwicklungspolitische Wirkungen attestieren.

Ergebnis: „nicht zufriedenstellend“ – Note 4

Auf KfW Stories veröffentlicht am 6. Juni 2019, aktualisiert am 11. Mai 2023.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.