Außenansicht des restaurierten Hauses in Dorfen
Bauen

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Restauriert in Rekordzeit

In nur vier Monaten hat Familie Ickler das einstige Wohnhaus von Josef Martin Bauer, Autor des Nachkriegsklassikers „So weit die Füße tragen“, restauriert. Und damit dem Denkmalschutz zweifach einen Dienst erwiesen. Denn der Bau ist auch ein Frühwerk des Architekten Sep Ruf. Platz 5 beim KfW Award Bauen 2017.

Steht man hier vor einem traditionellen oder modernen Haus? Bayerisch-bodenständig wirken auf den ersten Blick das Satteldach, die rustikalen Fensterläden und Türen, die rustikalen Mauersteine, Stufen und Bodenplatten. Klassisch-modern muten die zu breiten Bändern kombinierten Fensterreihen an, die bauhaustypischen Bullaugen und ein Gartenhof wie an modernen Eckbungalows.

Auf die Frage „Ist das eigentlich ein traditionelles oder ein modernes Haus?“ hat die Eigentümerin Karin Ickler eine klare Antwort: „Beides natürlich.“ Das Haus ihrer sechsköpfigen Familie in Dorfen östlich von München vereint architektonische Raffinessen des 20. Jahrhunderts mit der Heimeligkeit eines Landsitzes. Mit ihrer feinfühligen, liebevollen Modernisierung führen die Icklers die aufregende Geschichte des Hauses fort.

Sein Architekt war 1936 der junge Sep Ruf, der später zu einem der angesehensten Baumeister der Bundesrepublik wurde – mit prominenten Bauten bis hin zum Bonner Bundeskanzler-Bungalow. Auch sein Bauherr in Dorfen war auf dem Weg zur Prominenz: der Schriftsteller Josef Martin Bauer, später Autor des Bestsellers „So weit die Füße tragen“.

Nach Bauers Tod 1970 ging es mit dem Haus bergab, am Ende stand es zwölf Jahre lang leer. Dann fanden es die Icklers auf ihrer Suche nach einem bezahlbaren Heim für ihre wachsende Familie. „Obwohl es so verfallen war, waren wir sofort vom Haus fasziniert“, sagt Karin Ickler.

In nur vier Monaten wurde aus der Halbruine ein neu belebtes Denkmal. Sein Mittelpunkt ist der gut 50 Quadratmeter große Wohn- und Essraum mit acht Meter langer hölzerner Bank, auf der die kleinen Icklers munter Spielzeug und Bilderbücher verstreuen.

Preisverleihung 2017

Eindrücke von dem Gala-Abend in Berlin, auf dem die KfW Awards Bauen 2017 vor prominenten Gästen verliehen wurden (KfW Bankengruppe/n-tv).

Auf der einen Seite schließt sich Bauers Schreibzimmer an, für das Karin Ickler mit der Verwandlung in ein Architekturbüro liebäugelt. Auf der anderen geht es durch den Flur zum kleineren Nebenbau mit zugleich hellen und hölzern-gemütlichen Kinder- und Schlafzimmern. Selbst das Ehebett ist noch original Sep Ruf und Josef Martin Bauer.

Schaut man von hier zum Hauptteil des Hauses, fallen dort die vier Doppeltüren und darüber vier Bullaugen auf. Drei davon belichten den Dachbodenflur fast auf Fußbodenhöhe – aber wo ist das vierte? Karin Ickler öffnet in der hinteren Dachstube einen Wandschrank in der Schräge. Hinterm Regalbrett schimmert es hell – der Schrank zeigt den verspielten Luxus eines eigenen Rundfensters. „Es ist halt alles ein bisschen eigen hier.“

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Die Familie und ihr Architekt haben das Haus auf feinfühlige, dezente Weise mithilfe örtlicher Handwerker für das 21. Jahrhundert fit gemacht. Leitungen wurden erneuert, eigene, ererbte Möbel fügen sich harmonisch ins alte Haus. Vor die Fassade haben sie zur Wärmedämmung sechs Zentimeter dünne Mineralschaumplatten gesetzt, diese grobkörnig verputzt und auch die Rahmen der erneuerten Holzkastenfenster nach außen gerückt. Die fast unsichtbare Dämmung war sogar den strengen Denkmalpflegern recht.

Quelle
Cover des Print-Magazins BAUEN & WOHNEN 2017

Das Preisträger-Porträt ist erschienen in bauen + wohnen 2017.

Zur Ausgabe

Das Projekt in Stichworten

Projekt: Restaurierung eines ländlichen, architektonisch wertvollen Einfamilienhauses
Lage: Josef-Martin-Bauer-Str. 17, Dorfen, Oberbayern
Baujahr: 1936, Sanierung 2014
Bauherren: Karin und Urs Ickler
Architekt: Jan Kurz, 4architekten München

Fläche: 1.200 Quadratmeter Grundstück, 202 Quadratmeter Wohnfläche
Baukosten/Quadratmeter: 1.797 Euro

Qualitäten für die Bewohner: Stilvolles und geräumiges Familienwohnen mit historischem Bezug
Qualitäten für die Gesellschaft: Restaurierung eines architektur- und literaturgeschichtlichen Denkmals

Energiesparen: Neue Fenster und Heizung, Fernwärme, z. T. Außendämmung
Barrierearmut: Wohnflächen überwiegend im Erdgeschoss ohne interne Stufen und hohe Schwellen

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Mitwoch, 31. Mai 2017

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.