Wolfgang Niedecken
Wirkungsweise

Wirkungsweise

„Für eine Koalition der Anständigen!“

Unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Der Musiker und Maler Wolfgang Niedecken sagt, warum es wichtig ist, in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten.

Wolfgang Niedecken
Wolfgang Niedecken

Musiker und Maler

Eines der größten Probleme unserer Zeit ist die Ausgrenzung. Wer in einer globalisierten Welt sich und seine Gruppe zu einem exklusiven Zirkel erhebt und andere ausschließt, kreiert Konflikte. Das passiert ganz automatisch, denn das Gefühl, nicht zu einer Gruppe zu gehören, gehört zu den archaischsten Ängsten des Menschen. Dieses Ausgeschlossensein erleben wir jeden Tag im Kleinen wie im Großen – in Familien und Schulklassen, in Deutschland, Europa und auf dem ganzen Planeten.

Auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit, mehr Austausch und mehr Teilhabe müssen wir an zwei Punkten ansetzen: bei denjenigen, die im Innern der Wohlstandsblasen sitzen, und bei denjenigen, die draußen sind. Die im Innern gilt es wachzurütteln, aufzuklären, zu informieren, um nicht denen den Platz zu überlassen, die Ängste schüren vor „denen da draußen“. Da bin auch ich in der Verantwortung. Als Künstler müssen wir dafür sorgen, dass die Empathie der Menschen nicht komplett versiegt.

Wenn jeder nur an sich denkt, ist das das Ende unserer Zivilisation. Es geht um Würde, Anstand und Respekt. Und denen im Außen gilt es die Hand zu reichen – auf menschlicher, politischer wie auf wirtschaftlicher Ebene. Auch hier fühle ich mich in der Verantwortung. Wer in Wohlstand und Freiheit leben darf und dazu noch eine Stimme hat, die gehört wird, hat automatisch die Verpflichtung, dort zu helfen, wo Ausgrenzung, Ungerechtigkeit, Benachteiligung, Armut und Konflikte herrschen. Das möchte ich an dieser Stelle allen Besitzstandswahrern zurufen.

„Als Künstler müssen wir dafür sorgen, dass die Empathie nicht komplett versiegt.“

Wolfgang Niedecken

In meiner Heimatstadt Köln wird zwar der Spruch „Et hätt noch immer joot jejange“ kultiviert, aber der scheint heute an seine Grenzen zu stoßen. Weil die gesellschaftlichen Probleme inzwischen so gewaltig und vielfältig sind, die Konflikte mehr werden und nicht weniger, die Arm-Reich-Schere immer weiter auseinandergeht anstatt zusammen, kommen wir nur noch in der Gruppe weiter. Wir brauchen eine Koalition der Anständigen – und zwar parteiübergreifend. Dabei sollten wir, ohne die alten Menschen auszuklammern, unser Hauptaugenmerk auf die jungen Generationen richten. Nicht nur, weil wir unseren Planeten einmal in deren Hände übergeben werden, sondern auch, weil wir dort noch am ehesten den Gedanken der Zusammengehörigkeit pflanzen können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Montag, 17. September 2018