Dank langer Take-away-Tradition konnten die Filialen der Frankfurter Imbisskette „Best Worscht in Town“ in Coronazeiten geöffnet bleiben. Ein KfW-Kredit trägt dazu bei, dass das Unternehmen die Herausforderungen der Krise auch dann noch bewältigen kann, sollte sich die Situation weiter zuspitzen.
Bei 1,2 Millionen Scoville hört für Lars Obendorfer der Spaß auf. Deutlich Schärferes hält er für „Körperverletzung“. Scoville oder auch SCU ist manchem Currywurstesser ein Begriff, als Maßeinheit der Chili-Substanz Capsaicin. Sie bringt die Schärfe in den Ketchup. Die SCU-Skala an der Wurstbude „habe ich eingeführt“, sagt der 50 Jahre alte Obendorfer, „das gab es vorher nicht“.
Obendorfer hatte 1994 den längst legendären Imbiss im Frankfurter Grüneburgweg übernommen, den seine Großmutter 1970 unter dem Namen „Snackpoint“ eröffnet hatte. Drei Jahre später begann er, mit Schärfe zu experimentieren. Die Gewürze mixte er anfangs in einem innen emaillierten Betonmischer selbst zusammen. Mit der SCU-Idee wurde Lars Obendorfer zum richtigen Unternehmer. Die scharfe Soße war „unser Unique Selling Point“, sagt er. Best Worscht in Town betitelte ein Frankfurter Gastroführer das Angebot im „Snackpoint“. Obendorfer ließ sich die Auszeichnung schützen. 2005 gründete er seine erste Filiale in einem Frankfurter Einkaufszentrum.
Heute ist der stadtbekannte Mann mit den hellblonden Haaren und der weißen Brille Kopf der Bratwurstkette „Best Worscht in Town“. Fünf Filialen in Frankfurt am Main besitzt er selbst. Weitere 21 Franchise-Imbisse in Deutschland, vornehmlich in Hessen, laufen unter dem Kringellogo, das man, je nachdem, wie man den Kopf hält, als B oder W lesen kann, B wie Best und W wie Worscht; dazu kommen zwei Läden in Dubai und einer im saudi-arabischen Jeddah.
Bratwurst, Rindswurst, Soßen in sieben verschiedenen Schärfegraden und neun verschiedenen Stilen, Fritten, Bauernbrot – fertig ist die Speisekarte von Obendorfers Fast Food. So was läuft eigentlich immer im Land der Currywurst, die – Obendorfer verweist auf Umfragen in Kantinen – in der Beliebtheit vor Döner und Burger rangiert.
Und dann kam Corona.
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Am Tresen der Wurstbude am Frankfurter Grüneburgweg hat 1970 alles angefangen. Damals hieß der Imbiss noch „Snackpoint“.
Finanzielle Hilfe in Krisenzeiten
„Mir ist erst mal das Herz in die Hose gerutscht“, sagt Obendorfer. Er hat sofort alle Läden geschlossen, damals, im März 2020. Aber nach drei Tagen alle bis auf die, die in Einkaufszentren liegen, wieder aufgemacht. Die Plastikwände für den Schutz gegen das Virus haben sie kurz entschlossen selbst gebaut. In den Lockdown-Phasen gab und gibt es wie überall das Essen nur zum Mitnehmen. Aber es hilft natürlich im Vergleich zu anderen Gastronomiebetrieben, dass Take-away zum Imbiss gehört wie der Curryketchup zur Wurst.
Auf 30 bis 40 Prozent taxiert Obendorfer bisher den coronabedingten Umsatzverlust. Aber er jammert nicht, „damit kann man leben“. Best Worscht in Town hat seine Kosten reduziert, aber niemanden der 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Franchisenehmer hätten sich mal weniger ausgezahlt, mal „gar nichts“, erzählt er. Das sei alles „verschmerzbar, es gibt Leute, die hat es viel, viel schlimmer erwischt“.
Wie sich die Pandemie entwickelt, kann Obendorfer natürlich nicht wissen, ob etwa ein Franchisenehmer seine Waren nicht mehr bezahlen kann oder gar schließen muss. Um für solche Eventualitäten gewappnet zu sein, hat der Gastronom zugegriffen, als ihm seine Hausbank, die Commerzbank, einen Unternehmerkredit der KfW anbot. Commerzbank und KfW „haben mir die Angst genommen“, sagt er und bezeichnet das „schnell und unbürokratisch“ bewilligte Darlehen in Höhe von 150.000 Euro als „Sicherheit“, als „Puffer“.
Genau hier setzen die KfW-Corona-Hilfen an. „Der günstige Zinssatz und das tilgungsfreie Anlaufjahr geben auch in einer Branche, in der es nicht einfach ist, noch ein zusätzliches Darlehen zurückzuzahlen, eine Perspektive“, sagt Markus Merzbach, Abteilungsdirektor bei der KfW.
Frankfurt, Kassel, Los Angeles
Während der Pandemie würden nur die Zinsen gezahlt, die Tilgung setze erst ein, wenn sich der Umsatz erholt habe. „Dass dieses Konzept aufgeht, spürt die KfW an den vielen Anträgen aus dem Gastrobereich“, sagt Merzbach.
Die Commerzbank ist nach den Worten von Michael Burk, Senior-Unternehmerkundenberater der Bank in Frankfurt, aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit mit Obendorfer von dessen Geschäftsmodell überzeugt. In Zeiten der Krise zahle sich eine enge Kundenbeziehung wie die zu Best Worscht in Town aus. „Durch die schnelle Finanzierung konnte das Unternehmen seine Liquidität sichern und außerdem Geld investieren, um neue Geschäftsfelder zu erschließen“, sagt Burk und fügt hinzu: „Das macht Unternehmertum aus: Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern auch in der Krise weitermachen und sich an die neue Situation anpassen.“
Für den leutseligen, umtriebigen Obendorfer gilt, „das Glas ist immer halb voll“, in der Krise sieht er auch Chancen. Zum Beispiel könne man Läden pachten, „an die man sonst nicht drangekommen wäre“. In einer Zeit, in der die Gastronomie zu den sehr hart getroffenen Branchen zählt, setzt Best Worscht in Town seine Expansion fort. In Offenbach und Gießen haben während der Pandemie zwei Filialen eröffnet, zwei weitere, in Kassel und in Baunatal, werden eingerichtet. Und auch in Los Angeles hätte die Currywurstgemeinde seit diesem Sommer eine Best-Worscht-Anlaufstelle, wenn nicht wegen des Lockdowns der Plan hätte auf Eis gelegt werden müssen.
Selbst ein lang gehegtes Vorhaben hat Obendorfer in den vergangenen Monaten realisieren können: Best-Worscht-Produkte bekommt man jetzt auch im Lebensmitteleinzelhandel, bei Rewe. Die Versuche in den ersten Filialen liefen so Erfolg versprechend, dass die Würste und Soßen jetzt schon in 300 und ab April 2021 in allen 564 hessischen Filialen der Supermarktkette angeboten werden.
Im kommenden Frühjahr werde sich, so hofft Obendorfer, die Corona-Lage wieder entspannt haben. Best Worscht in Town soll „langsam und gesund“ wachsen. „Wenn es im Ausland funktioniert, freue ich mich“, sagt er, „aber wichtig ist der deutsche Markt.“ Ein, zwei Filialen in jeder deutschen Großstadt, das schwebt ihm vor.
Die Soße bleibt das Markenzeichen. Aber letztlich geht es um die Wurst. Best Worscht in Town führt auch eine Variante ohne Schärfe. Wer eine Wurst ohne alles will, bestellt eine „naggische“.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 9. Dezember 2020.
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