Plastikmüll im Meer bedroht das Ökosystem
Naturschutz

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Gift der Meere

Plastikmüll gefährdet das Ökosystem der Ozeane, Tiere verwechseln Müll mit Nahrung und verenden grausam. Dr. Ralph Kadel, ehemaliges Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des Blue Action Fund, skizziert Lösungen.

Der Autor
Dr. Kadel ist Naturschutzexperte der KfW Entwicklungsbank

Dr. Ralph Kadel ist ehemaliges Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des Blue Action Fund. Zuvor war der Naturschutzexperte für die KfW tätig. Der Beitrag über den Plastikmüll im Meer entstand in Zusammenarbeit mit Kirsten Offermanns von der KfW.

Jährlich werden auf der Welt etwa 311 Millionen Tonnen Plastik produziert. Seit Jahren findet ein großer Teil davon seinen Weg in die Weltmeere, mit teilweise verheerenden ökologischen und ökonomischen Folgen. Im Pazifischen Ozean schwimmt ein Müllteppich von der Größe Mitteleuropas. Geschätzte 100 Millionen Tonnen Abfall befinden sich insgesamt in den Weltmeeren, jährlich kommen weitere 6,5 Millionen Tonnen hinzu. Der Müll besteht zu 75 Prozent aus Plastik. Sehen kann man den Müllteppich in der Regel jedoch kaum, da er überwiegend aus Kleinstpartikeln besteht, die unterhalb der Wasseroberfläche schwimmen.

Mehr als 80 Prozent des „Meeresmülls“ gelangen vom Land aus über Flüsse oder Abwasserkanäle ins Meer. Das größte Problem verursachen Verpackungen, Plastikflaschen und Plastiktüten, deren Abbau mehr als 400 Jahre dauern kann. In fast 700 verschiedenen Arten von Meeresbewohnern, vom Zooplankton bis zu Walen, wurden bereits Plastikteile gefunden. Die Tiere verwechseln Müll mit Nahrung. Dies ist besonders gefährlich für Meeresschildkröten, deren Magen, einmal mit Plastik gefüllt, keine Nahrung mehr aufnehmen kann – die Tiere verhungern.

Die KfW fördert

Der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank unterstützt zahlreiche Projekte im Sektor Biodiversität. Er engagiert sich für den Schutz der Tropenwälder, der Arten und der Meere.

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Insgesamt findet man dem UN-Umweltprogramm UNEP zufolge in 90 Prozent der Meeresvögel Plastikteile. 1960 waren es fünf Prozent. Angelschnüre und geschätzt 10.000 Netze, die der Fischerei jährlich verlorengehen, stellen eine tödliche Bedrohung dar. Häufig verfangen sich Tiere darin und strangulieren sich. Eine Million Seevögel verendet jährlich an den Folgen der Meeresvermüllung. Allein in der Beringsee sterben etwa 40.000 Seehunde im Jahr den Plastiktod.

Auch die für das Meer wichtigen Korallenriffe sind betroffen. Auf den Meeresgrund gesunkene Abfälle stören das Gleichgewicht und können das Absterben der Korallen herbeiführen. Das hat verheerende Folgen, da die Riffe Refugien und Aufzuchtgebiete für viele Fischarten darstellen. Uns muss klar sein: Die globale Vermüllung hat weitreichende Folgen für Ökosysteme, Artenvielfalt, Wirtschaft, Nahrungsversorgung und Gesundheit der Menschen. Die weltweite Ausbreitung des Meeresmülls macht eine Reinigung unmöglich. Dies liegt auch daran, dass 90 Prozent des Meeresmülls kleiner als einen Zentimeter sind und sich überwiegend in tieferen Meeresschichten oder auf dem Meeresgrund befinden. Das bedeutet, dass Meere nicht gereinigt werden können, ohne gleichzeitig das Ökosystem Meer zu (zer)stören.

Neben den gravierenden Schäden für die Umwelt sind auch die finanziellen Folgen immens: Das UN-Umweltprogramm schätzt, dass jährlich 13 Milliarden Euro aufgewendet werden müssen, um die Folgen der Meeresvermüllung zu bekämpfen.

Die Schäden sind sehr vielfältig: Kühlwasser- und Filteranlagen von thermischen Kraftwerken und Entsalzungsanlagen müssen aufwendig gereinigt werden. Auch der Tourismus wird durch die Verschmutzung der Küsten und Strände negativ beeinflusst. In der Fischerei entstehen Schäden insbesondere durch verunreinigte Fänge. In Entwicklungs- und Schwellenländern leiden die Fischer unter den Folgen, da die Verschmutzung erhebliche Einkommenseinbußen mit sich bringt.

Weg mit dem Plastikmüll!

Die KfW Bankengruppe hat Mitte Oktober 2018 gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank und der französischen Entwicklungsbank Agence Française de Développement die Clean Oceans Initiative gestartet. Die Partner stellen zunächst zwei Milliarden Euro bereit, um die Verschmutzung der Weltmeere zu reduzieren.

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Die ehemalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bezeichnete die Meeresvermüllung als eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Schon beim G7-Gipfel im Juni 2015 wurde der „Aktionsplan zur Bekämpfung von Meeresmüll“ verabschiedet.

Die Schäden sind sehr vielfältig: Kühlwasser- und Filteranlagen von thermischen Kraftwerken und Entsalzungsanlagen müssen aufwendig gereinigt werden. Auch der Tourismus wird durch die Verschmutzung der Küsten und Strände negativ beeinflusst. In der Fischerei entstehen Schäden insbesondere durch verunreinigte Fänge. In Entwicklungs- und Schwellenländern leiden die Fischer unter den Folgen, da die Verschmutzung erhebliche Einkommenseinbußen mit sich bringt.

Ein Zehn-Punkte-Plan zum Meeresschutz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), den der damalige Minister Gerd Müller im Mai 2016 vorstellte, beinhaltet unter anderem als wichtige Aufgabe die Vermeidung der Meeresvermüllung in den Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Der Plan betrifft unterschiedliche Maßnahmen vom Schutz der Fische bis zu Warnsystemen zum Klimawandel. Gegen die Vermüllung setzt das BMZ vor allem auf Partnerschaften mit der Wirtschaft, damit grundsätzlich weniger Müll produziert wird – und davon möglichst wenig ins Meer gelangt.

Ein zentrales Element dieses Zehn-Punkte-Plans ist auch die Gründung einer speziellen Meeresstiftung, dem Blue Action Fund. Die KfW hat im Auftrag des BMZ Startkapital in Höhe von 24 Millionen Euro in diese neu gegründete Stiftung eingebracht. Die gemeinnützige Stiftung hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Sie unterstützt Nichtregierungsorganisationen beim Meeresschutz und dabei unter anderem das Ausweisen neuer Schutzgebiete sowie nachhaltige Fischerei und umweltfreundlichen Tourismus. Bis 2019 sollen rund zwölf Projekte in Höhe von mindestens 19 Millionen Euro an den Start gehen.

Das Engagement für den Blue Action Fund passt gut zum Profil der KfW. Der Schutz der Küsten und der Meere ist bereits ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Ein Beispiel für eine intensive Kooperation ist Tunesien. Der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank unterstützt im Auftrag der Bundesregierung den Staat am Mittelmeer schon seit 15 Jahren beim Aufbau einer umweltverträglichen Abfallwirtschaft. Den Aktivitäten liegt eine wichtige Einsicht zugrunde: Um den Schutz von Küsten und Meeren langfristig zu garantieren, bedarf es des Zusammenwirkens politischer, wirtschaftlicher und privater Akteure.

Veröffentlicht auf KfW Stories am 31. März 2017, aktualisiert am 11. Januar 2022.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.