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Naturschutz

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"Wir investieren, um Wirkungen zu erzielen“"

Mit der Verabschiedung der Sustainable Development Goals (SDGs) und den Zielen des Pariser Klimaabkommens hat sich die internationale Gebergemeinschaft ambitionierte Ziele gesetzt. Deren Finanzierung ist allein durch öffentliche Mittel nicht möglich. Wie die KfW Anreize setzt, zusätzliche private Kapitalgeber für die Finanzierung der Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern zu gewinnen, erklärt die KfW-Expertin für Impact Investments in Schwellen – und Entwicklungsländern, Stephanie Lindemann-Kohrs.

Portrait von Stephanie Lindemann
Stephanie Lindemann-Kohrs

leitet die Abteilung Global Equity and Funds der KfW Entwicklungsbank. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist seit rund. 25 Jahren im Bankengeschäft tätig, seit zwölf Jahren in unterschiedlichen Funktionen in der KfW. Die Abteilung Global Equity and Funds der KfW Entwicklungsbank ist verantwortlich für ein Beteiligungsportfolio in Schwellen- und Entwicklungsländern in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro. Das strategische Ziel der Abteilung ist es, die SDGs investierbar zu machen, in Schwellen- und Entwicklungsländern und insbesondere für private Investoren.

Frau Lindemann-Kohrs, um die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) bis 2030 zu erreichen, braucht es geschätzte 4,5 Billionen Dollar pro Jahr. Um solche Summen aufzubringen, braucht es Privatkapital. Sind die privaten Investoren dazu bereit?

STEPHANIE LINDEMANN-KOHRS Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach Impact Investments, also nachhaltigen Investments, im privaten Anlagemarkt. Das ist eine gute und sehr wichtige Entwicklung. Allerdings sind diese Wachstumsraten, wir sprechen von zirka 20 Prozent jährlich in den vergangenen fünf Jahren, bei weitem noch nicht ausreichend, um die SDGs zu erreichen. Zudem sind private Investoren zurückhaltender, wenn es um Impact Investments in Schwellen- und Entwicklungsländern geht. Zum einen scheuen sie das Risiko, zum anderen sind sie mit diesen Ländern wenig vertraut. Dies gilt insbesondere für die Least Developed Countries, die LDCs. Wir sehen zudem, dass die derzeitigen geopolitischen Entwicklungen sowie das angestiegene Zinsniveau in den europäischen und nordamerikanischen Märkten die Zurückhaltung der privaten Investoren, in Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren, verstärkt haben.

Wie kann die KfW Entwicklungsbank hier unterstützen?

Das tun wir ganz gezielt, indem wir mithilfe unseres Förderinstrumenten die Risiken mildern. Hier ist das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, unser Hauptauftraggeber und somit auch wesentlicher Wegbereiter, wenn es um nachhaltige Finanzierungsstrukturen in Schwellen- und Entwicklungsländern geht. Zudem unterstützen wir die privaten Investoren mit unserem lokalen Know-how und bieten auch unsere Netzwerke vor Ort an.

Wie funktioniert das konkret?

Das Verfahren heißt Blended Finance. Das bedeutet, dass wir gemeinsam mit privaten Investoren und oft auch weiteren Entwicklungsfinanzierern ein Beteiligungs- oder ein anderes Finanzierungsvehikel, meistens sind das Fonds, nutzen, in denen die Investoren unterschiedliche Risiken tragen. Die KfW tritt dabei meist als Finanzierer der sogenannten „Erstverlustranche“ im Auftrag des Bundes auf und mindert so die Risiken.

Sie haben hohe Qualitätsstandards im Umwelt- und Sozialbereich. Man könnte meinen, das schreckt private Investoren ab. Das Gegenteil ist aber der Fall. Woran liegt das?

Es ist absolut richtig, dass wir sehr hohe Umwelt- und Sozialstandards haben. Das bedeutet natürlich auch eine aufwendigere Prüfung, verbunden mit einem engen Monitoring über die gesamte Laufzeit des Investments, welches manchmal dazu führt, dass einiges verbessert werden muss. Dies bedeutet aber auch, dass Transaktionen, an denen wir uns beteiligen, diesen Prozess durchlaufen haben. Gegenüber anderen Investoren, insbesondere privaten, ist dies eine Art Gütesiegel im Hinblick auf Umwelt- und Sozialstandards.

Bauarbeiter auf einer Baustelle zwischen Metallstäben
Baustelle in Südafrika

Wie kommt das Geld der Privaten schließlich zum Kunden? Könnten Sie so einen Investitionsmechanismus einmal nachzeichnen?

Ganz konkret: Wir initiieren einen Fonds mit einer definierten Investitionsstrategie in Schwellen- und Entwicklungsländern. Hierfür mandatieren wir einen Fondsmanager, der diesen Fonds für uns gründet, weitere Investoren einwirbt und die Investitionen vornimmt und managed. Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel der Emerging Climate Action Fund, den wir gemeinsam mit der Allianz Global Investors initiiert haben und der Klimavorhaben in Entwicklungs- und Schwellenländern finanziert.

Hat so ein Fonds eine bestimmte Laufzeit?

Wir unterscheiden zwischen der Investitionsphase, die etwa vier Jahre dauert, der operativen Phase, die in der Regel sechs bis acht Jahre läuft und der so genannten Deinvestitionsphase. Dann werden die Investments weiterverkauft oder die Darlehen zurückgezahlt. Die erzielten Kapitalerlöse fließen nach Abzug von Verwaltungskosten zurück an die Investoren. Wir als KfW begleiten die Unternehmen auch während der operativen Phase, etwa indem wir unterstützende Begleitmaßnahmen finanzieren.

Die privaten Investoren haben höhere Renditechancen, die öffentlichen Investoren höhere Risiken – ist das fair?

Das ist so nicht ganz korrekt. Die öffentlichen Investoren, die in Erstverlusttranchen investieren, tragen ein höheres Risiko. Das heißt, wenn Verluste auftreten, werden diese zunächst bis zu einem definierten Betrag durch die Erstverlustgeber getragen. Wir achten verstärkt darauf, dass zunächst das gesamte Investitionskapital der Investoren, also auch der Erstverlustgeber, zurückgezahlt ist, bevor eine Rendite fällig wird. Unser Ziel ist es, die Risiken für private Investoren tragbar zu machen.

Wie oft kommen Ausfälle vor?

Sicherlich gibt es einzelne Investments, die sich nicht wie erwartet entwickeln. Hier sind Fonds ein gutes Instrument, dieses Einzelinvestmentrisiko zu mildern, da sie eine Spanne von Investments tätigen. Wir arbeiten mit konservativen Annahmen, um unser Kapital zurückzuerhalten und die Kosten zu decken. Bezogen auf das Gesamtportfolio wird dieser Anspruch erfüllt.

Wie viel Geld hebeln Sie damit im Schnitt?

Als wir mit den Beteiligungen anfingen, vor 15 bis 20 Jahren -- damals waren wir fast ausschließlich im Mikrobanken-Sektor engagiert -- hatten wir ein Verhältnis von grob eins zu eins. Für einen Euro kam ein weiterer privat dazu. Inzwischen liegen wir deutlich darüber. Unser derzeitiges Portfolio hebelt privates Kapital im Verhältnis eins zu zirka drei: Zu einem Euro aus dem staatlichen Topf kommen drei Euro privates Kapital dazu. Und das nur auf der ersten Investitionsebene. Das Unternehmen, in das der Fonds investiert hat, hebelt mit seinen Investitionen die Anfangssumme aber weiter. Wir streben mittelfristig einen Hebel von fünf an.

Arbeiter begutachtet eine große Solaranlage
Solarenergie

Von welchen Summen sprechen wir insgesamt?

Unser Portfolio umfasst derzeit Investments in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro. Mehr als 45 Prozent sind in Afrika investiert.

KfW Entwicklungsbank

Wir finanzieren und begleiten im Auftrag des Bundes, vor allem des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Programme und Projekte mit überwiegend staatlichen Akteuren in Entwicklungs- und Schwellenländern – von der Konzeption über die Umsetzung bis zur Erfolgskontrolle.

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Gibt es dabei bestimmte thematische Schwerpunkte?

Wir orientieren uns an den Zielen des BMZ 2030 und fokussieren uns vor allem auf die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen und stellen Venture Capital für Wachstumsunternehmen zur Verfügung. Damit eng verbunden ist die Förderung und Entwicklung von Finanzsystemen in den jeweiligen Entwicklung- und Schwellenländern. Ganz wichtig sind für uns auch die Themen Klima und Klimarisikoabsicherung, sie sind quasi Teil unserer DNA. Ernährungssicherheit und Biodiversität sind ein weiterer Fokus, welcher in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird. Das Thema Gender betrachten wir durchgängig als Querschnittsthema bei allen Investments: Neben der eigentlichen Investitionsstrategie des Fonds schauen wir uns beispielsweise auch die Zusammensetzung des jeweiligen Entscheidungsgremiums an.

Welche Art von Investoren ziehen Sie an?

An solchen Fonds-Konstruktionen können sich nur professionelle Investoren beteiligen, keine Einzelpersonen. Das sind dann zum Beispiel Versicherer, Banken oder Versorgungswerke, aber auch private Stiftungen und spezielle Impactinvestitionsvehikel, die etwa durch privatwirtschaftliche Unternehmen gegründet wurden.

Halten Sie sich für einen Vorreiter auf diesem Gebiet?

Absolut, und wir sehen, dass Impact Investments einen immer wichtigeren Stellenwert bei Kapitalanlagen einnehmen. Diese Entwicklung wollen wir weiter vorantreiben, durch skalierbare Blended-Finance-Strukturen, die die SDGs, auch in Schwellen- und Entwicklungsländern, noch investierbarer machen.

Weiterführende Informationen:

Impact Fonds – soziales Engagement mit Rendite

Veröffentlicht auf KfW Stories am 28. März 2023.