Der Managuasee in Nicaragua war nahezu biologisch tot, verdreckt mit Abwasser und Müll. Eine neue Kläranlage hat den See gerettet und zu einem Naherholungsgebiet Nicaraguas gemacht. Eine Erfolgsgeschichte.
In Reih und Glied recken sich am Seeufer riesige stählerne Blumen der Sonne entgegen. Ein kräftiger Wind weht und lässt Schaumkronen auf dem graugrünen Wasser tanzen. In der Ferne erhebt sich aus dem Dunst der Kegel eines Vulkans. Der Lago Xolotlán oder Managuasee, an dessen Ufern sich einst die ersten Bewohner der heutigen Hauptstadt Nicaraguas niederließen, ist ein Erholungsort für die Menschen aus der tropisch heißen Stadt im Herzen Zentralamerikas.
So bunt wie die Farben der Blumen, die die Promenade nachts in leuchtendes Licht tauchen, geht es auch im Vergnügungspark „Salvador Allende” zu. Dort, wo sich bis zu einem verheerenden Erdbeben in den 1970er Jahren die Altstadt Managuas befand, reiht sich heute Restaurant an Restaurant, es gibt Bars, durch die lokale Musikgruppen tingeln, einen kleinen Markt und Spielplätze für die Kinder. Sogar ein Ausflugsschiff wartet am Kai auf Gäste, um mit ihnen hinaus auf den zweitgrößten Binnensee Nicaraguas zu schippern. „Der Park ist für die Menschen eine große Attraktion. Den See wieder erleben zu können, bereichert die ganze Stadt“, sagt der Deutsche Markus Schmid, der mit seiner Frau und drei Kindern in Managua lebt und für ein deutsches Unternehmen arbeitet.
Das war nicht immer so. Für lange Zeit galt der Managuasee als größte Kloake der Welt. Gut acht Jahrzehnte lang wurden Abwässer aus Industrie und Haushalten ungeklärt in den See eingeleitet. Die Menschen in den am Seeufer gelegenen ärmeren Stadtvierteln wurden krank – weil sie das Wasser aus dem See schöpften, um zu kochen, sich zu waschen und ihre Felder zu bewässern. „Gegessen wurde auch der mit Schadstoffen belastete Fisch aus dem See“, berichtet Christian Lütke-Wöstmann, Abteilungsdirektor in der KfW.
In den 90er Jahren erkannte die Regierung den dringenden Handlungsbedarf. Ein Umweltschutzprogramm wurde aufgelegt, das ab 2005 die Sammlung und Aufbereitung von Abwässern in den Mittelpunkt rückte. Seit Februar 2009 ist ein modernes Klärwerk am Ufer des Sees in Betrieb. Sein Bau hat 40 Millionen Euro gekostet. Der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank hat dazu aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) 26 Millionen Euro – teils als Zuschuss, teils als Kredit – beigesteuert.
Herzstück des Werks ist eine Solartrocknungsanlage, in der die Klärschlämme getrocknet werden. Sie ist die weltgrößte Anlage ihrer Art und reduziert das Volumen des entwässerten Abfalls erheblich. Getrocknet kann er als Brennstoff und als Dünger verwertet werden. Die Technologie für die Solartrocknung stammt von der IST Anlagenbau GmbH aus Baden-Württemberg. Dafür wurde das Projekt 2010 mit dem Global Water Award ausgezeichnet. „Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung für unser Engagement für innovativen Umweltschutz in Lateinamerika“, sagt André Ahlert, Direktor in der KfW. Die Anlage wurde bereits als internationales Vorbild von Abwasser-Experten aus Honduras, El Salvador und Costa Rica besichtigt.
Täglich reinigt das Klärwerk nun rund 140.000 Kubikmeter Abwasser. Mit einem sehr erfreulichen Ergebnis: Die Wasserqualität des Sees, der größer als die Stadt Berlin ist, hat sich in den vergangenen Jahren enorm verbessert.
Quelle
Der Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2016 „Die Macht des Wassers"
Zur Ausgabe„Es gibt mittlerweile wieder ein Freibad direkt am See“, sagt Markus Schmid. „Das wird super angenommen und gerne von Familien besucht.“ Das ist so etwas wie Vorfreude. Denn der See selbst ist noch nicht zum Baden freigegeben. Und manchmal müffelt es auch noch am Malecón. Denn so schnell kann auch die modernste Kläranlage der Welt den See nicht von den Folgen jahrzehntelangen Missbrauchs reinigen. Doch mit der Revitalisierung als Naherholungsgebiet ist ein Etappenziel erreicht. Und das nächste soll 2020 folgen. Dann, so hofft die Regierung in Managua, kann der See wieder zum Baden freigegeben werden.
Auf KfW Stories veröffentlicht am: Mittwoch, 12. April 2017
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 6: Wasser und Sanitärversorgung für alle
Ohne Wasser kein Leben! Wir benötigen es als Trinkwasser, aber auch in der Landwirtschaft, um Nahrungsmittel zu produzieren. Die Vereinten Nationen haben daher 2008 den Zugang zu sauberem Trinkwasser als Menschenrecht anerkannt. Dennoch müssen 748 Millionen Menschen noch immer ohne sauberes Trinkwasser auskommen. Nach Schätzungen sterben deswegen an einem einzigen Tag weltweit 5.000 Kinder. 2,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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