Straßenarbeiten in Ilsfeld
Energieeffizienz

Energieeffizienz

Ein Netz für Klima und Kasse

Die Gemeinde Ilsfeld will unabhängig werden von fossilen Energiequellen. Dabei steht ein Energieträger im Zentrum, der fast überall auf der Welt ungenutzt bleibt: Abwasser. Das Nahwärmenetz in Ilsfeld nutzt die Wärme aus geklärtem Abwasser und versorgt die Gemeinde klimaschonend mit Energie.

Ilsfeld Ortsschild: Europäische Energie- und Klimaschutzkommune Gemeinde Ilsfeld 2015
Ausgezeichnet

Ilsfeld ist „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune”.

Ilsfeld bei Heilbronn liegt verträumt zwischen Weinbergen und Landschaftsschutzgebieten. Doch neben der Idylle ist hier auch die Innovation zu Hause: Seit 2013 arbeitet die Gemeinde daran, möglichst unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Im Zentrum der Bemühungen steht dabei ein kommunales Nahwärmenetz, das eine Energiequelle anzapfen soll, die fast überall auf der Welt ungenutzt bleibt: Abwasser.

„Bei uns fließen täglich mindestens 5.000 Kubikmeter geklärtes Abwasser in die Schozach“, sagt Thomas Gessler vom Technischen Bauamt, der für das Nahwärmeprojekt verantwortlich ist. Künftig soll diesem Abwasser, dessen Temperatur etwa zehn Grad Celsius beträgt, mit Hilfe von Wärmepumpen Energie entzogen werden. Energie, mit der das Wasser im Nahwärmenetz auf 55 Grad erwärmt werden kann.

Ein Blockheizkraftwerk, das mit Erdgas betrieben wird, muss das Wasser dann nur noch von 55 auf 75 Grad aufheizen. Bis zu 700 der rund 9.000 Einwohner zählenden Gemeinde sollen bis Ende 2018 an das Nahwärmenetz angeschlossen sein. „Die genaue Anzahl hängt natürlich von der Bereitschaft der Bürger ab, auf Nahwärme umzustellen“, sagt Thomas Gessler, der in den Ortsteilen, in denen Netzleitungen verlegt werden, für das Projekt wirbt. Das Interesse sei groß, sagt er, die Kosten überschaubar: Die Zuleitungen bis zu einer Länge von 30 Metern ab der Hauptleitungzahlt die Gemeinde. Hausbesitzer investieren lediglich in die Umstellung von ihrer alten Heizung auf eine Nahwärme-Übergabestation.

Thomas Gessler im Maschinenraum des Nahwärmenetzes
Nahwärme

Bis Ende 2018 sollen 700 Einwohner an das Netz angeschlossen sein. Thomas Gessler vom Technischen Bauamt wirbt im Ort für das ambitionierte Projekt.

„Das rechnet sich schnell, weil bei einer Umstellung künftig alle Kosten rund um die Heizung wegfallen – von Anschaffung über Wartung bis Betrieb“, so Gessler. Auf Basis des mittleren Gas- und Ölpreises der vergangenen Jahre hat er für ein Einfamilienhaus Einsparungen von bis zu 400 Euro im Jahr kalkuliert.

2013 wurde mit dem Bau des Nahwärmenetzes begonnen. Es wird bislang von einem Gaskessel und zwei Blockheizkraftwerken mit insgesamt 2.200 Kilowatt thermischer Leistung betrieben und versorgt rund 120 Gebäude, darunter Rathaus, Gemeindehaus, Kirche und zwei Kindergärten. Bis zum Herbst 2017 soll dieses vorhandene Netz ausgebaut und zusätzlich von der Abwasser-Abwärme versorgt werden. Leistung: 900 Kilowatt. Dann folgt der Anschluss weiterer Nutzer.

Die Gesamtinvestition beläuft sich auf rund elf Millionen Euro. „Das ist ein stattlicher Betrag für eine kleine Gemeinde“, sagt der Bürgermeister von Ilsfeld, Thomas Knödler. „Uns war aber schnell klar, dass wir langfristig von dem Projekt profitieren würden.“ Zwar hat die Gemeinde Gewinne aus dem Nahwärmenetz im Rahmen einer Selbstverpflichtung ausgeschlossen. Ab 2017 aber strebt sie die „schwarze Null“ an. Hinzu kommt die lokale Wertschöpfung: „Geld, das heute für Öl und Gas aus der Region abfließt, bleibt künftig hier vor Ort“, sagt Bürgermeister Knödler.

Die KfW fördert

Die Gemeinde Ilsfeld wurde mit Mitteln aus dem Programm IKK –Energetische Stadtsanierung –Quartiersversorgung (201) finanziert.

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Fördermittel verbessern die Bilanz zusätzlich: Drei Millionen Euro kommen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). 1,1 Millionen Euro zahlt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auf Basis des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Auch die KfW fördert das Projekt: Sie hat der Gemeinde im Rahmen des Förderprodukts Energetische Stadtsanierung – Zuschuss eine Unterstützung von 306.000 Euro gewährt. Mittel, mit denen ein integriertes Quartierskonzept und ein Sanierungsmanager finanziert werden können – also auch die Stelle von Thomas Gessler. Die übrigen rund 6,5 Millionen Euro bestreitet Ilsfeld aus Krediten. Rund 3,1 Millionen Euro hat die KfW im Rahmen des Förderprodukts IKK – Energetische Stadtsanierung – Quartiersversorgung zur Verfügung gestellt.

Um noch unabhängiger vom Energiemarkt zu werden, plant Ilsfeld derzeit ein Biomasse-Kraftwerk und Anlagen zur solaren Wärmeerzeugung. „Für uns ist Klimaschutz Herzenssache“, sagt Thomas Knödler. „Aber er rechnet sich auch!“

Veröffentlicht auf KfW Stories am 7. April 2017

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