Armaturenbrett im Auto mit Computer
Mobilität

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Autonomes Fahren

Zeitung lesen beim Autofahren? Klingt wie Utopie. Zwei Entwickler aus Lindau arbeiten daran. Und wagen die Prognose: Schon in den nächsten 10 Jahren Jahren brauchen wir auf deutschen Autobahnen keine Hände mehr am Steuer.

Gregor Matenaer und Richard Woller stehen neben dem CMORE-Auto
Die Entwickler

Angefangen haben Richard Woller (links) und Gregor Matenaer 2011 als Zwei-Mann-Unternehmen. Heute beschäftigen sie 150 Mitarbeiter. Tendenz: steigend.

Das autonome Fahren kommt. Da sind sich Gregor Matenaer und Richard Woller sicher. Und zwar bald. Zeitung lesen hinterm Steuer oder entspannt in den Urlaub fahren: Für die Geschäftsführer der Firma CMORE ist dies längst keine Utopie mehr. Die Entwicklungen bei den Autobauern gehen genau in diese Richtung - und CMORE ist mittendrin. Gemeinsam mit 150 Mitarbeitern arbeiten Matenaer und Woller täglich daran, den Straßenverkehr zu revolutionieren.

„In den 2020er Jahren wird man zumindest auf der Autobahn die Kontrolle über das Auto abgeben können“, prophezeit Matenaer. Dann werde die neue Fahrzeuggeneration reif genug für den Markt sein, schätzt er. Zwischen Auffahrt und Abfahrt brauche es dann keine Hände mehr am Steuer, nur im komplexeren Stadtverkehr oder auf den Landstraßen werde dies noch länger nötig sein.

„Wir sind Spezialisten in der Entwicklung neuer Systeme im Bereich Fahrzeugelektronik sowie in der Absicherung von sensorbasierten Fahrerassistenz- und Sicherheitssystemen“, heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Vereinfacht ausgedrückt: CMORE entwickelt, testet und validiert Softwaresysteme, dank derer die Autos irgendwann ohne aktiven Fahrer den Weg durch den Verkehr finden sollen.

Sensoren und Kameras auf dem Dach des CMORE-Prototyps
Achtung, Aufzeichnung!

Kameras und Sensoren am Dachgestell des CMORE-Autos sammeln bei der Fahrt Daten, die ein Computer im Kofferraum aufzeichnet. So „lernt" die Software, wie Straßenverkehr funktioniert.

Dafür gibt es Algorithmen, denen anhand von Unmengen gesammelter Daten beigebracht wird, wie der Straßenverkehr funktioniert und welche Lösungen es für welche Problemstellungen gibt. „Wir trainieren die Algorithmen und bringen sie zum Denken“, sagt Matenaer. Zum Beispiel mit Autos voller Sensoren und Kameras, die durch die Straßen fahren, Daten sammeln und damit die Systeme Byte für Byte sicherer machen. Ein solches Auto steht auch in der CMORE-Werkstatt im Untergeschoss der Firmenzentrale in Lindau am Bodensee. „Das ist unser Prototyp“, sagt Matenaer.

Während andere Wagen von Kunden unter Verschluss bleiben müssen, ist der schwarze Kleinwagen das Vorzeigeobjekt der Firma – mit einem spannenden Aufbau. Ein viereckiges Metallgestell auf dem Dach trägt zahlreiche Kameras und Sensoren, auch hinter den Fensterscheiben verbergen sich welche. Im Kofferraum ist ein großer Computer untergebracht, der alles aufzeichnet. Und im Inneren des Autos zeigt ein Computerbildschirm, welche Daten das High-Tech-Fahrzeug gerade gespeichert hat. „Das ist ein komplexes System, mit dem wir auch auf der Straße unterwegs sind“ – und großes Aufsehen unter den Passanten erzeugen.

CMORE-Mitarbeiter besprechen sich
Zukunftsbranche

Deutschland braucht sich im internationalen Vergleich nicht zu verstecken. Bei CMORE entwickeln und testen Spezialisten wegweisende Technologie für autonomes Fahren.

Kennengelernt haben sich die Elektrotechniker Matenaer und Woller vor 14 Jahren beim damaligen gemeinsamen Arbeitgeber Continental-Automotive. 2011 wagten sie dann den Schritt in die Selbstständigkeit und gründeten CMORE – zunächst als Zwei-Mann-Unternehmen. Aber schon ein Jahr später arbeiteten 20 Mitarbeiter für die Gründer. Inzwischen stehen weit mehr als 100 Frauen und Männer auf deren Gehaltsliste. Zum Jahresende könnten es 200 sein, schätzen die Manager. „Wir sind stetig und gesund gewachsen“, sagt Woller.

Wobei die Entwicklung speziell im vergangenen Jahr an Dynamik gewann, was sich auch an der Umsatzentwicklung ablesen lässt: Waren es 2013 noch 2,4 Millionen Euro, flossen 2015 bereits 4,5 Millionen Euro in die Firmenkasse. Für das Geschäftsjahr 2016 steht jetzt sogar ein Umsatz von 9,5 Millionen Euro in den Büchern der GmbH.

Zu verdanken hat dies CMORE nicht zuletzt einem Großprojekt mit einem süddeutschen Fahrzeughersteller, das über drei Jahre läuft und im vergangenen Jahr startete. Damit dies anlaufen konnte, waren Matenaer und Woller auf die Unterstützung ihrer Hausbank angewiesen: „Wir brauchten das gesamte Anfangsequipment, ein neues Team, die Fahrzeuge“, macht er die Dimensionen deutlich.

Die KfW fördert

Zukunftsweisende Vorhaben und innovative Unternehmen wie CMORE fördert die KfW zwischenzeitlich mit dem ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit (380).

Mehr erfahren

Bei Axel Schnell, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim, trafen sie dabei auf einen aufgeschlossenen Finanzpartner. „Bei innovativen und zugleich stark expandierenden Unternehmen lege ich Wert darauf, meinem Kunden möglichst frühzeitig ausreichend finanziellen Handlungsspielraum zu eröffnen“, sagt Schnell. Der Sparkassenmanager schnürte seinerzeit fix ein Darlehenspaket. Die KfW übernahm einen Teil der Kreditrisiken.

Damit standen den Entwicklern von CMORE schnell und unbürokratisch die Mittel für die Realisierung ihres innovativen Verkehrsprojekts zur Verfügung. Für Matenaer und Woller war diese Unterstützung nicht zuletzt ein weiterer Beweis dafür, dass sich der Standort Deutschland auch bei der Frage nach der Zukunft des Autofahrens nicht hinter den oft hoch gelobten internationalen Hot-Spots wie etwa dem Silicon Valley in Kalifornien zu verstecken braucht. Unterstützung gebe es auch hier - und bei den deutschen Autoherstellern würden viele kluge Köpfe an der Mobilität der Zukunft arbeiten: „Wir treiben die Technologie voran.“

Quelle
Cover von Fördern Digitalisierung

Dieser Artikel ist erschienen in „Fördern“ Digitalisierung.

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Für CMORE bedeutet dies, dass in Deutschland viel Arbeit auf das Unternehmen wartet. Aber eben auch international. Neben den hiesigen Niederlassungen in Lindau, Eschborn bei Frankfurt und Böblingen gibt es bereits einen Standort im indischen Aurangabad. Und neben neuen Standorten in München und Nordrhein-Westfalen ist auch eine weitere Expansion auf den asiatischen Markt geplant: „Wir müssen immer nah am Kunden sein“, sagen die Firmenchefs.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 31. März 2017, aktualisiert am 27. Februar 2018.