Dr. Dieter Rexroth vor Klavier
Menschen

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Der Vermittler

Als Künstlerischer Leiter prägt Dr. Dieter Rexroth das internationale Jugendorchesterfestival Young Euro Classic, das er vor 20 Jahren mit gegründet hat. Wir stellen Ihnen den renommierten Musikwissenschaftler vor, der uns im Video-Interview auf die versteckte Warnung in Beethovens neunter Sinfonie aufmerksam macht.

Video: Dr. Dieter Rexroth über die Botschaft in Beethovens Neunter und warum sie heute relevanter ist denn je (KfW Bankengruppe/Schuch/Sperl).

Gar nicht so einfach, eine exakte Berufsbezeichnung zu finden für das, was Dieter Rexroth macht. Nimmt man das salonartige Wohnzimmer seiner Berliner Altbauwohnung unweit des Kurfürstendamms, so ahnt man, dass er viel mit Büchern zu tun haben muss. Sie stehen – neben Hunderten von CDs – in Regalen, die so hoch sind, dass man die obersten Fächer nur mit einer Leiter erreicht. Bücher stapeln sich auch auf dem Boden, auf Tischen und auf dem ausladenden Konzertflügel in der Mitte des Raumes. Bilder lehnen an den Wänden, Büsten von Komponisten stehen herum. Ein bisschen kreative Unordnung.

Rexroth, 78 Jahre alt und im Unruhestand, ist zunächst einmal Musikwissenschaftler. Mit Arnold Schönberg hat er sich beschäftigt, mit Paul Hindemith und Ludwig van Beethoven. Er war aber auch Intendant der Kasseler Musiktage und des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, er war künstlerischer Leiter des Mendelsohns-Musikwettbewerbs in Berlin und er ist nach wie vor künstlerischer Leiter des Jugendorchesterfestivals Young Euro Classic, das er vor 20 Jahren mit gegründet hat. Er kümmert sich darum, welche Orchester aus aller Welt während der drei Sommerwochen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt auftreten und welche Stücke sie spielen.

Dr. Dieter Rexroth hinter Klavier
Dr. Dieter Rexroth

Vor 20 Jahren hat der 78-jährige Musikwissenschaftler das Festival „Young Euro Classic“ mit gegründet, dessen Künstlerische Leitung er bis heute innehat.

Besonders damit hat sich Rexroth einen Ruf erworben: als Dramaturg, der sich gemeinsam mit den Dirigenten überraschende Konzertprogramme ausdenkt. Von 1980 an arbeitete er 14 Jahre lang als Dramaturg in Frankfurt am Main, wo er für die Alte Oper mit dem damals frisch eröffneten Konzertsaal die Saisonprogramme gestaltete. Eine Tätigkeit im Hintergrund, aber mit großen Auswirkungen: Was gespielt wird, welche Komponisten während einer Saison im Fokus stehen und wie ihre Werke mit denen anderer Komponisten am Konzertabend kombiniert werden – all das prägt die Identität und das Image eines Veranstalters.

Fragt man Dieter Rexroth selbst, wie er sein Tun bezeichnen würde, dann sagt er nach kurzem Nachdenken: „Ich bin ein Vermittler.“ Einer, der klassische Musik verständlich machen möchte, nicht zuletzt für junge Hörerinnen und Hörer. Als Vermittler besitzt Rexroth einen ausgesprochen guten Riecher. Im Jahr 2000 holte er den damals in Deutschland nahezu unbekannten Dirigenten Kent Nagano als neuen Chefdirigenten des Deutschen Symphonie-Orchesters (DSO) nach Berlin. Gemeinsam mit ihm entwickelte er Konzertprogramme, die bis heute einen legendären Status genießen: Mit Musik des Mittelalters bis hin zur Gegenwart mischten sie das eher schmale klassische Repertoire der Berliner Konkurrenzorchester auf.

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Das DSO galt bald als Orchester mit den innovativsten Konzerten der Stadt und Nagano wurde zu einem der führenden Dirigenten, der im Anschluss von Deutschlands größtem Opernhaus engagiert wurde, dem Münchner Nationaltheater. Mittlerweile ist Kent Nagano Hamburgischer Generalmusikdirektor und Dieter Rexroth nach wie vor sein dramaturgischer Berater. Für die Konzerte des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg fuchst er die Programme aus –wenn er nicht die nächsten Ausgaben von Young Euro Classic plant. Ruhestand nicht in Sicht.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 16. Juli 2019.