Kontaktanlage bei Aurubis in Hamburg, in der die ausgekoppelte Wärme entsteht
Abwärme

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Heiße Liaison

Das Metallunternehmen Aurubis und der Energieversorger Enercity schreiben ein Stück Industriegeschichte: Mit der HafenCity Ost wird in Hamburg zum ersten Mal ein Stadtteil fast komplett mit nahezu CO₂-freier Abwärme versorgt.

Wärmewende in HAmburg

(Quelle: KfW / Detlev Karres / Thomas Schuch)

Sie ist Hamburgs ganzer Stolz und Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsprojekt: die HafenCity. Wo einst Hafengelände war, entsteht gerade Schritt für Schritt ein völlig neuer Stadtteil. Eines Tages – etwa 2030 – sollen dort 15.000 Menschen wohnen, mehr als 40.000 arbeiten und sich 80.000 Tagestouristen vergnügen. Auch die KfW und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beteiligen sich an dem Vorhaben der Superlative – mit einem spektakulären Energieprojekt, das die HafenCity mit dem Metallunternehmen Aurubis verbindet.

Dort, auf dem Werksgelände auf der anderen Elbseite, lassen Hitze, Dämpfe und Gerüche erahnen, dass hier unter gigantischem Energieaufwand jährlich eine Million Tonnen Kupfer hergestellt werden. Inmitten dieses Komplexes aus grauen Hallen, Kesseln, Rohren und Förderbändern steht seit Frühjahr 2018 ein orangefarbener Koloss von 250 Tonnen, 18 Metern Höhe und sechs Metern Durchmesser – der Zwischenabsorber. Er ist das Herzstück der Fernwärmegewinnung für die östliche Hamburger HafenCity.

In Hamburg wird zum ersten Mal ein Stadtteil fast komplett mit CO2-freier Abwärme versorgt
Das Gelände

Die Hamburger HafenCity Ost und das Werksgelände von Aurubis liegen nur 3,7 Kilometer voneinander entfernt. Eine ideale Konstellation, um mit einer neuen Wärmeleitung des Energieversorgers enercity die Abwärme der Kupferschmelze in die Heizungen der Gebäudenutzer der HafenCity zu transportieren. (Grafik: Andrew Timmins)

In seinem von innen mit 50.000 säure- und hitzebeständigen Keramiksteinen gemauerten Kessel wird Schwefeldioxid – ein Nebenprodukt der Kupferreinigung – zu Schwefelsäure umgewandelt, wobei nahezu CO₂-freie Wärme freigesetzt wird. Diesen chemischen Prozess kennen die Leute von Aurubis seit Werksgründung. Das Innovative: Mithilfe der nagelneuen Technik des Zwischenabsorbers kann die heiße Luft – bislang mit viel Elbwasser heruntergekühlt – in Form von Heißwasser über eine Fernwärmeleitung abgegeben werden. Nicht irgendwohin, sondern in die 3,7 Kilometer entfernte Nachbarschaft, die HafenCity, ohne die die so nachhaltige Fernwärmegewinnung niemals stattgefunden hätte.

„Die Idee, die entstehende Abwärme zu nutzen, bestand bei uns schon länger“, sagt Christian Hein, damals Leiter des Fernwärmeprojekts bei Aurubis, „aber erst durch den potenziellen Wärmeabnehmer und die heutigen auf dem Markt verfügbaren Materialeigenschaften der erforderlichen Aggregate besteht jetzt die Möglichkeit, die Abwärme der Kontaktanlage auf einem geeigneten Temperaturniveau sinnvoll zu nutzen. Eine Wärmeauskopplung war bisher nicht wirtschaftlich, da nur 25 Prozent der Abwärme im Werk selbst genutzt werden können.“

Ausgezeichnet

Dass aus einer kommunalen Abwärme-Kooperation in Norddeutschland ein energiepolitisches Leuchtturmprojekt mit Strahlkraft werden kann, beweist ein Preis, den man sich bei Aurubis ins Regal stellen kann. Die Deutsche Energie-Agentur (dena), Treiber und Wegbereiter der Energiewende, hat den Hamburger Metallverarbeiter mit dem „Energy Efficiency Award“ ausgezeichnet. 104 Energieeffizienzprojekte hatten sich 2018 beworben, Aurubis gewann in der Kategorie „Energiewende 2.0“.

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Das Projekt ist gigantisch. Entsprechend der Kapazität der Fernwärmeleitung von 60 Megawatt werden am Ende 6.000 Haushalte vom Heißwassertransport profitieren können. Genauso wie die Atmosphäre: Mehr als 20.000 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen lassen sich jährlich dank des Herkulesprojekts vermeiden. Rund die Hälfte davon kommt durch die Verdrängung von Erdgasnutzung zur Dampferzeugung auf dem Aurubis-Werksgelände zustande, die andere Hälfte kann durch die Lieferung der Abwärme an den Energieversorger Enercity AG (vormals Stadtwerke Hannover) umgangen werden.

Enercity hatte sich in einem europaweiten öffentlichen Wettbewerbsverfahren um die Wärmeversorgung der HafenCity Ost durchgesetzt. Bei der Entwicklung des Projekts kam Enercity die langjährige Erfahrung aus seinen Contracting-Beteiligungen zugute. „Das Initialmoment für dieses Projekt war, als wir vor der Frage standen, ein weiteres Heizwerk für die Versorgung der wachsenden HafenCity zu errichten oder die Abwärme zu nutzen“, erklärt Dr. Manfred Schüle, Vorsitzender der Geschäftsführung der Enercity Contracting GmbH. „Nach einer vorgeschalteten Sondierungsphase kamen im zweiten Anlauf die Projektpartner Aurubis und Enercity zusammen.“

Die KfW fördert

Mit der "Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft" unterstützt die KfW Investitionen innerhalb Deutschlands zur Minimierung der Kosten durch hocheffiziente Technologien.

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Perfekt war der Deal jedoch erst, als KfW und BMWK ihre Unterstützung zusagten. Ohne die Förderung, darüber sind sich alle einig, wäre das Fernwärmeprojekt nicht umgesetzt worden. Mit BMWK-finanzierten Tilgungszuschüssen aus dem „KfW-Energieeffizienzprogramm – Abwärme“ (heute: "Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft") konnte Aurubis den notwendigen Anlagenumbau, die Wärmeauskopplung und die interne Trasse bis zur Werksgrenze kostengünstiger finanzieren. Beim Projektpartner Enercity wurde die Wärmetransportleitung gefördert.

Aufgrund seines besonders hohen Abwärmepotenzials und der Übertragbarkeit auf andere Unternehmen in der energieintensiven Metallbranche wurde das Hamburger Projekt bereits 2017 von der Deutschen Energie-Agentur (dena) zum Leuchtturmprojekt erhoben. Und das gesamte Energiepotenzial von Aurubis ist damit längst nicht gehoben. Spielt die Politik mit, könnte das Fernwärmeprojekt erst Teil eins gewesen sein und könnten mit der Erschließung der weiteren Produktionsstränge insgesamt 140.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden. An Chancen mangelt es auch der gesamten Branche nicht. Das Einsparpotenzial bei den Energiekosten durch die Nutzung industrieller Abwärme in Deutschland schätzt das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg auf jährlich etwa fünf Milliarden Euro.

So ganz wird die östliche Hamburger HafenCity aber nicht ohne fossile Brennstoffe auskommen. Um die stark schwankende Abwärme für die Wärmeversorgung nutzbar zu machen, muss diese vergleichmäßigt und besichert werden. Hierzu errichtete enercity eine Energiezentrale mit Pufferspeicheranlage und Heizkesseln. Die springen bei Störungen oder Wartungsarbeiten bei Aurubis ein – und werden mit Gas und Öl befeuert.

Nachtrag

Ab Herbst 2024 sollen, neben der HafenCity und Rothenburgsort, sogar noch viel mehr Haushalte in Hamburg mit Abwärme von Aurubis versorgt werden. Das Hamburger Abwärmeprojekt ist das größte seiner Art in ganz Deutschland. Der Einsatz der CO2-freien Industriewärme, diesmal im Netz des lokalen Energieversorgers Hamburger Energiewerke, ermöglicht jedes Jahr bis zu 100.000 Tonnen CO2-Emissionen einzusparen. Weitere rund 20.000 Haushalte werden schon in naher Zukunft mit CO2-freier Industriewärme von Aurubis beliefert. Dies ist bedeutet für die Hansestadt einen weiteren wichtigen Schritt auf dem langen Weg zu Dekarbonisierung.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 4. Dezember 2018, aktualisiert am 19. April 2024.

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