Illustration zu Äthiopiens Infrastruktur
Volkswirtschaft

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Aufbruch auf Äthiopisch

Es tut sich etwas am Horn von Afrika. 2025 möchte Äthiopien in die Liga der Schwellenländer aufgestiegen sein. Diese große Vision wird von einem breiten KfW-Engagement unterstützt.

Zur Person
Amrei Schommers

Amrei Schommers arbeitet seit 2012 im Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank und ist dort als Länderbeauftragte unter anderem für die Aktivitäten in Äthiopien zuständig.

In der ältesten Kulturnation südlich der Sahara, von wo aus vor 1.700 Jahren der Kaffee nach Arabien gebracht wurde, wächst die Wirtschaft seit Jahren; die Kindersterblichkeit ist in den vergangenen 20 Jahren drastisch zurückgegangen; die Einschulungsrate lag 2015 bei guten 85 Prozent; und der Anteil der extrem Armen sank auf 26 Prozent. Diese Erfolgszahlen passen in die große Vision, die der neue Premierminister Abiy Ahmed seit 2018 vorantreibt: ab 2025 kein sogenanntes Entwicklungsland mehr zu sein. Dafür öffnet man sich gerade dem Weltmarkt, vor allem mit dem Bau und Betrieb großer Industrieparks.

Mehr als 30 von ihnen sollen die Welt mit Kleidung des Labels „Made in Ethiopia“ versorgen. 350.000 Jobs können dabei entstehen. Damit ausreichend Kompetenz zur Verfügung steht, fördert die KfW-Tochter DEG seit 2017 mit Mitteln aus dem develoPPP.de-Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Berufsbildungszentrum für Fachkräfte in der Textilbranche. In dreimonatigen Intensivkursen werden die Berufsschüler in Theorie und Praxis geschult. Dabei werden neben Fertigkeiten im Bedrucken und Beschriften der Kleidung auch Kenntnisse zu Umwelt- und Sozialstandards vermittelt.

Bereits seit 1964 setzt sich die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des BMZ für bessere Entwicklungschancen in Äthiopien ein, bisher wurden mehr als eine Milliarde Euro bereitgestellt. Das Engagement der Entwicklungsbank ist vielfältig: Kleinbauern werden bei der Wiederaufforstung geschädigter Flächen unterstützt, der Schutz von Naturgebieten wird verbessert. Von Investitionen in Berufsschulen und Lehrerausbildung profitierten mehr als 100.000 Jugendliche. Bildung nimmt eine Schlüsselrolle ein, um die Entwicklung des Landes voranzutreiben und Perspektiven für die wachsende Bevölkerung, darunter immer mehr Flüchtlinge aus Nachbarländern, zu schaffen. Wichtig dabei sind die Praxisnähe der Kompetenzvermittlung – dank der Einbindung von Industrie und Privatsektor nach dem deutschen Modell der dualen Ausbildung gelingt das gut – sowie die Erweiterung des Portfolios um Berufe, die das Land dringend benötigt, wie den Industriemechaniker.

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Langfristige Finanzierung gesichert

Doch eine prosperierende Wirtschaft braucht gute Transportinfrastrukturen – vor allem in einem Flächenland wie Äthiopien. Hier hilft die KfW IPEX-Bank mit langfristigen Finanzierungen: Mit einem Bankenkonsortium unterstützt sie die 1,7 Milliarden US-Dollar teure Investition für den Ausbau der 389 Kilometer langen Eisenbahnlinie zwischen Awash und Weldiya. Nicht nur der wichtigste Bahnkorridor des Landes, auch das Luftfrachtterminal in Addis Abeba wird dank einer Finanzierung der KfW IPEX-Bank erweitert: In dem nun größten Cargoterminal Afrikas ist modernste deutsche Kühl- und Lagertechnik verbaut, um die verderblichen Agrarprodukte Äthiopiens in alle Welt exportieren zu können.

„Die Menschen vor Ort erwarten Jobs und sichtbare Fortschritte.“

Amrei Schommers, Projektmanagerin im Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank

Zwar wird die Transformation der Wirtschaft von weiteren politischen Veränderungen wie dem Friedensschluss mit Eritrea, Versöhnungsgesprächen mit der Opposition oder Justizreformen flankiert, doch den Menschen vor Ort geht vieles zu langsam, sie erwarten Jobs und sichtbare Fortschritte. Und die Bevölkerung wächst: Von den mehr als 105 Millionen Einwohnern sind zwei Drittel jünger als 25 Jahre, darunter viele Flüchtlinge aus den Nachbarländern und auch Binnenflüchtlinge. Beim Human Development Index, der neben dem Bruttonationaleinkommen pro Kopf auch Bildungschancen und Lebenserwartung einbezieht, belegt das Land gerade einmal Rang 173 von 189.

Quelle
Cover Chancen

Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2019 „Wendezeiten“.

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KfW unterstützt Äthiopien auf dem Weg zum Schwellenland

Um Reformprozesse wie in Äthiopien zu beschleunigen und in afrikanischen Staaten die Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen sowie für Investitionen in Infrastruktur und wirtschaftliche Teilhabe und Beschäftigung zu stärken, hat die Bundesregierung 2017 im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft die „G20-Partnerschaft mit Afrika“ ausgerufen und unter Federführung des Bundesfinanzministeriums den „Compact with Africa“ (CwA) initiiert.

Das BMZ flankiert das CwA-Vorhaben mit Reformpartnerschaften – auch in Äthiopien. Dabei erhält die Regierung, dem Prinzip „Fordern und Fördern“ folgend, finanzielle Unterstützung – sofern sie zuvor vereinbarte Reformschritte erreicht hat. Die Ziele: nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern und mehr Jobs schaffen. Auch dies ist ein weiterer Baustein für die große Vision Äthiopiens.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 22. Oktober 2019