Wolfram Palitzsch und Dr. Ingo Röver (v.l.) Gründer von LuxChemtech posieren mit eine Siliziumblock und einenm Solarpanel
KfW Award Gründen

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Hightech-Recycling

Für die Herstellung von Photovoltaikmodulen wird reines Silizium benötigt. Doch es ist knapp und teuer. LuxChemtech hat Technologien entwickelt, um Silizium und weitere Halbleitermaterialien zu recyceln und in den Kreislauf zurückzuführen. Für diese nachhaltige Innovation wurde das sächsische Unternehmen als Bundessieger im Unternehmenswettbewerb mit dem KfW Award ausgezeichnet.

LuxChemtech

Bundessieger beim KfW Award Gründen 2022 (Quelle: KfW/n-tv)

Mit schnellen Schritten gehen Dr. Wolfram Palitzsch und Dr. Ingo Röver durch die großen Hallen von LuxChemtech. Ihr Weg führt vorbei an Förderbändern voller silbrig glänzender Siliziumstücke, meterdicken Rohren der Abluftanlage und ist begleitet vom durchdringenden Geräusch der Zerkleinerungsanlage, dem Brecher.

In der Kristallisationshalle ist heute ein Siliziumblock fertig geworden. Fünf Tage dauerte die Herstellung des 900 kg schweren grauen Blocks. Dazu wurden zerkleinerte Siliziumstücke in einer speziellen Form auf 1.500 Grad erhitzt und geschmolzen. Dann folgte die langsame Kühlung der Masse von unten nach oben, so kristallisiert sie gleichmäßig bis zur Oberfläche. Das Besondere: Der große Block besteht aus recyceltem Material.

Wie Silizium üblicherweise produziert wird, erläutert Wolfram Palitzsch: „Quarzsand ist der Ausgangsstoff. Er wird unter Zugabe von Kohlenstoff bei ca. 2.000 Grad geschmolzen. Dieses metallurgische Silizium ist aber für Anwendungen in der Photovoltaik oder Mikroelektronik noch viel zu verunreinigt. Es folgt ein komplexer Vorgang über flüssige Zwischenprodukte, bis schließlich reinstes Silizium entsteht.“

Aus dem flüssigen Material entstehen meterlange Säulen oder Blöcke, die Siliziumkristalle. Bereits bei diesen Produktionsschritten fallen große Mengen Abfall an, da Teile wie etwa die Spitzen, die Böden oder Seitenteile, nicht verwendet werden können. Sie sind allein durch den Kontakt mit der Schmelzform verunreinigt. Diesen Ausschuss arbeitet LuxChemtech wieder auf. Dafür wird er chemisch behandelt und mechanisch zerkleinert. Das Material ist am Ende der Prozesse so rein wie Neuware. Rund 80 Tonnen Silizium im Monat werden auf diese Weise recycelt und zurück in den Kreislauf geführt.

Den Technologien zugrunde liegt die über 30jährige Berufserfahrung der Gründer. Beide promovierten im Fach Siliziumchemie. Wolfram Palitzsch befasste sich als technischer Leiter eines Chemiebetriebs mit der Aufbereitung von Halbleitern aus gebrauchten Photovoltaikmodulen. Dort entwickelte er einige der von LuxChemtech nun angewendeten Verfahren. Ingo Röver bringt ebenfalls breite Erfahrungen aus seiner Tätigkeit in einem Solarunternehmen mit Sitz in Freiberg ein. Als dieses 2018 in die Insolvenz rutschte, entschlossen sich die Wissenschaftler zur Zusammenarbeit: Sie überzeugten einen Kreditgeber, kauften im Rahmen eines komplexen Asset Deals das von der Schließung bedrohte Werk und übernahmen 15 Mitarbeitende. Zusammen wollen sie nun neben eigenen innovativen Produkten auch das Recycling für Silizium und andere Stoffe wie Gallium oder Indium voranbringen.

Die Branche muss umdenken

Die Zeit dafür ist reif, der Markt verlangt nach neuen Lösungen. Denn für die Herstellung reinen Siliziums wird sehr viel Energie benötigt, das treibt die Kosten in die Höhe. Das meiste Silizium wird in China produziert, doch die asiatischen Lieferketten stocken. Auch die Preise für Silizium aus Norwegen steigen. Jedoch ist unser modernes Leben ohne das wertvolle Halbmetall längst nicht mehr möglich. Es bildet die Basis für Mikrochips und die stecken in nahezu allen technischen Geräten – in Smartphones, Computer, Autos und Energieanlagen.

Den größten Teil des Siliziums aber benötigt die Photovoltaikindustrie. Palitzsch legt ein ausgedientes Solarmodul auf den Tisch und erläutert seinen Aufbau. „Die blauen viereckigen Kacheln sind die Zellen aus Silizium. Die Bahnen aus Silber leiten den erzeugten Strom. Die Zellen sind in Kunststoff einlaminiert. Und ein solches Verbundmaterial ist eine Herausforderung für den Trennprozess.“ Nun stellt er mehrere kleine Fläschchen daneben. In ihnen sind alle Bestandteile des Solarmoduls abgefüllt, nach ihrer Art getrennt. Es ist ein weiteres Geschäftsfeld des Unternehmens: Das Recycling von Photovoltaikmodulen.

Solarstrom ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Um unabhängig von ausländischen Energielieferungen zu werden, baut Deutschland Photovoltaiklösungen mit größerer Geschwindigkeit als bisher aus. Die Module sind in den letzten Jahren moderner geworden. Daher ist zu vermuten, dass zukünftig ältere Solaranlagen ausgetauscht werden, um mit leistungsfähigeren Zellen mehr grünen Strom auf derselben Fläche zu erzeugen. LuxChemtech möchte diese potentiellen Rohstoffquellen erschließen, aus denen sich das Second Hand-Silizium und andere wertvolle Materialien herstellen lässt. Gleichzeitig gehen die Gründer von einer stärkeren Nachfrage an recyceltem Material aus. Diese Kombination ist eine ideale Voraussetzung für Ihr Konzept.

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Der KfW Award Gründen zeichnet in jedem Jahr 16 Landessieger und einen Bundessieger für ihre Geschäftsideen aus.

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Der nächste Schritt: Die Skalierung

Dass die von LuxChemtech durch weltweite Patente geschützten Technologien funktionieren, konnte in Freiberg bewiesen werden. Jetzt steht die Industrialisierung auch für das Photovoltaikrecycling an. Dazu plant das Unternehmen eine Anlage in Tangermünde, Sachsen-Anhalt. Sie soll wesentlich mehr Reststoffe annehmen und verarbeiten. Der Ort ist strategisch gewählt. Denn wo viele Tonnen Solarmodule recycelt werden, bleiben 90 % Glas übrig. In Tangermünde kann dieses auf kurzem Weg wieder direkt an die umliegenden Glaswerke abgegeben werden.

Es ist eine spannende und herausfordernde Zeit für die Unternehmer. Ihr Vorhaben braucht Platz, Maschinen und viel Kapital. Die Corona-Pandemie hat auch ihren Betrieb getroffen und die Planzahlen durcheinandergebracht. Wolfram Palitzsch sagt: „Als Angestellter hatte ich eine sehr gute Position und meine Zeit bis zur Rente war überschaubar. Doch nun gibt es die Möglichkeit, noch einmal ganz selbstbestimmt zu arbeiten und all meine Kenntnisse einzubringen. Kreislaufwirtschaft ist möglich und sie kommt uns allen zugute. Die Chance, hier viel zu bewegen, will ich nicht verstreichen lassen.“

Auf KfW Stories veröffentlicht am 25. Oktober 2022