Tierwelt Galapagos
Naturschutz

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Ein Paradies in Not

Die Galapagosinseln sind berühmt für ihre einzigartige Tierwelt. Doch durch die steigende Zahl von Touristen und Bewohnern auf der Inselgruppe wird ihr Lebensraum bedroht. Nun sollen dezentrale Kläranlagen helfen, das fragile Ökosystem des Archipels zu schützen.

Massgeschneiderte Lösung

Umweltingenieur Max Martin erläutert, wie das Abwasser auf den Galapagosinseln gereinigt wird (KfW Bankengruppe/Alexandra Frank).

Mitten im Paradies, nur ein paar Meter neben der türkisblauen Lagune Las Ninfas, wo Mangroven wuchern und Seehunde ihre Runden drehen, tuckert es leise. Das Geräusch kommt von vier großen Tanks, gut versteckt unter der Holzterrasse eines Hotels, gleich neben dem Pool und den Sonnenliegen der Gäste. „Damit sichern wir unsere Zukunft“, sagt der Hotelier Juan Pablo Larraga Herrera stolz und deutet auf die Anlage. Seit gut anderthalb Jahren läuft die Kläranlage im Hotel Fiesta, das mit 30 Zimmern eine der größten Unterkünfte auf den Galapagosinseln ist. „Unsere Gäste kommen her, um die einzigartige Natur und die Tiere unseres Archipels zu besuchen“, sagt er. „Also müssen wir diese auch schützen.“

Die auf den Galapagosinseln innovative Kläranlage ist Teil eines Pilotprojekts zum nachhaltigen Wassermanagement auf Santa Cruz, der zweitgrößten und bevölkerungsreichsten Insel des Archipels. Errichtet wurde dieser Schritt in die Zukunft von der Firma ATB Water aus Porta Westfalica; gefördert mit 198.000 Euro von der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft – im Rahmen des develoPPP.de-Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Staunzahl Galapagos

„Bisher wird das meiste Wasser auf den Galapagosinseln nicht wieder aufbereitet, denn es gibt auf Santa Cruz keine zentrale Kläranlage“, erklärt ATB-Projektleiter Thomas Gester. Das Abwasser versickert entweder fast ungeklärt in das Lavagestein und weiter durch den porösen Untergrund ins Meer oder es wird direkt in den Pazifischen Ozean geleitet.

Damit werden nicht nur die knappen Süßwasserressourcen der Menschen gefährdet, sondern auch die Welt der sensiblen Meeresbewohner: mehr als 500 Fischarten – darunter über 50 Arten von Haien und Rochen –, Muscheln, Schnecken und Seesterne, dazu Schildkröten und Meeresleguane sowie Seelöwen, Seehunde und Meeresvögel, die der Umweltverschmutzung durch unbehandeltes Abwasser ausgesetzt sind.

ATB, deutsche Marktführerin für kleine Kläranlagen, setzt deshalb gemeinsam mit ihrem lokalen Kooperations- und Vertriebspartner Caduceus sowie dem auf Pflanzenkläranlagen spezialisierten Ingenieurbüro Blumberg auf dezentrale Systeme.

Viele Vorzüge

Was sich im Hotel Fiesta durch den Einbau der Kläranlage verändert hat (KfW Bankengruppe/Alexandra Frank).

Die Kläranlagen von ATB haben dabei den Vorteil, dass sie in bereits vorhandene einfache Mehrkammergruben integriert werden können, wie beim Hotel Fiesta. Dort wurde eine bestehende Dreikammergrube angepasst und neben der biologischen Reinigung auch eine nachgeschaltete UV-Desinfektion mit Sandfilter eingesetzt.

„Es ist wichtig, dass das Fiesta als erstes Hotel in Lagunennähe eine ökologische Abwasserbehandlung installiert hat“, sagt der deutsche Umweltingenieur Max Martin von der Firma Orcatec, der für ATB und Caduceus vor Ort die Anlagen vertreibt und wartet. „Dies bewegt hoffentlich auch die angrenzenden Gästehäuser, Abwasser ordnungsgemäß zu behandeln.“

In den bewohnten Orten der Inseln, die am Äquator rund 1.000 Kilometer westlich von Ecuador liegen, herrscht Platzmangel. 97 Prozent der Landfläche gehören zum Nationalpark und unterliegen damit strengen Auflagen. Der Raum, der für die stetig wachsende urbane Besiedlung zur Verfügung steht, ist damit sehr begrenzt.

Hotelier Juan Pablo Larraga Herrera, Galapagos
Durchdachte Lösung

Hotelier Juan Pablo Larraga Herrera vor seinem Pool. Dahinter liegen gut versteckt die Tanks der Kläranlage.

Auch Hotelier Juan Pablo Larraga Herrera war deshalb auf eine platzsparende, kostengünstige Lösung angewiesen. Für ihn hat die Kläranlage – abgesehen vom Schutz der Umwelt – auch einen praktischen Nutzen. Früher musste das Hotel regelmäßig einen Tankwagen kommen lassen, um die einfachen Gruben, in die das Abwasser zuvor gelaufen ist, auspumpen zu lassen. Das stank, machte Lärm und verärgerte die Gäste. „Heute sparen wir uns nicht nur diese lästige Prozedur“, sagt er, „sondern haben außerdem Nutzwasser, das wir zum Bewässern unserer Parkanlage und zum Reinigen benutzen können.“ Eine Innovation auf den Galapagosinseln, wo Wasser so gut wie gar nicht wiederverwertet wurde.

Auch in der Fischfabrik Copropag, wie das Hotel Fiesta in Puerto Ayora, Hauptstadt der Insel Santa Cruz, gelegen, plant man die Wiederverwertung des gereinigten Abwassers. Schon bald, so hofft der Geschäftsführer Fernando Brito, soll es als Spülwasser in den Sanitäranlagen des Betriebs zum Einsatz kommen. Im Rahmen des develoPPP.de-Projekts, das Ende 2017 erfolgreich abgeschlossen wurde, entstand auf dem Fabrikgelände eine zweite Demonstrationsanlage. Ein System, das eine mechanische Vorreinigung mit einer Pflanzenkläranlage verbindet und somit ein weiteres Verfahren zur Wiederaufbereitung von Abwässern erproben soll.

Pflanzen klären Wasser

Die Fischfabrik auf Santa Cruz setzt auf eine innovative Methode, um ihr Abwasser zu reinigen (KfW Bankengruppe/Alexandra Frank).

„Das Abwasser einer Fischfabrik, in das sich Fette, Blut und Schuppenreste gemischt haben“, erklärt Max Martin, „stellt eine besondere Herausforderung für die Behandlung dar.“ Vorteile einer Pflanzenkläranlage sind, dass sie umweltfreundlich, robust und wartungsarm ist, da sie sich selber justieren kann. Selbst wenn die Pflanzen nicht von Abwasser gespeist werden, etwa an Feiertagen, überleben sie aufgrund des Regens und der hohen Luftfeuchtigkeit trotzdem. „Allerdings braucht die Anlage im Vergleich zu einer mechanischen mehr Platz“, sagt Max Martin und zeigt auf ein Areal am Rande des Firmengeländes, wo Zuckerrohr, Maniok, Schilf und Bananen in sechs großen Pflanzenbecken wachsen.

Bevor das Abwasser in der Pflanzenkläranlage biologisch gereinigt wird, durchläuft es einen
Fettabscheider und ein Bogensieb um Fette und Feststoffe abzutrennen. Hat es alle Klärprozesse durchlaufen, ist es nicht nur klar und geruchsneutral, sondern würde – wie das gereinigte Wasser im Hotel Fiesta – auch deutsche Abwassernormen erfüllen. Eine umweltfreundliche Lösung für ein Unternehmen, das zuvor sein Abwasser ungefiltert ins Vulkangestein geleitet hatte. Strengere Umweltauflagen für das Exportgeschäft zwangen die Fischfirma zum Handeln.

Wir finanzieren

Die KfW-Tochter DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft – finanziert, berät und begleitet private Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern tätig sind.

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„Wir sollten als Unternehmen auch Vorreiter für andere Betriebe sein“, sagt Geschäftsführer Fernando Brito. Noch immer ist Abwasser bei vielen Firmen und Hotels kein Thema, da eine gesetzliche Pflicht zu dessen Behandlung fehlt. „Viele lehnen sich zurück und hoffen auf eine zentrale Abwasserlösung“, sagt Hannes Poehlmann, Geschäftsführer von Caduceus. Die ist teuer und lässt auf sich warten.

Das war ein wichtiger Grund für das Engagement der KfW-Tochter DEG: „Unsere Erwartung an das Vorhaben war, dass diese private Initiative Vorbildcharakter entwickelt“, erläutert Claudia Makowski, Senior Investment Managerin bei der DEG, zuständig für das develoPPP-Projekt. Tatsächlich konnten bereits während der Projektlaufzeit zwei weitere Anlagen in einem Hotel und in einem Mehrfamilienhaus realisiert werden.

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Quelle
Cover CHANCEN „Innovation“

Der Artikel ist erschienen in CHANCEN Frühjahr/Sommer 2018 „Neue Ideen erhellen die Welt“.

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Die zunehmend strengeren Umweltauflagen für Tourismusunternehmen und Gästehäuser dürften weitere Verantwortliche zum Nachdenken bringen. Zumal auch der persönliche Nutzen einer eigenen Kläranlage unbestritten ist, weil das gereinigte Wasser wiederverwendet werden kann.

ATB und ihre Partner haben ein Handbuch erstellt, in dem die beiden Systeme vorgestellt werden, und es an mehr als 50 Betriebe auf den Galapagosinseln verschickt, darunter auch an die Charles-Darwin-Forschungsstation, in der Wissenschaftler aus der ganzen Welt das fragile Ökosystem der Inseln erforschen. Mit Erfolg. In diesem Jahr sollen drei Hotels und ein Neubaugebiet folgen, die auf die Techniken von ATB und deren Partnern setzen.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 3. April 2018

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.