Superseven stellt Verpackungen aus kompostierbarem Material her
Natürliche Ressourcen

Natürliche Ressourcen

Abkehr vom Abfall

Wollen wir in Zukunft in einer intakten Umwelt leben, muss das Müllaufkommen drastisch reduziert werden. Deshalb investiert die KfW nun mit weiteren Partnern Milliarden in die europäische Kreislaufwirtschaft.

Zu den Personen
Porträt von Denzer-Speck und Kiehl

Kerstin Kiehl führt das Team Energie, Umwelt und Kommunen bei KfW Research. David Denzer-Speck leitet das KfW-Büro in Brüssel.

Die KfW will das Thema Kreislaufwirtschaft stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Wie genau?

DAVID DENZER-SPECK: Indem wir die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Priorität in Europa machen. Wir haben mit Förderbanken aus Polen, Frankreich, Italien und Spanien sowie der Europäischen Investitionsbank die Joint Initiative on Circular Economy (JICE) gegründet. Gemeinsam werden wir die Umstellung auf ein Wirtschaften ohne Abfälle, bei dem die vorhandenen Ressourcen wieder und wieder verwendet werden, in den nächsten fünf Jahren mit Finanzierungen von insgesamt zehn Milliarden Euro unterstützen. Dabei geht es aber nicht allein ums Recycling.

Sondern?

KERSTIN KIEHL: Das Konzept der Circular Economy geht weg vom derzeit weltweit vorherrschenden linearen Wirtschaftsmodell des „Produzieren – Nutzen – Wegwerfen“, hin zu geschlossenen Kreisläufen. Dafür sind gravierende Änderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette notwendig.

Kreislaufwirtschaft als Schlüssel
Infografik zur Circular Economy

KfW-Expertin Anke Brüggemann fasst zusammen, wie der Wandel zur Kreislaufwirtschaft gelingen kann.

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Gibt es in der EU tatsächlich noch so viele Defizite?

KIEHL: Im Dezember 2015 hat die EU einen wichtigen Impuls gesetzt. Die EU-Kommission veröffentlichte den „EU Action Plan for the Circular Economy“, der den Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft in der EU fördern soll. Dass Europa erst am Anfang eines langfristigen Prozesses steht, verdeutlicht folgende Zahl: 2016 stammten durchschnittlich nur zwölf Prozent der in der EU eingesetzten materiellen Ressourcen aus Recyclingprodukten und zurückgewonnenen Materialien.

Was verhindert denn, weiter zu sein?

KIEHL: Wesentliche Hemmnisse auf dem Weg zu einer kreislauforientierten Wirtschaft sind im Vergleich zum hochwertigen Recycling billigere Abfallentsorgungsmöglichkeiten wie Müllverbrennung, niedrige Preise für Primärrohstoffe sowie eine zu geringe Nachfrage nach Recyclingprodukten.

Teller aus Pflanzenfasern
Aus Wasser und Agrarabfällen

Das deutsche Unternehmen Bio-Lutions kauft indischen Kleinbauern ungenutzte Agrarreste ab und produziert daraus Geschirr und Verpackungsmaterial.

Wo entlang der Wertschöpfungskette könnte die KfW einen konkreten Beitrag leisten?

DENZER-SPECK: Überall, von zirkulärem Design über Produktion hin zu Nutzung und Wiederverwertung. Die KfW ist bereits gut aufgestellt in den Bereichen Abwasser und Abfall mit dem Umweltprogramm oder dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesumweltministeriums. Wir wollen Unternehmen und Kommunen darüber hinaus verstärkt die Möglichkeiten aufzeigen, wie sie Kreislaufwirtschaft über KfW-Programme ab Beginn der Wertschöpfungskette finanzieren können, etwa mit dem „Unternehmerkredit Digitalisierung und Innovation“, wenn es um Investitionen in innovative Produktlösungen geht, oder mit dem „Programm Energieeffizienz“, wenn die Abwärme genutzt werden soll.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Infografik Kreislaufwirtschaft
Quelle
Cover Chancen

Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2019 „Wendezeiten“.

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Ist die Förderung von Innovation auch ein wichtiger Aspekt?

DENZER-SPECK: Indem Unternehmen in Design von Produkten und Prozessen investieren, steigern sie ihre Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem verringert eine kreislauforientierte Wirtschaft die Abhängigkeit von Rohstoffimporten und ermöglicht Wachstum ohne zusätzlichen Ressourcenverbrauch. Das wichtigste Ziel ist aber der Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Wie realistisch ist es, dass die Initiative in absehbarer Zukunft Früchte trägt?

KIEHL: Der Impuls der EU zu mehr Circular Economy wird durch die Initiative aufgegriffen und umgesetzt. Wir gehen davon aus, dass die Bündelung der Förderung durch JICE zu einem weiteren Umdenken und einer größeren Nachfrage nach entsprechenden Produkten führen wird. Und wir hoffen, dass uns mit den Ansätzen zur Kreislaufwirtschaft auch Technologietransfer in Länder außerhalb der EU gelingt.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 3. Dezember 2019.