Der Ausbau der Erneuerbaren Energien spielt für Deutschland eine herausragende Rolle bei der Energiewende und dem Erreichen der nationalen Klimaziele. Bereits am Ende des Jahrzehnts soll ihr Anteil auf bis zu 80 Prozent gestiegen sein. Die KfW unterstützt die nachhaltige Transformation im Energiebereich auf vielfältige Weise.
Im Südwesten von Schleswig-Holstein – zwischen Brunsbüttel und Itzehoe – entsteht gerade eines der wichtigsten Energiedrehkreuze Europas. Hier in der Wilstermarsch, nur ein paar Kilometer von Deutschlands tiefster Landstelle (3,5 Meter unter NN) entfernt, ging im Jahr 2021 das Umspannwerk (Konverter) für NordLink in Betrieb.
NordLink - Die grüne Stromautobahn
(Quelle: KfW / Detlev Karres / Thomas Schuch)
In Wilster beginnt und endet zugleich die über 620 Kilometer lange „Stromautobahn“ zwischen Deutschland und Norwegen, die von den norwegischen Bergstauseen und Fjorden, quer durch die Nordsee und das nordfriesische Wattenmeer, unter dem Nord-Ostsee-Kanal hindurch und bis kurz vor die Elbe gebaut worden ist. Über ein neuartiges Hochspannungskabel (HGÜ) werden in beide Richtungen zuverlässig bis zu 1,4 Gigawatt Strom übertragen und damit mehr als 3,6 Millionen Haushalte versorgt.
Die Verbindung von norwegischer Wasserkraft und deutscher Windenergie bietet viele Vorteile für beide Länder: Wenn in Norddeutschland ein Überschuss an Windenergie erzeugt wird, kann dieser über NordLink nach Norwegen übertragen werden. Die hochgelegenen norwegischen Stauseen dienen dann als "Ökostrom-Akkus" für den grünen Windstrom - und umgekehrt importiert Deutschland bei hohem Bedarf Strom aus dem Norden, der von leistungsfähigen Wasserkraftwerken erzeugt wurde.
NordLink erhöht damit nicht nur die Versorgungssicherheit in beiden Ländern, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Senkung der CO₂-Emissionen und damit zur Erreichung der europäischen Klimaschutzziele.
HGÜ-Kabel
Aufgrund der Streckenlänge wird zur Stromübertragung durch die beiden Kabel (Plus- und Minuspol), die mit Konverterstationen an jedem Ende verbunden sind, Gleichstrom verwendet.
Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) kann, im Gegensatz zu vergleichbaren Wechselstromverbindungen, mit deutlich geringeren Energieverlusten bei gleicher Leistung über große Entfernungen transportiert werden.
Bei NordLink stehen die Konverterstationen in Wilster und im norwegischen Tonstad. An diesen Standorten wird der Strom von Gleich- in Wechselstrom (bzw. umgekehrt, je nach Übertragungsrichtung) umgewandelt und in das deutsche bzw. norwegische Übertragungsnetz eingespeist, um Haushalte und Unternehmen mit Strom zu versorgen.
Mit NordLink gibt es jetzt erstmals auch zwischen Deutschland und Norwegen einen Interkonnektor der beide Strommärkte verbindet. Zuvor hatten die Niederlande mit Norwegen bereits ein ähnliches Projekt realisiert.
Europäisches Verbundnetz
In der Europäischen Union sind die Übertragungsnetze aller Länder mit sog. Interkonnektoren verbunden. Sie ermöglichen einerseits einen grenzüberschreitenden Stromhandel und erhöhen andererseits die Versorgungssicherheit.
Die nationalen Übertragungsnetze und die verbindenden Interkonnektoren zwischen den Ländern bilden gemeinsam das europäische Verbundnetz. Deutschland liegt aufgrund seiner geografischen Lage im Zentrum und ist deshalb eine Art Drehscheibe für Strom aus vielen anderen europäischen Ländern. Entsprechend gut ist Deutschland mit Interkonnektoren ausgestattet – besonders an den Grenzen nach Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Frankreich.
Der NeuConnect Interkonnektor (Baustart: Mai 2024 in Wilhelmshaven), die erste direkte Stromverbindung zwischen Deutschland und Großbritannien, wird bis 2028 zwei der größten Energiemärkte Europas über eine 725 km lange HGÜ-Leitung miteinander verbinden. Ähnlich wie bei NordLink können dann bis zu 1,4 Gigawatt Strom in beide Richtungen transportiert werden und bis zu 1,5 Millionen Haushalte versorgen.
Deutsch-Norwegische Projektpartnerschaft
An NordLink sind, neben der KfW, die beiden Übertragungsnetzbetreiber (engl. TSO= Transmission System Operator) Statnett (Norwegen) und TenneT (Deutschland) maßgeblich beteiligt. Das Vorzeigeprojekt wurde nach nur fünfjähriger Bauzeit und im vorgesehenen Kostenrahmen von gut 1,7 Milliarden Euro fertiggestellt.
Für Harvard Stein Auno (Projektleiter NordLink bei Statnett) war nicht zuletzt die Beteiligung der KfW an diesem komplexen und länderübergreifenden Projekt essenziell für den Erfolg:
"Dies war das erste Mal, dass wir andere Investoren als die Übertragungsnetzbetreiber wie TenneT und Statnett hatten. Als die KfW in das Projekt einstieg, war das ein echter Mehrwert, weil die KfW die Dinge aus einer etwas anderen Perspektive sah als die Übertragungsnetzbetreiber.“
im Kooperationsvertrag wurde zwischen Norwegen und Deutschland eine 50:50-Partnerschaft vereinbart. Statnett ist zur Hälfte Eigentümer von NordLink, während die andere Hälfte auf deutscher Seite von KfW und TenneT, im Rahmen einer eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft, gehalten wird.
"Mit NordLink hat die KfW eines der Leuchturmprojekte der europäischen Energiewende mitfinanziert"
KfW-Vorstandsvorsitzender Stefan Wintels bezeichnet NordLink als eines der Leuchtturmprojekte der europäischen Energiewende und ist sich sicher, dass die Transformation auch in diesem Bereich gelingen wird:
"Ich bin fest davon überzeugt, dass schon am Ende dieses Jahrzehnts für die Menschen sichtbar sein wird, dass wir bei der notwendigen Dekarbonisierung entscheidend vorangekommen sein werden.
Gemeinsam mit ihren Partnern unterstützt die KfW maßgeblich die nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland, Europa und der Welt".
Für Professor Harald Lesch, vielfach ausgezeichneter Physiker und bekannter Wissenschaftsjournalist ("Leschs Kosmos" und "Terra X"), ist NordLink geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie mit Strom aus Erneuerbaren Energien, der überdies sogar gespeichert werden kann, eine ökologische Transformation in ein dekarbonisiertes Zeitalter erfolgreich gelingen kann.
Den Beitrag der KfW bei derart komplexen und zudem länderübergreifenden Projekten wie NordLink bezeichnet Professor Lesch als unverzichtbar:
"Wir müssen ja bei sehr vielen Investitionen überhaupt erst mal anfangen damit. Und für diese Anfänge ist eine Einrichtung wie die KfW ganz wichtig."
Das grüne Kabel zwischen Deutschland und Norwegen
Nordsee
Offshore-Windparks vor der deutschen Küste liefern über ein Seekabel den Strom in die deutschen Netze und über NordLink bei Bedarf nach Norwegen.
Übertragungsnetzbetreiber TenneT
Auf dem TenneT-Campus in Lehrte bei Hannover steht die Schaltzentrale des Übertragungsnetzbetreibers, von der aus die Netze und die Konverterstationen in Norddeutschland gesteuert werden.
Die Schaltzentrale ist gleichsam das Gehirn von TenneT. Auf Dutzenden von Monitoren wird die Stromversorgung von über 24 Millionen Endkunden in Deutschland koordiniert. Das TenneT-Gebiet reicht von den Offshore-Windparks in der Nordsee über Niedersachsen und Hessen bis nach Bayern.
Oberste Priorität hat in der Schaltzentrale die Netzstabilität. In ganz Europa liegt die standardisierte Stromfrequenz bei genau 50 Hertz. Geringfügige Schwankungen sind problemlos, treten aber permanent auf, so dass Übertragungsnetzbetreiber wie TenneT ständig die Frequenz normalisieren müssen.
Neben TenneT TSO, gibt es mit 50Hertz, Amprion und TransnetBW noch drei weitere Übertragungsnetzbetreiber, die Deutschland in vier große Gebiete, sogenannte "Regelzonen" aufgeteilt haben.
Bereits im Jahr 2018 hat die KfW im Auftrag der Bundesregierung 20 Prozent Anteile an 50Hertz von einem belgischen Unternehmen übernommen. Seit November 2023 hat der Bund über die KfW zudem auch noch einen Minderheitsanteil von 24,95 Prozent der TransnetBW erworben.
Offshore-Windenergie
Wenige Kilometer vom NordLink-Umspannwerk Wilster entfernt, nahe des Zusammenflusses von Nord-Ostsee-Kanal und Elbe, stehen in der Nähe von Brunsbüttel weitere Umspannwerke von TenneT. Über Seekabel wird der Strom von den großen Offshore-Windparks in der Nordsee über 200 Kilometer zum Festland transportiert und anschließend von Gleichstrom in Drehstrom umgewandelt.
Die derzeit 13 Offshore-Windparks in der Nordsee stellen aktuell mehr als 8 GW Kapazität zur Verfügung. Schon bis 2031 sollen es mindestens 30 GW sein, um die gesteckten Ziele zu erreichen.
Grünes Kraftwerk Nordsee
In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird es besonders in Deutschland und Europa einen massiven Ausbau bei den Erneuerbaren Energien geben, um dem stetig wachsenden Bedarf nach grünem Strom nachzukommen. Allein bei der Offshore-Windenergie haben sich Deutschland und andere Nordseeanrainerstaaten, wie die Niederlande, Belgien und Dänemark darauf verständigt, gemeinsam bis zur Mitte des Jahrhunderts Offshore-Windenergie mit einer Gesamtkapazität von bis zu 150 GW aufzubauen.
Die beiden Nicht-EU-Mitgliedstaaten Norwegen und Großbritannien haben bereits ähnlich ehrgeizige Pläne entwickelt. Die Nordsee wird dadurch immer mehr zum zukünftigen grünen Kraftwerk für Europa.
Die Transformation im Energiebereich wird auch hier in wenigen Jahren voranschreiten und die fossilen Energien wie Erdgas und Erdöl schrittweise ersetzen bzw. überflüssig machen.
SuedLink
Nur wenige Meter vom NordLink-Konverter entfernt, entsteht direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Umspannwerk für SuedLink, das ab 2028 den Strom aus Erneuerbaren Energien über zwei verschiedene Erdkabelleitungen nach Süddeutschland transportieren wird. Die eine SuedLink-Leitung reicht über 550 Kilometer von Wilster bis in die Nähe von Schweinfurt in Bayern.
Zeitgleich wird eine zweite SuedLink_Leitung von Brunsbüttel an der Elbe über 700 Kilometer bis an die Stadtgrenze von Heilbronn in Baden-Württemberg gebaut. Mit einer Übertragungskapazität von 4 Gigawatt und einer geplanten Investitionssumme von 10 Milliarden Euro ist SuedLink das bisher größte Infrastrukturprojekt der deutschen Energiewende. Noch vor Ende des Jahrzehnts werden dann nicht nur Norwegen und Norddeutschland, sondern auch die südlichen Bundesländer über eine leistungsfähige Stromautobahn miteinander verbunden sein.
SuedLink
SuedLink besteht aus zwei Gleichstrom-Übertragungsleitungen, die parallel geplant, gebaut und ab Ende 2028 betrieben werden. Beide Verbindungen werden über einen Großteil ihrer Strecke, der sog. Stammstrecke, nebeneinander verlegt.
Mehr erfahrenAm Bau von SuedLink sind TenneT und TransnetBW beteiligt. Die beiden Übertragungsnetzbetreiber haben sich das Projekt horizontal auf der Höhe von Hildesheim in Niedersachsen aufgeteilt. TenneT ist für den nördlichen Trassenabschnitt und die Konverter in Schleswig-Holstein und Bayern verantwortlich. In den Bereich von TransnetBW fallen der südliche Trassenabschnitt und der Konverter in Baden-Württemberg.
Im Herbst 2024 haben in zwei SuedLink-Abschnitten in Niedersachsen und Baden-Württemberg bereits die ersten Bauarbeiten begonnen. Die besonders aufwändigen Arbeiten an der Elbunterquerung (ElbX) sind ebenfalls schon planmäßig vorangeschritten.
"Apollo-Programm" Energiewende
Für die Energiewende in eine klimaneutrale Zukunft bleiben Deutschland und Europa nur noch gut zwei Jahrzehnte. Die entscheidenden Grundlagen dafür werden aber jetzt gelegt.
Professor Harald Lesch ist überzeugt davon, dass es für den Erfolg dieser Jahrhundertaufgabe absolut unerlässlich ist, die Menschen dafür zu begeistern, dass die nachhaltige Transformation mit regenerativen Energien unsere Lebens- und Wirtschaftsbedingungen schon in naher Zukunft verbessern wird:
"Wir brauchen tatsächlich so etwas wie eine große Erzählung, wie es heute in den Wissenschaften genannt wird. Ein Narrativ, dass aus der Energiewende etwas Positives wird. Im Grunde so was wie ein Apollo Projekt.
Es muss klar sein: dieses Land, dieser Kontinent macht sich auf, um eine völlig neue Transformation durchzuführen, die es so noch nie gab. Nicht in der Größe, nicht in der Wucht, nicht in der Intensität. Das heißt, an allererster Stelle ist es wichtig, dass die Leute davon profitieren können.
Wenn es uns gelingt, diese Erneuerbaren Energien umzuwandeln und dann auch eben zu speichern, dann sehe ich eigentlich recht positiv in die Zukunft."
Auf KfW Stories veröffentlicht am 17. November 2023, aktualisiert am 24. Oktober 2024.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 7: Nachhaltige und moderne Energie für alle
Knapp 80 Prozent der weltweit erzeugten Energie stammt immer noch aus fossilen Energieträgern. Aus der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen unter anderem Kosten für das Gesundheitssystem aufgrund der Luftbelastung und Kosten wegen Klimaschäden, die der Allgemeinheit und nicht nur den Verursachern schaden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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