Ackerdemia legt mit Schulkindern Gemüsebeete an
Bildung

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Ackern auf dem Schulhof

Für viele Stadtkinder ist nicht mehr sichtbar, woher die Lebensmittel auf ihren Tellern stammen. Ein Projekt aus Brandenburg will das ändern: Ackerdemia legt mit Schulkindern Gemüsebeete an und überzeugte die Jury beim KfW Award Gründen. Das Projekt wurde mit dem Sonderpreis Social Entrepreneurship 2018 ausgezeichnet.

Ausgezeichnet

Das Projekt Ackerdemia überzeugte die Jury und gewann beim KfW Award Gründen 2018 den Sonderpreis Social Entrepreneurship (KfW Bankengruppe/n-tv).

Vor dem Berliner Büro steht ein Spaten neben bunten Gummistiefeln. Drinnen streift Polly, ein Golden Retriever, durch den großen, sonnigen Raum. Dr. Christoph Schmitz klopft sich die Erde von den Schuhen. Gerade hat er noch ein bisschen Basilikum vom Beet auf dem Firmengelände geholt. Zwei Mitarbeiterinnen streuen es über den Salat und decken den großen Tisch im Vorraum. Es ist Mittag bei Ackerdemia.

„Ich bin mitten auf dem Feld und ohne Nachbarn groß geworden. Schon als kleines Kind habe ich Kartoffeln sortiert, und sobald ich über das Lenkrad schauen konnte, bin ich Trecker gefahren“, erzählt er lachend. „Oft kamen Schulklassen zu Besuch, um im Rahmen des Unterrichts etwas über Landwirtschaft zu erfahren. Sie haben dann die Kartoffeln fertig aus der Erde gezogen und daraus Pommes gemacht. Wie viel Mühe es macht, bevor alles gewachsen ist, wissen Kinder heute oft nicht mehr. Sie haben den Zugang zur Natur verloren und damit auch die Wertschätzung für unser Essen.“

Ackerdemia legt mit Schulkindern Gemüsebeete an
Gründer mit Erfahrung

Dr. Christoph Schmitz kommt vom Land, zu seiner Kindheit gehörten echte Trecker. Zusammen mit Ulrike Päffgen und Julia Krebs hat er Ackerdemia 2014 gegründet.

Hier setzt Ackerdemia an: Das Sozialunternehmen mit Sitz in Potsdam bietet mit der GemüseAckerdemie ein theorie- und praxisorientiertes Bildungsprogramm für Schulen und Kindergärten. Die Zusammenarbeit ist auf mindestens ein Jahr angelegt.

Dennoch, spricht man mit Schulen über grüne Lernorte, gibt es oft drei Einwände: kein Platz, keine Zeit, kein Geld. Doch kein Schulhof ist zubetoniert, es ist immer irgendwo eine Ecke mit Erde. Zur Not sind auch Hochbeete möglich. Für das Projekt reichen zwei Stunden in der Woche aus. Und nur ein Drittel der Kosten sind von den Schulen zu tragen. Die restliche Finanzierung erfolgt über Ackerdemia, unterstützt mit Geldern von Krankenkassen, Ministerien und Stiftungen. Die GemüseAckerdemie kann es daher überall geben.

Ackerdemia stellt umfangreiche Bildungsmaterialien zur Verfügung. In welchen Fächern das Konzept umgesetzt wird, entscheiden die Schulen – geeignet ist es für alle. So kann nicht nur Biologie auf dem Acker unterrichtet werden. An einer Schule in Mönchengladbach hat sich der Religionslehrer dafür eingesetzt. Gemüse zu ziehen ist schließlich die beste Form, etwas über Schöpfung zu lernen. Auch die Mathelehrerin schaut am Beet vorbei und rechnet mit den Schülern den Ertrag aus, die Kunst-AG sitzt auf dem Gras und zeichnet die Pflanzen.

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Ackerdemia legt mit Schulkindern Gemüsebeete an
Hege und Pflege

Kinder, die ein Beet selbst bestellt haben, entwickeln mehr Achtung für die Natur.

„Es gibt Teilnehmer, die sich für einen Schulgarten interessieren und zu Hause noch keine Pflanze groß bekommen haben. Das ist kein Hindernis, sondern eine tolle Voraussetzung! Denn sie lernen mit den Kindern gemeinsam, das schafft Vertrauen und ganz viel Zusammenhalt“, sagt Schmitz. „Neugier und Motivation ist alles, was sie brauchen.“ Regionalmanager unterstützen die Lehrerinnen und Lehrer und helfen bei Bedarf auch telefonisch weiter.

Ist das Gemüse reif, wird es von den Kindern nicht nur gegessen, sondern auch verkauft. Die Preise legen sie selbst fest, und sie organisieren den Vertrieb. Der Zusammenhang von Natur, Ernährung und Wirtschaft wird so viel besser verstanden als im normalen Unterricht.

KfW Award Gründen 2018

Am 11. Oktober 2018 wurden die 16 Landessieger und ein Bundessieger beim KfW Award Gründen (ehemals GründerChampions) für ihre Geschäftsideen ausgezeichnet. Ackerdemia erhielt den Sonderpreis Social Entrepreneurship.

Mehr erfahren

An 200 Schulen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz ist Ackerdemia aktiv, auch 80 Kindergärten nehmen am Programm teil. Das entwickelte Konzept wird regelmäßig umfangreich analysiert. Der aktuelle Wirkungsbericht zeigt, dass die Kinder nicht nur mehr über Lebensmittel wissen. Sie bewegen sich auch mehr in der Natur und ernähren sich besser. Ihr Handeln ist im Laufe der Projekte verantwortungsbewusster und sozialer geworden, und sie haben ein größeres Interesse und mehr Achtung für die Umwelt entwickelt. Dies tragen sie auch nach Hause. Die Befragung der Eltern hat ergeben, dass Ernährung und Natur einen größeren Stellenwert in der Familie erhalten haben.

Das Team von Ackerdemia schafft, was viele Kampagnen gegen das Wegwerfen von Lebensmitteln oder Aufrufe zu gesunder Ernährung nur bedingt leisten können. Schmitz ist überzeugt: „Wer ein selbst gezogenes Radieschen aus der Erde holt, schätzt es. Das ist der erste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit und einem bewussten Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen. Wir setzen uns dafür ein, dass ein Gemüsebeet so selbstverständlich zu einer Schule gehört wie der Matheunterricht, Sport oder Deutsch.“

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 16. Oktober 2018

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.