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KfW Capital

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Wie sich Hypatos KI zu Nutze macht

Das Potsdamer Start-up Hypatos will eine Zukunft ermöglichen, in der Künstliche Intelligenz (KI) Geschäftsabläufe beschleunigt und es Menschen ermöglicht, Entscheidungen zu treffen und innovative Lösungen zu entwickeln. Der VC-Fonds UVC Partners, in den auch KfW Capital investiert, hat das Potenzial des Unternehmens erkannt.

Blick durch eine Glasscheibe auf einen Raum mit Menschen

Eine Rechnung zu bearbeiten, ist für Firmen eine alles andere als banale, zugleich zeitaufwändige und teure Aufgabe. Zumindest wenn händisch vorgegangen wird. Geht die Rechnung per Brief oder auch digital ein, müssen viele Daten ins Buchhaltungssystem eingegeben werden: Mit Kundenname, Adresse, Kunden-, Auftrags- und Rechnungsnummer ist es nicht getan.

„Da sind ganz viele Schritte notwendig. Und viele Leute. Und nicht selten müssen Daten angepasst werden“, sagt Ulrich Erxleben. „Die Verarbeitung jeder Rechnung kostet im Schnitt 12 Euro.“

Fast sein gesamtes Berufsleben beschäftigt sich der gebürtige, 43-jährige Potsdamer mit Fragen des Rechnungswesens und einer möglichst hohen Effizienz: Im Betriebswirtschafts-Studium mit Schwerpunkt Rechnungswesen in St. Gallen, während der Promotion am Finanzlehrstuhl in Darmstadt, als Berater bei McKinsey und als Leiter des Nordamerika-Geschäfts beim Internet-Unternehmen Rocket Internet in den USA. 2013 kehrt Erxleben nach etlichen Jahren in Amerika nach Deutschland zurück und kümmert sich zunächst um Frühphaseninvestments des Medienunternehmens ProSiebenSat1.

Anfang 2015 macht sich der Master of Accounting and Finance und promovierte Finanzwissenschaftler gemeinsam mit einem Freund selbständig, gründet das Start-up SMACC. Ziel: Das autonome Verarbeiten von Finanzdokumenten. Zur Automatisierung solcher Prozesse setzen Erxleben und sein Team Künstliche Intelligenz (KI) für das Verständnis von Sprache und Text ein und forcieren das maschinelle Lernen aus Buchhaltungsdaten der Kunden. Mitte 2018 bringt SMACC die KI-Software auf den Markt und stellt KI-Modelle auf der Webseite zum Ausprobieren zur Verfügung. Die Resonanz ist unerwartet groß. Mittelständler, vor allem aber Großunternehmen reagieren.

„Da haben sich etliche gemeldet und festgestellt: Das funktioniert viel besser als unsere eigenen Automatisierungs-Systeme. Sie bräuchten aber eine Einbindung in ihr SAP-System.“
Portrait von Dr. Jörg Goschin
Dr. Jörg Goschin

Geschäftsführer von KfW Capital seit 2018.

Dieser Herausforderung stellt sich Erxleben und gründet Ende 2018 Hypatos mit Sitz in Potsdam - der Name folgt dem Namen der griechischen Mathematikerin Hypathia. Schnell fanden sich Venture Capital-Fonds, die das Potential von Hypatos erkannt haben, darunter auch UVC Partners, ein Münchner VC-Fonds, in den auch KfW Capital investiert ist.

„KI ist schon heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und hat enormes Potential unsere Welt nachhaltig zu verändern. Über unser Investment in UVC finanzieren wir z.B. mit Hypatos innovative KI-Lösungen für Mittelständler und große Unternehmen, die ihre Produktivität langfristig steigern wollen“, sagt KfW Capital-Geschäftsführer Dr. Jörg Goschin.
Foto von Hendrik Leitner, Head of Partnerships und Danail Delchev, Head of Partner Success Management sitzend am Tisch mit aufgeklappten Notebooks

Hendrik Leitner, Head of Partnerships und Danail Delchev, Head of Partner Success Management

Hypatos entwickelt seine Software mit Hilfe von KI zum Dokumentenverständnis immer weiter. Und das für die Verarbeitung von Finanzdokumenten aller Art - von Rechnungen, Reise- und Spesenabrechnungen, Kreditanträgen bis zur automatisierten Abwicklung von Versicherungsansprüchen.

„Wir helfen Unternehmen, die Produktivität ihrer Back-Office-Prozesse um das Fünf- bis Zehnfache zu steigern“, sagt Erxleben. „Unsere Produkte und Lösungen können Unternehmen auch vor doppelten Rechnungen oder verpassten Skonti und damit vor erheblichen finanziellen Verlusten bewahren“.
Zudem begegnet Hypatos hierzulande einem immer größeren Fachkräfte-Engpass. Buchhalter in Unternehmen sind häufig nahe dem Rentenalter, Nachwuchs ist rar. Da stopft die automatisierte Verarbeitung von Finanzdokumenten entstehende Lücken. Außerdem unterstützt Hypatos auch die für Unternehmen immer wichtigere ESG-Berichterstattung.

Längst sieht sich Erxleben mit seinem Team von rund 100 KI- und Software-Expertinnen und -Experten mit Büros in Potsdam, Berlin, New York, Miami und Wroclaw und mit Blick auf Asien als „Pionier im Bereich autonomer Finanzen“. Mittlerweile setzen rund 50 Konzerne mit Milliarden-Umsätzen und einer fünfstelligen Zahl von Beschäftigten auf die Dienste von Hypatos - branchenübergreifend und international. Dazu zählen Automobilkonzerne, Medien-Unternehmen und immer häufiger Firmen aus dem Gesundheitsbereich, erzählt Erxleben. Ob die Unternehmen die Effizienzgewinne auch an die Endverbraucher weitergeben, liegt logischerweise nicht in seiner Hand. Es könnte eine Folge sein. Aber klar ist für den Hypatos-Chef:

"Menschen können sich anderen und sinnvolleren Tätigkeiten widmen als Daten ab- und einzutippen.“

2024 will Hypatos weitere Mittel über eine B-Finanzierungen einwerben. Die weiter Entwicklung der KI-Technologie sei sehr teuer, sagt Erxleben. Dabei baut er weiter auf internationale, aber auch deutsche Risikokapitalgeber sowie öffentliche Institutionen. Letztere sollten nicht nur hierzulande Forschungsinstitute unterstützen, sondern verstärkt auch KI-Unternehmen, die bereits am Markt aktiv seien. Für den Standort Deutschland und gerade auch Potsdam hat Erxleben - auch vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen im Silicon Valley - ausdrücklich deutliches Lob übrig. Klar seien Amerikaner risikoaffiner, und Unternehmen und Unternehmer, die erfolgreich seien, gäben wiederum viel Geld an Startups. In Deutschland sei die Zurückhaltung größer. Deshalb hält es Erxleben für wichtig, dass KfW Capital nachhelfe und mit den Investments in VC-Fonds Impulse setze. Lohnend sei es auch hierzulande allemal.

„Der Technologie-Standort Deutschland ist fantastisch. Da geht was“. Für Startups sei der Großraum Berlin höchst attraktiv. „Ich bin aus guten Gründen aus den USA zurückgekommen.“ In Potsdam fühlt sich Erxleben mit Hypatos ‚pudelwohl‘.

Den zuletzt grassierenden Pessimismus in Deutschland teilt der agile Unternehmer ausdrücklich nicht.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 30. Januar 2024.