Agrar-Abfälle liegen aufgereit auf einem Tisch
KfW Capital

KfW Capital

Ein Start-up wird erwachsen

Beim Jungunternehmen Traceless Materials geht es nicht um kleines Karo, sondern das große Ganze. Das Start-up aus Hamburg hat der weltweiten Plastikverschmutzung den Kampf angesagt. Teamgeist, Hartnäckigkeit und eine solide Finanzierung gehören zur Erfolgsformel der Firma. 2025 wird mit der Eröffnung einer Demonstrationsanlage für die Produktion ein wichtiger Meilenstein erreicht.

Portrait von Anne Lamp, Gründerin von traceless materials GmbH
Traceless-CEO und Co-Gründerin Anne Lamp

„Unsere Motivation ist ein Urvertrauen in das Gute, das treibt uns immer wieder an.“

Auch rund fünf Jahre nach dem Start ist das Engagement des Traceless-Teams so stark wie am ersten Tag. „Was mich motiviert ist die Gewissheit, dass wir Plastikverschmutzung und Klimakrise stoppen können. Wir müssen unsere Ideen und Innovationen nur umsetzen. Wir arbeiten an einem Projekt, das zu 100 Prozent gut ist und nicht nur ein bisschen weniger schlecht“, sagt CEO und Co-Gründerin Anne Lamp. Die Basis des Projekts ist ein Material aus Naturpolymeren, das in der Umwelt verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen - nach zwei bis neun Wochen. Daher der Name Traceless. Als Rohstoff kommen Agrar-Abfälle zum Einsatz, die es praktisch in unbegrenzter Menge gibt. Es ist eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen.

Im Jahr 2025 wird mit der Eröffnung der Demonstrationsanlage ein entscheidender Meilenstein für das Start-up erreicht, seit Jahren fiebern die Mitarbeiter auf diesen Tag hin. Die Anlage ist so groß wie ein halbes Fußballfeld und wird eine Produktionskapazität von ein paar Tausend Tonnen Granulat haben. Die nächste Ausbaustufe ist dann die Industrieanlage, die soll 2028 in Betrieb gehen. Damit soll die Kapazität dann um den Faktor 30 gesteigert werden. „Mit der Industrieanlage wollen wir signifikante Skalenenffekte erreichen und auch relativ schnell in die Gewinnzone kommen“, sagt Finanzvorstand Jakob Röskamp.

Portrait von Jakob Röskamp, Gründer von traceless materials GmbH
Finanzvorstand Jakob Röskamp

Nur mit Partnern, die auch die Vision verstünden und teilten, könne man das so genannte „Valley of Death“ durchschreiten, also die Wachstumsphase eines Start-ups.

Enthusiasmus ist sicher eine wichtige Voraussetzung, um ein Projekt umzusetzen. Zum Erfolg gehört aber auch eine ausreichende Finanzierung. Chief Financial Officer Röskamp erläutert den Finanzierungs-Mix in Höhe von 36,6 Millionen Euro aus Eigenkapital, Fremdkapital und Zuschüssen. „An der Series A-Finanzierung waren auf der Eigenkapitalseite die finnische United Bankers FFIG, SWEN Blue Ocean aus Frankreich, die deutschen Risikokapitalgeber High-Tech Gründerfonds sowie Planet A Ventures und b.value beteiligt“. Enge Partnerschaften seien auf der Finanzierungsseite wichtig, das gelte für Traceless auch mit Blick auf die nächste Finanzierungsrunde. Nur mit Partnern, die auch die Vision verstünden und teilten, könne man das sogenannte „Valley of Death“ durchschreiten, also die Wachstumsphase eines Start-ups.

Über die VC-Fonds HTGF und Planet A ist KfW Capital indirekt an Traceless beteiligt. „KfW Capital investiert unter anderem in Climate Tech-Fonds. Damit die nachhaltige Transformation zu einem Erfolg werden und z.B. das Problem der weltweiten Plastikverschmutzung gelöst werden kann, benötigen wir auch im Bereich Kreislaufwirtschaft innovative Tech-Lösungen,“ sagt KfW Capital-CEO Dr. Jörg Goschin. KfW Capital investierte bislang in 134 VC-Fonds mehr als 2,5 Mrd. EUR; ein Fünftel der Fonds investiert in GreenTech.

Das Fremdkapital zur Finanzierungsrunde steuerten die GLS Bank und die Hamburger Sparkasse bei.

Demonstrationsanlage von traceless materials
Signifikante Skaleneffekte durch neue Demonstrationsanlage

Im Jahr 2025 wird mit der Eröffnung der Demonstrationsanlage ein entscheidender Meilenstein für das Start-up erreicht.

Man habe gelernt, dass Pläne dazu da sind, angepasst zu werden. Man unterschätze, wie komplex es ist, beispielsweise eine Series-A-Finanzierung zu erhalten, wenn man noch keine nennenswerten Umsätze aus der Produktion vorweisen kann, meint Röskamp. Es habe Herausforderungen gegeben, aber Aufgeben wollte man nie.

Die Mission von Traceless ist laut Mitgründerin Lamp ganz einfach. „Wir wollen einen echten Impact schaffen gegen die Plastikvermüllung weltweit.“ Ihre Motivation sei immer gewesen, dass man Dinge auch ganz anders machen kann. „Während des Studiums der Verfahrenstechnik habe ich mich gefragt, was mache ich hier eigentlich. Ich werde ausgebildet, um Pestizide herzustellen. Da habe ich zu mir gesagt: Das will ich nicht. Dann habe ich über zirkuläre Produktionsweisen gelesen und das war ein Schlüsselmoment für den Beginn der Mission“, sagt Lamp.

Kreislaufwirtschaft als Vorbild

Eine Pommes Gabel aus Naturpolymeren, das nach zwei bis neun Wochen in der Umwelt verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen.
Gegen Plastikverschmutzung und Klimakrise

Die Basis von Traceless ist ein Material aus Naturpolymeren, das nach zwei bis neun Wochen in der Umwelt verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen.

Mit der neuen Anlage erweitert sich für Traceless auch der Kreis der Partner. Bisher arbeitete das Team beispielsweise mit dem E-Commerce Unternehmen OTTO und dem Einzelhändler C&A zusammen, außerdem ist der Verpackungshersteller Mondi ein wichtiger Partner. Letzterer beschichtet Papier mit dem Traceless-Material. Angst vor Nachahmern hat das Start-up nicht, denn es sind insgesamt fünf Patente angemeldet, das schützt laut Traceless schon mal sehr umfassend das Geschäftsmodell. Außerdem habe man natürlich viel Prozess-Know-how gesammelt. Zudem spiele die neue Denkweise, Naturpolymere zu nutzen und auf den Markt zu bringen, bei den etablierten Chemiekonzernen überhaupt keine Rolle.

Es gebe mehrere Start-ups im Bereich Naturpolymere, die den Bedarf erkannt haben. „Ich würde aber selbstbewusst sagen, dass wir am weitesten sind, auch global“, so Lamp. Übrigens habe man mit der Natural Polymeres Group auch eine Art Interessenvertretung für diese innovative Materialklasse gegründet.

KfW Capital

investiert in deutsche und europäische Venture Capital-Fonds, die sich an Unternehmen in der Wachstumsphase in Deutschland beteiligen und so deren Kapitalbasis stärken.

Mehr erfahren

Auch mit der Politik haben die Traceless-Manager schon Erfahrungen sammeln können. 2023 wurde Co-Gründerin Lamp zum Chemiegipfel im Kanzleramt in Berlin eingeladen. Die Hauptforderung der großen Industriekonzerne seien damals niedrigere Energiepreise gewesen. „Aber ich wollte eine ehrliche Roadmap sehen, wie man die Chemieindustrie transformieren kann. Seitdem ist wenig passiert. Ich erwarte jetzt von der neuen Bundesregierung, dass sie das Thema Transformation der Industrie ernst nimmt und das ambitionierte Ziele formuliert werden, wie wir da hinkommen“, fordert Lamp. Klar sei aber auch, dass man das Problem nicht alleine lösen könne, es müssten viele Unternehmen an einem Strang ziehen.

Co-Gründerin Lamp weiß auch, warum fünf Jahre nach dem Firmenstart die Leistungsbereitschaft unverändert hoch ist. „Unsere Motivation ist ein Urvertrauen in das Gute, das treibt uns immer wieder an. Wir finden Lösungen, aber die Umsetzung der Ideen ist entscheidend. Wichtig ist, dass man immer mehr Menschen überzeugen kann, auf diesem Weg mitzugehen.“

Auf KfW Stories veröffentlicht am 6. Mai 2025.