KfW Award Bauen 2018 – Innenhof-Haus in München-Maxvorstadt
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Gut Holz im Hinterhaus

Mitten in München hat ein Paar ein fast ländlich anmutendes Innenhof-Haus gebaut. Belohnt wurde das Projekt mit dem 2. Preis Neubau beim KfW Award Bauen 2018.

Landhaus in der Stadt

Zuhause beim Zweitplatzierten: das Energieeffizienzhaus in München (KfW Bankengruppe/n-tv).

Ein kurzer Blick durchs Tor im Vorübergehen – und die Leute sind verzaubert: Wo sich in anderen Höfen Asphalt und schäbige Garagen breitmachen, lockt hier ein Gartenhof mit filigranem Holzhaus. Und das in der Münchener Maxvorstadt, einem der am dichtesten bebauten Quartiere der Republik. „Viele treten dann ein und staunen, dass so etwas möglich ist“, berichtet Mit-Bauherrin Sabine Krieger.

Das war auch Sinn der Sache. Als Stadträtin setzt sich Krieger seit langem für eine ökologische Nachverdichtung der Innenstadt ein. Ihr Mann und sie wollten hier ein Zeichen setzen für eine lebenswertere Stadt.

Das Faible der Kriegers für zeitgemäßen Holzbau teilen die Architekten Markus Kuntscher und Florian Heil, und so begann 2014 in der Zieblandstraße 28 eine fruchtbare Zusammenarbeit. Vorderhaus und Hof gehörten schon den Bauherren, doch der Weg zur Genehmigung eines neuen Hinterhauses war „steinig“, wie Jürgen Krieger resümiert. Nach Abriss der Garagen verlangte die Stadt eine Tiefgarage, die allein 800.000 Euro gekostet hätte. Man einigte sich mit Hilfe eines Anwalts, vier Autos im Haus in einer Duplexgarage zu stapeln. Und offiziell ist auch die Wiese im Hof ein Parkplatz. Der Baugrund mit seinem Trümmerschutt war schwierig, eine Gründung auf Bohrpfählen nötig. Zuvor musste nach Blindgängern gesucht werden.

KfW Award Bauen 2018 – Innenhof-Haus in München-Maxvorstadt
Familienfreundlich

Das Wohnen im Hof erfreut Eltern wie Nachwuchs.

Da auf drei Seiten die Nachbarhäuser direkt an der Grundstücksgrenze stehen, durften Öffnungen im Neubau nur zur vierten, südlichen Seite gehen, in Richtung des eigenen Vorderhauses. Und die Nachbarn gewährten den Bauleuten keinen Zutritt. Die gemauerte Rückwand ließ sich nur von einem am Kran hängenden Korb aus verputzen.

Der wurde indes auch für den Rest des Hauses gebraucht: Die Hofdurchfahrt war für die Holzbauer zu eng, und so schwebte der Bausatz geschosshoher Tafeln als großes „Puppenhaus“ (Sabine Krieger) übers Vorderhaus herab. Brettsperrholz war das Material der Wahl.

Die massiven Holzwände und -decken fügten die Zimmerer in zehn Tagen millimetergenau in den tragenden Rücken aus Dämmziegeln. Wie eine Bühne habe das Haus da gewirkt, sagen die Bauherren, die aus ihrer Wohnung im Vorderhaus die Abläufe stets verfolgen konnten.

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Kindgerecht

Die Kleinen können sich freier bewegen als andere Stadtkinder.

Dann aber kam die Loggia-Konstruktion auf der Südseite hinzu. Sie erst prägt das „Gesicht“ des Hauses. Dem Architekten Markus Kuntscher war es wichtig, „dass man hier ein Gebilde schafft, das nicht wie eine harte Mauer wirkt, sondern räumliche Tiefe entstehen lässt. Die Loggien sind hell; sie bestehen aus natürlich belassenen kräftigen Fichtenbalken und offenen Rosten aus Lärchenholz. Nach oben hin springen die Loggien von Etage zu Etage stets etwas weiter vor.

Erst dahinter liegt die eigentliche Wand, die gegen Kälte und Lärm schützt. Sie besteht aus geschosshohen Fenstertüren, deren Holzrahmen außen mit schwarzem Alublech verkleidet sind. So bilden sie einen dunklen Hintergrund für die hellen Loggien.

Die Treppe zu den beiden oberen Etagen liegt platzsparend an der Rückwand des Hauses. Sie ist ein Erlebnis für sich, wie sie da als „Himmelsleiter“ geradewegs einem Oberlicht zustrebt. Die unteren beiden Ebenen lassen sich bei Bedarf. Die Erdgeschosswohnung ist barrierefrei erreichbar.

„Wir lieben es klar, rein, auch puristisch, aber nicht wie im Bauhaus, sondern warm“, sagen die Bauherren. Jürgen Krieger war früher Kunstbuchverleger, heute ist er Coach. Seine Frau ist von Beruf Umweltjournalistin. Sie haben schon mal ein Holzhaus gebaut und wissen, was sie wollen.

Die KfW fördert

Die KfW unterstützt die energieeffiziente Sanierung von Bestandsimmobilien.

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So ist im Hof eine ganz eigene Stimmung entstanden. Auch wenn sich in den Häusern ringsum zig Bewohner stapeln, hat der Hof durch den Neubau und die sorgsame Bepflanzung mit Obstspalieren etwas Ländliches bekommen – luftige, auskragende Veranden dieser Art finden sich auch an oberbayerischen Bauernhäusern. Vielleicht ist es diese Erinnerung, die den kleinen Ort mitten in München für die Passanten so anziehend macht.

Der kompakte Bau ist aber nicht nur romantisch, sondern auch energetisch hocheffizient. Zu einem Passivhaus reicht es nur deshalb nicht, weil höhere Häuser ringsum zu viel Schatten werfen. Scheint aber die Sonne, gibt es dank einer dezentralen Lüftungsanlage und der auskragenden Loggia selbst unterm (von innen sichtbaren) Holzdach keine Probleme mit sommerlicher Überhitzung. Im Winter machen es Fernwärme und Fußbodenheizung warm unterm Parkett. Das Dach ist locker bepflanzt und ein Blickfang für die Bewohner des Vorderhauses. Familienfreundlich ist die neue Oase auch: Am Hof leben mittlerweile sieben kleine Kinder.

Quelle
Cover Bauen & Wohnen 2018

Dieser Artikel ist erschienen in bauen + wohnen 2018.

Zur Ausgabe

Projekt: Mehrfamilienhaus in Holz-Mischbauweise im Hinterhof
Lage: Zieblandstraße 28, München-Maxvorstadt
Baujahr: 2015
Bauherr: Jürgen Krieger
Architekten: Heim-Kuntscher Architekten
Energieberater: Alfred Seitz, TÜV-Süd
Fläche: Grundstück 720 m², Wohnfläche: 460 m²
Gesamtkosten/m2: 2.460 €
Qualitäten für die Bewohner: Drei Mietwohnungen im Stadtzentrum
Qualitäten für die Gesellschaft: Wohnungsbau im Zentrum statt in der Landschaft
Energiesparen: Mit Passivhaus-Komponenten, kompakte Gebäudeform, kontrollierte Lüftung, Fernwärme
Barrierearmut: Erdgeschoss barrierefrei, Hof schwellenfrei

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Mittwoch, 30. Mai 2018

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.