Blüte der Orchidee Tolumnia henekenii
Dominikanische Republik

Dominikanische Republik

Artenvielfalt im Solarpark

In der Dominikanischen Republik steht der größte Solarpark der Karibik. Dafür stellte die KfW-Tochter DEG einem deutschen Photovoltaikhersteller nicht nur das Kapital zur Verfügung, sondern sicherte vor Ort auch das Überleben seltener Pflanzenarten.

Botanischer Garten im Offset

Mitarbeiter des Botanischen Gartens befestigen eine Orchidee an einem Baum, hier soll sie weiter wachsen.

Tolumnia henekenii (siehe Bild oben) verdankt ihr Überleben einem interkontinentalen Kreditgeschäft. Die lilafarbene Orchidee erinnert mit ihrem gedrungenen Aufbau an eine Hummel. Wer sie in der freien Natur findet, darf sich glücklich schätzen. Denn Tolumnia henekenii ist ausschließlich auf der karibischen Insel Hispaniola, also den Territorien von Dominikanischer Republik und Haiti, beheimatet – und vom Aussterben bedroht. Der Mensch und fremde Arten haben sich auf der Insel ausgebreitet und die Orchidee fast völlig ausgerottet. Es gibt nur noch weniger als 200 Exemplare. Doch ein Großprojekt mit internationalen Partnern bietet dem Gewächs eine Chance.

Das fragile Geschöpf mit seinen rundlichen Blüten profitiert von einem ambitionierten Energieprojekt des Euskirchener Unternehmens F&S solar. Das Projektunternehmen aus der Eifel schuf in der Dominikanischen Republik einen Solarpark mit 215.000 Modulen und einer Leistung von 58 Megawatt – genug Leistung für 55.000 dominikanische Haushalte. Mit dem größten Solarpark der Karibik gewann der Inselstaat eine alternative Energieform: Sonnenenergie statt Schweröl. Auch für die Bevölkerung von Hispaniola hatte das Projekt positive Effekte, denn die KfW-Tochter DEG als Projekt- und Finanzierungspartner sorgt dafür, dass F&S solar dauerhaft internationale Umwelt- und Sozialstandards einhält. Und so nutzte das Bauvorhaben auch der Biodiversität, den Orchideen und Agaven und sogar den Vögeln.

Cacatica orchid

Die vom Aussterben bedrohte Orchideenart Tolumnia henekenii ist ein Epiphyt: Sie wächst auf Ästen und Zweigen anderer Pflanzen.

Strenge Auflagen für die Umwelt

Umwelt- und Sozialverträglichkeit stand noch nicht im Fokus, als F&S solar vor mittlerweile fünf Jahren im Kontakt mit örtlichen Partnern auf die Idee kam, einen Solarpark in Äquatornähe zu errichten. Der fast zwei Millionen Quadratmeter große Betrieb sollte in der tropisch savannenartigen Region von Montecristi im Nordwesten des Landes entstehen. Dort gibt es viel Sonne und viel niedrige, buschartige Vegetation. Georg Schmiedel, einer der beiden Geschäftsführer von F&S solar, erinnert sich an die ersten Gespräche vor Ort: „Als wir über Umweltauflagen sprachen, lachten die dominikanischen Gesprächspartner.“ Damals habe es geheißen: „Brennt das doch einfach weg!“

Die erfahrenen Projektplaner von F&S solar sahen das anders. Schließlich gehört Umweltschutz in Deutschland standardmäßig zu jedem Bauvorhaben, und auch in der Dominikanischen Republik gibt es nationale Regeln. Ein Faktor war allerdings noch entscheidender: F&S solar hatte die DEG als Finanzierungspartner gewonnen, mit an Bord waren auch die niederländischen und belgischen Entsprechungen, FMO und BIO. Die drei Gesellschaften stellten das Fremdkapital für den Solarpark zur Verfügung. Das allerdings unter klaren Bedingungen: „Wenn wir als DEG mitwirken, müssen sich unsere Kunden auch den strengen internationalen Standards für Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen“, sagt Meike Goetze, Vice President Sustainability bei der DEG.

Meike Goetze DEG
„Unsere Kunden müssen sich einer Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen.“

Meike Goetze, Vice President Sustainability bei der DEG

Für den Erhalt von Biodiversität sind die klaren Regeln der DEG eine gute Nachricht. Ein wichtiger Standard, an den sich die Kunden halten müssen, lautet IFC-PS6. Hinter dem sperrigen Akronym verbirgt sich die Anforderung der Weltbank, die Biodiversität und natürliche Ressourcen zu erhalten. Im Fall des Solarparks Montecristi hatte F&S solar bereits mit einem Partner in der Dominikanischen Republik den Flora- und Faunabestand erhoben. „Wir haben dann aber mit einem unabhängigen Partner eine weitere Studie aufgesetzt, um wichtige zusätzliche Faktoren zu berücksichtigen“, sagt Meike Goetze.

Solarpark Montecristi

Das Kraftwerk in der Dominikanischen Republik liefert genug Solarstrom, um 55.000 Haushalte zu versorgen.

Fruchtbare Zusammenarbeit mit Botanikern

Goetze weiß, dass es Planern mitunter schwerfällt, diese Vorgaben positiv zu sehen, denn es bedeutet Unsicherheiten, manchmal Verzug und Mehrkosten. Im Fall von F&S solar habe man schon früh gut kooperiert, und das, obwohl enormer wirtschaftlicher Druck auf dem Projekt lastete. So gibt es für Solaranlagen einen vereinbarten Stromeinspeisevertrag, mit dem eine Abnahme von Elektrizität zu festgelegten Preisen für festgelegte Zeiten vereinbart wird. Im Sommer 2018 sollte der Strom aus den Kollektoren in Montecristi ins Netz fließen – und noch im Frühjahr 2017 forderte die DEG eine detailliertere Bestandsaufnahme der Umweltauswirkungen. Eine Trocken- und eine Regenperiode und deren Effekt auf die Natur sollten komplett erfasst werden. Das bedeutete einen Aufschub von etwa vier Monaten. Aber der Strom floss trotzdem pünktlich.

Die Ergebnisse der intensiven Arbeit überraschten einige der Projektbeteiligten, und es entstand ein Managementplan für die Biodiversität auf dem Gelände. „Selbst die Experten aus dem Nationalen Botanischen Garten, mit denen wir zusammenarbeiten, hätten mit der schützenswerten Artenvielfalt nicht gerechnet“, erinnert sich Yannik Mießeler, der bei F&S solar den Prozess begleitet. Seit der Bestandsaufnahme auf dem Areal in Montecristi hat sich eine lebhafte Zusammenarbeit mit den Botanikern aus Santo Domingo ergeben. Das Team von F&S solar steht dauerhaft in Kontakt mit den Biologen und lässt diese für ihre wertvolle Arbeit im Dienste der Artenvielfalt auf das gesicherte Solargelände.

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Die hohen Ansprüche der Entwicklungspartner haben sich für die Natur ausgezahlt. „Die Firma hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die internationalen Standards zu erfüllen“, resümiert Meike Goetze. Die wichtigsten Schritte zum Wohle der Natur: 40 Hektar des Areals wurden zu einem sogenannten Set-aside, also zur Ausgleichsfläche, um den ökologischen Wert zu erhalten oder gar zu verbessern. Auf dem Gelände des Solarparks blieb zudem die Buschvegetation erhalten. Yannik Mießeler pflegt eine Liste mit 18 Arten, die von den Maßnahmen profitierten. 15 eigens dafür angeheuerte Mitarbeiter setzten zehn Pflanzenarten innerhalb des Geländes um, acht verschiedene Orchideenarten pflanzten die Experten vom Botanischen Garten neu auf dem Gelände – darunter eben auch die Tolumnia henekenii. Und später stellte sich heraus, dass Vögel die Solaranlage für ihren Unterschlupf nutzen.

Georg Schmiedel
„Die positive Wirkung der Maßnahmen ist enorm.“

Georg Schmiedel, Geschäftsführer von F&S solar

„Wenn ich mir dieses Projekt und seinen Erfolg anschaue, dann berührt mich das auch persönlich“, sagt die Umwelt- und Sozialexpertin der DEG Goetze. Auf der Welt wird es immer enger, und insbesondere große Bauvorhaben bedeuten oft einen enormen ökologischen Fußabdruck. Ein Projekt wie Montecristi biete, so Goetze, positives Anschauungsmaterial. Übrigens auch für die Bevölkerung der Dominikanischen Republik: F&S solar macht mit seinem Blick auf die Folgen nicht an den Zäunen des Solarparks halt. Das Unternehmen möchte die örtliche Zivilgesellschaft fördern, etwa mit Zuschüssen für die Feuerwehr oder die sehr relevanten Kirchengemeinden. In Kooperation mit dem Nationalen Botanischen Garten baut F&S solar außerdem Bildungsangebote zum Wohle von Umweltschutz und Artenvielfalt aus. „Die positive Wirkung dieser Maßnahmen ist enorm“, sagt F&S-Geschäftsführer Schmiedel, „und dies bei wirklich sehr überschaubaren Zusatzkosten.“

Auf KfW Stories veröffentlicht am 26. Mai 2020.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.