Frank Jacobs vom Kölner Unternehmen mft vor der Trinkwasserentsalzungsanlage in La Guajira in Kolumbien
Innovation

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Reines Wasser zu fairen Preisen

Frank Jacobs und sein Team beim Kölner Unternehmen mft haben eine innovative Wasseraufbereitungsanlage für ein kolumbianisches Dorf in La Guajira entwickelt.

Herr Jacobs, wie viel sauberes Wasser sollte einem Menschen pro Tag zur Verfügung stehen?

In Deutschland sind wir mit rund 120 Litern täglich ideal versorgt. Diese Menge ist in Südamerika leider meist noch utopisch. In maroden Verteilnetzen versickert ein Großteil des gereinigten Wassers. Schlimmer noch ist, dass dort viele Menschen auch ungereinigtes Flusswasser nutzen und krank werden.

Wie ist die Situation in La Guajira?

Obwohl diese Provinz im Nordosten Kolumbiens am Meer liegt, ist es dort sehr trocken. Die Menschen vor Ort, viele von ihnen indigener Abstammung, sind arm und leiden unter Wassermangel. Auch Kolumbien erlebt mit dem Klimawandel häufiger Wetterextreme, die der veralteten Wasserinfrastruktur nach und nach den Rest geben. In der Region hat man kaum eine Chance, an Trinkwasser in einer für Menschen geeigneten Qualität zu gelangen. Nach Gesprächen mit kolumbianischen Politikern haben wir diesen Ort ausgewählt.

Sauberes Trinkwasser

Mit einer Wasseraufbereitungsanlage wie „RO Sea 100” lässt sich Meerwasser in Trinkwasser umwandeln. Unser Video erklärt, wie die Anlage funktioniert (KfW Bankengruppe/bp Content).

Wie wollen Sie helfen?

Mit unserem Projekt betreten wir Neuland. Es verbindet eine soziale Aufgabe mit einer kompletten technischen Neuentwicklung. Wir haben eine Wasseraufbereitungsanlage mit vielen Vorteilen entwickelt: Sie versorgt sich selbst mit Strom, ist leicht zu warten, kann über eine Datencloud weltweit überwacht werden und stellt den Menschen hervorragendes Trinkwasser zu sehr günstigen Preisen zur Verfügung.

Wer bezahlt das Projekt?

Die Entwicklungskosten haben bei etwa 400.000 Euro gelegen, mit gut 200.000 Euro hat die KfW-Tochter DEG das Projekt aus Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Bis 2018 ist es als ein Forschungsprojekt angelegt, dann soll die Technik Serienreife erreicht haben.

Prototyp Meerwasserentsalzungsanlage
Prototyp

Mit diesem Probeaufbau für „RO Sea 100” hat mft die Funktionen der neuen Anlage in Köln getestet. Dafür wurde absichtlich Wasser versalzen.

Klingt nach einer Wundermaschine.

Unsere neue Anlage „RO Sea 100“, die gerade auf dem Seeweg nach Südamerika unterwegs ist, versorgt bald 250 Dorfbewohner mit je zehn Liter Trinkwasser pro Tag. Das ist das absolute Minimum, mehr nicht. Es ist absichtlich eine kleine Anlage, da sie so unabhängig von externer Stromversorgung gebaut werden kann. Das Wasser wird nach dem Prinzip der Umkehrosmose gereinigt, für die elektrische Energie benötigt wird. Der Strombedarf ist der größte Kostenfaktor. Eine kleine Anlage wie unsere benötigt vier bis sieben Kilowattstunden, um 1.000 Liter Wasser zu reinigen. Daher haben wir sie auch mit einem eigenen Energierückgewinnungssystem ausgestattet. Auch wenn La Guajira arm ist, Sonne und Wind sind reichlich vorhanden.

Förderung

Die DEG hat das Projekt aus Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit finanziert.

Zum Programm

Alles läuft ohne Stromnetz?

Für den Notfall haben wir einen Anschluss eingebaut. So muss nicht auf Trinkwasser verzichtet werden, wenn die eigene Energieversorgung aus welchem Grund auch immer einmal ausfällt. Außerdem werden die Daten der Anlage über eine Mobilfunkkarte übertragen. Wir können so von Köln aus sehen, wie es um die Anlage bestellt ist. Wie ist das Wetter dort, wie viel Strom liefern Wind- beziehungsweise Solarkraft, wie viel Wasser wird produziert und welchen Reinheitsgrad hat es gerade. Sollte die Qualität unter einen Grenzwert fallen, schaltet sich das System auch erst einmal von selbst ab, um kein ungereinigtes Wasser an die Menschen zu liefern. Zusätzlich können wir in Teilen sogar von Köln aus auf das System zugreifen.

Wie wird das Wasser gereinigt?

Die erste Stufe ist ein Multimediafilter. In ihm lagern mehrere Sandschichten mit unterschiedlichen Korngrößen, die die groben Partikel herausfiltern. Im zweiten Schritt folgt ein Mikrofilter. Mit ihm verhindern wir, dass Fremdstoffe zu weit in das System vordringen – und es beschädigen. Die Feinstfiltrierung findet im dritten Reinigungsschritt statt. Bei der Umkehrosmose werden Stoffe in Molekulargröße ausgefiltert. Dazu gehören Bakterien, Keime und Pilze. Der Unterschied in der Wasserqualität zwischen vorher und nachher ist beeindruckend. Mit der Membrantechnik, die wir verwenden, können wir sogar Keimfreiheit garantieren.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Illustration der Ro Sea 100 Trinkwasserentsalzungsanlage.

Wer wartet die Anlage?

Dazu schulen wir Menschen vor Ort, aber auch hier in Köln, die sich später um die Anlage kümmern werden. Diese Betreuung ist sehr wichtig. Geschieht dies nicht, so arbeitet die Maschine möglicherweise nur für einen kurzen Zeitraum, weil sich keiner dafür zuständig fühlt. Auch ein kleiner Bedienungsfehler kann Probleme verursachen. Bei einem anderen Projekt in Madagaskar hat ein Verantwortlicher den Wasseransaugschlauch in ein Schlammloch gelegt. Nach 20 Minuten war die Maschine verstopft – und damit unbrauchbar.

Quelle
CHANCEN-Cover

Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2016 „Die Macht des Wassers”.

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Gibt es schon weitere Pläne?

Wir wollen mittelfristig eine große Anzahl vernetzter Trinkwasseranlagen ausschließlich mit sauberem Strom betreiben und sie dabei digital steuern und überwachen. Es gibt zusätzlich eine Menge Ideen, die man ausprobieren könnte. Wenn die Energieeinheit mehr Strom produziert, als wir für die Wasseraufbereitung benötigen, könnten wir auch noch Strom anbieten. Menschen könnten während des Wasserholens auch die Akkus ihrer Mobiltelefone aufladen.

Macht Ihnen etwas Sorgen?

Das gereinigte Wasser soll zu fairen Preisen vor Ort an möglichst viele Menschen abgegeben werden. Für uns ist eine zentrale Frage, ob die lokale Politik mitspielt. Deshalb haben wir den Standort an einer Schule ausgewählt, um viele Menschen zu erreichen. Was uns Hoffnung macht: Im Moment arbeitet die kolumbianische Regierung an einem neuen Gesetz für die Wasserversorgung. Vielleicht tragen Projekte wie unseres dazu bei, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 21. März 2017

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.