Pinion-Gründer Michael Schmitz
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Hightech-Getriebe fürs Fahrrad

Die schwäbische Firma Pinion revolutioniert mit einem neuartigen Hightech-Tretlagergetriebe den Fahrradmarkt. Künftig sollen auch Räder im mittleren Preissegment mit der innovativen Schaltung aus Denkendorf ausgestattet werden. Die für die Markteinführung nötigen Investitionen in Werkzeuge finanzierte das junge Unternehmen mit Hilfe der KfW.

Schon Generationen von Radfahrern brachte ein Defekt an der Schaltung buchstäblich aus dem Tritt. Den beiden schwäbischen Tüftlern Christoph Lermen und Michael Schmitz verhalf das weit verbreitete Radfahrerleid hingegen in die richtige Spur. Und das ausgerechnet im Entwicklungszentrum für Motoren und Getriebe des Autobauers Porsche, wo sich die beiden späteren Gründer der Pinion GmbH als Werkstudenten kennenlernten.

„Als dort ein Kollege wegen eines Kettenschadens an seinem Rad zu spät zur Arbeit kam“, erinnert sich Schmitz, „diskutierten wir eingehend die Nachteile der gängigen Fahrradschaltungen.“ Für die leidenschaftlichen Radfahrer Schmitz und Lermen lagen diese auf der Hand: Bei einer herkömmlichen Kettenschaltung liegt das Schaltwerk außen und ist so permanent Verschmutzung und Verschleiß ausgesetzt. Eine Alternative zu den handelsüblichen Ketten- oder Nabenschaltungen zu entwickeln – diese Idee ließ die beiden Ingenieure fortan nicht mehr los.

Fahrradgetriebe von Pinion
Gut geschützt

Das Hightech-Getriebe aus Denkendorf verändert den Fahrradmarkt. Es ist in einem geschlossenen Gehäuse untergebracht, Dreck bleibt so draußen.

2008 gründeten Lermen und Schmitz die Pinion GmbH. „Es war ein fließender Prozess“, beschreibt Schmitz den Schritt in die Selbständigkeit. Für die beiden Jungunternehmer ein Weg mit Hindernissen: Der ursprünglich eingeplante Investor, ein Zulieferer aus der Automobilindustrie, sprang wegen der Krise der Automotive-Branche ab. Ein erster Prototyp hielt den Belastungen nicht stand. Erst der Einstieg eines Business-Angels, der neben Kapital auch strategisches Know-how einbrachte, und die erfolgreiche Jungfernfahrt eines befreundeten Extremradsportlers, der das Pinion-Getriebe im Himalaya-Gebirge einem Stresstest unterzog, verlieh dem Start-up neuen Schwung.

Entsprechend groß war der Zuspruch der Radhersteller bei der erstmaligen Präsentation eines Prototyps auf der Branchenmesse Eurobike 2010. „Im Komponentenbereich sind technische Neuerungen beim Fahrrad eher rar gesät“, erklärt Schmitz die erfreuliche Resonanz. Gerade kleinere Hersteller suchten nach neuen Technologien, um sich im Wettbewerb abzuheben.

Test vom Getriebe bei Pinion
Testfahrt

Die Grundidee des Tretlagergetriebes stammt aus den 1930er-Jahren.

Da kam das Hightech-Getriebe aus Denkendorf vor den Toren Stuttgarts gerade recht. Dabei stammt die Grundidee des Tretlagergetriebes bereits aus den 1930er-Jahren, konnte sich wegen der aufwändigen Produktion aber nie etablieren. Nun überzeugt Pinion mit technischer Finesse: Das Tretlagergetriebe mit zwei hintereinandergeschalteten Stirnradsätzen ist in einem geschlossenen Gehäuse untergebracht, es kann daher nicht verschmutzen. Der Wartungsaufwand ist gering. Technisch ermöglicht das 18-Gang-Tretlagergetriebe mit 636 Prozent eine weit größere Bandbreite bei der Übersetzung. Zudem lassen sich die Gänge beliebig wechseln. Während es bei Kettenschaltungen gern einmal rattert und klappert, kann das Pinion-Getriebe – mittlerweile auch in einer 12- und 9-Gang-Version erhältlich – auch im Stand reibungslos durchgeschaltet werden.

„Die Herausforderung bestand darin, ein konkurrenzfähiges Produkt zu schaffen“, sagt Michael Schmitz. So bedarf es für die Anbringung des Getriebes am Tretlager eines speziellen Fahrradrahmens. Hier kam den Pinion-Gründern der Trend zum E-Bike zugute. „Dadurch sind die Radhersteller bei der Konstruktion der Rahmen flexibler geworden.“ Auch der wachsende Markt für hochpreisige Räder als Alternative zum Auto half bei der Verbreitung des Tretlagergetriebes. Die Zahl der kooperierenden Hersteller wuchs von anfangs 11 auf rund 70. Dennoch verwehrten die hohen Stückkosten in der Fertigung den Denkendorfern zunächst den Zugang zu größeren Herstellern und zum mittelpreisigen Segment des Fahrradmarkts.

KfW finanziert Innovationen

Von der Manufaktur zur Serienproduktion – dieser Schritt ist der Pinion GmbH nun mit der neuen C-Linie – leicht, kompakt und zu einem attraktiven Preis – gelungen. „Dafür mussten wir in neue Werkzeuge und Formen investieren“, erläutert Pinion-Chef Schmitz. Mit entsprechenden Fertigungsverfahren konnte die neue Getriebelinie bei gleicher Technologie um rund 40 Prozent kostengünstiger produziert werden. Für die Investitionen in Maschinen und Geräte und den Aufbau eines Warenlagers nahm die Pinion GmbH den KfW-Unternehmerkredit Plus in Anspruch. Dieses Förderprogramm der KfW dient zur Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln innovativer mittelständischer Unternehmen mit Kreditbeträgen bis zu 7,5 Millionen Euro pro Vorhaben.

Tretlager der Pinion GmbH
Blick ins Innere

Das Tretlagergetriebe besteht aus zwei hintereinandergeschalteten Stirnradsätzen.

Den Tipp, auf die Innovationsfinanzierung der KfW zurückzugreifen, erhielten Schmitz und Lermen von einem externen Beratungsunternehmen. „Der KfW-Unternehmerkredit Plus passte zielgenau auf unser Vorhaben, eine innovative Technologie weiterzuentwickeln und in den Markt einzuführen“, freut sich Schmitz und lobt die Konditionen des Programms: Insbesondere die mit dem Darlehen verbundene 50-prozentige Haftungsfreistellung der durchleitenden Hausbank sei für ein junges Unternehmen ohne größere Sicherheiten eine große Hilfe.

Dieses Finanzierungsinstrument wird von einer Kreditgarantie der Europäischen Union und dem für Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen ermöglicht und erleichtert es den Banken und Sparkassen, durch eine 50-prozentige Übernahme der Kreditrisiken ein Darlehen anzubieten. Auch von den für kleine und mittlere Unternehmen besonders vergünstigten Zinssätzen beim KfW-Unternehmerkredit Plus profitierte der schwäbische Mittelständler. Insgesamt knapp über 675.000 Euro konnte der Getriebe-Hersteller so über das KfW-Darlehen in die Erweiterung der Fertigungskapazitäten investieren.

Auch die neue Hausbank des Unternehmens, die Volksbank Esslingen, die den KfW-Unternehmerkredit Plus vermittelte, ist von dem Mehrwert für alle Beteiligten überzeugt. „Die Zusammenarbeit mit den Ansprechpartnern von der KfW verlief bei der Umsetzung der Finanzierung stets konstruktiv und zielführend“, sagt der Unternehmenskundenbetreuer Jürgen Goll.

Die KfW fördert

Zukunftsweisende Vorhaben und innovative Unternehmen wie Pinion fördert die KfW zwischenzeitlich mit dem ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit (380).

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„Natürlich gehört bei diesen Haftungssummen ein fundierter Businessplan und die plausible Erläuterung der Investition durch die Firmeninhaber dazu, um eine positive Entscheidung treffen zu können. Aber das hat alles gut funktioniert. Wir freuen uns, ein innovatives Unternehmen aus dem Geschäftsgebiet zusammen mit der KfW in die Zukunft zu begleiten. Die Haftungsbegrenzung und die sehr günstigen Zinssätze waren wichtige Schlüsselfaktoren für den Erfolg.”

Auf der Eurobike 2016 hat das Unternehmen seine neue C-Linie nun erstmals präsentiert. Lob gab es nicht nur von den Radherstellern: Das Tretlagergetriebe wurde auch als eine der Top-3-Innovationen 2016 des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Lermen und Schmitz erwarten nun einen weiteren Wachstumsschub. Mit der neuen Getriebe-Generation peilen die Denkendorfer erstmals auch den Fahrradmarkt in den USA an.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 22. März 2017, aktualisiert am 27. Februar 2018.