Mütter im Jemen
Gesundheit

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Hilfe für Mütter im Jemen

Die Yamaan Stiftung setzt sich für eine bessere ärztliche Versorgung der Frauen im Jemen und für Armutsbekämpfung durch Familienplanung ein. Denn in dem Land ist die Müttersterblichkeit hoch, wie unsere interaktive Weltkarte zeigt.

Das Telefon der Shababline klingelte 62.000-mal im Jahr 2016. Dieses Jahr war die Zahl bereits im September erreicht worden. „Das ist ein großer Erfolg“, sagt Ashraf Badr. „Vor allem, weil 60 Prozent der Anrufer Frauen sind, dabei viele junge Mädchen, die Rat und Hilfe suchen – und das zu einem Thema, das bei uns sehr sensibel ist.“

Das Thema, von dem Ashraf Badr spricht, ist die sexuelle und reproduktive Gesundheit der Frauen. Es geht um sichere Mutterschaft, Familienplanung und Verhütung. Die Shababline ist die kostenlose Hotline der Yamaan Stiftung im Jemen und Ashraf Badr deren Leiter. „Yamaan“ heißt so viel wie Gutherzigkeit oder Segen. Und ein Segen ist die Stiftung tatsächlich – in einem Land, in dem es an fast allem mangelt.

Der Jemen im Süden der Arabischen Halbinsel zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. Seit 2014 befindet er sich zudem in einem Bürgerkrieg. Die Bevölkerung hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt und wächst ungebremst. Infolgedessen haben zwei Drittel der 28,3 Millionen Einwohner nicht genug zu essen.

Doch damit beginnt ein Teufelskreis: Je schlechter Familien für ihre Kinder sorgen können, desto früher verheiraten Eltern ihre Töchter. So kommt es zu einer hohen Zahl an Teenager-Schwangerschaften mit entsprechend erhöhten Gesundheitsrisiken vor allem für die Babys. Die Müttersterblichkeit ist eine der höchsten in der Welt, lag 2015 auf Platz 29. Gleichzeitig sind nur etwa 45 Prozent der Gesundheitseinrichtungen im Jemen funktionsfähig.

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Müttersterblichkeit

216 Todesfälle

je 100.000 Lebendgeburten, in 2015
Müttersterblichkeit
< 25 Todesfälle

Quelle: United Nations Population Fund (PDF-Datei, 7MB)

Die Yamaan Stiftung ist angetreten, dagegen zu kämpfen. „Unser Ziel ist es, den Frauen eine gute medizinische Versorgung für eine sichere Mutterschaft zu bieten“, erklärt Ashraf Badr. „Und einen Beitrag zur Armutsbekämpfung zu leisten, indem wir mehr Bewusstsein für Familienplanung schaffen.“ Badr hat die Yamaan Stiftung 2009 mit Unterstützung des Geschäftsbereichs KfW Entwicklungsbank gegründet. Die Vision war eine eigenständige jemenitische Organisation, die das sensible Thema sowohl bei staatlichen Akteuren als auch bei der Bevölkerung ansprechen kann – ein mutiges Unterfangen, denn Familienplanung wird im Jemen weitgehend abgelehnt. Die KfW finanziert die Stiftung aktuell mit 12,5 Millionen Euro.

Es sind vor allem zwei Wege, die Yamaan verfolgt: Einerseits hat die Stiftung ein Gutschein-System aufgebaut. Zu einem symbolischen Preis können schwangere Frauen ein Gutscheinheft kaufen, das ihnen Vorsorgeuntersuchungen und eine betreute Geburt ermöglicht – im Jemen keine Selbstverständlichkeit.

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Die Yamaan Stiftung hilft Müttern im Jemen

Der Großteil der Frauen gebärt zu Hause. Oft scheitert der Besuch einer Klinik oder Hebamme schon daran, dass sich die Frauen den Bus oder das Taxi dorthin nicht leisten können. Im Gutschein-System ist der Transport inklusive. „Für die Frauen sind die Gutscheine wie eine Krankenversicherung“, sagt Ashraf Badr. Ein Viertel der Hefte wird kostenlos an besonders benachteiligte Frauen verteilt.

Mit seinen 60 festen Mitarbeitern und 300 freiwilligen Helfern, die im ganzen Land verteilt sind, hat Ashraf Badr ein Netzwerk geschaffen, das Kontakt zu Hebammen, Ärzten, Kliniken und Gesundheitszentren hält. Auch für sie sind die Gutscheine ein Segen, da sie in der Krise die einzige verlässliche Einnahmequelle darstellen.

Die KfW fördert

Der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank fördert zahlreiche Projekte im Gesundheitssektor.

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Zudem engagiert sich die Yamaan Stiftung für Aufklärung und versorgt die Menschen über ihr weitverzweigtes Netzwerk von Großhändlern, Apotheken, Hebammen und Ehrenamtlichen mit subventionierten Verhütungsmitteln. Sie informiert über HIV, ungeplante Schwangerschaften und darüber, wie wichtig es ist, die Abstände zwischen den Geburten zu vergrößern, um die Gesundheit der Mütter und Kinder zu schützen. Und sie schafft ein Bewusstsein dafür, dass sich die wirtschaftliche Situation einer Familie verbessern kann, wenn man weniger Kinder bekommt. Immer mit viel Feingefühl für das im Jemen besonders sensible Thema.

Vor dem Krieg ist Ashraf Badr oft in TV-Talkshows aufgetreten. Die Stiftung produzierte Werbespots, die immer auch die Ehemänner miteinbezogen. Denn: Die meisten Frauen können nicht ohne weiteres selbst entscheiden, ob und wann sie schwanger werden und wie viele Kinder sie haben wollen.

Quelle
Cover CHANCEN 2017

Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2017 „Mut“.

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Durch den Ausbruch des Krieges ist die Arbeit schwieriger geworden. „Seither nutzen wir vor allem die Hotline und die sozialen Medien, um Kontakt zu unserer Zielgruppe zu halten“, sagt Ashraf Badr. Zugleich hat die Stiftung neue Wege aufgetan. „Wir gehen heute viel in Gebiete, in denen Binnenvertriebene leben, um auch diese Menschen zu erreichen“, erzählt Badr. „Wir sind heilfroh, dass die Yamaan Stiftung als eigenständige jemenitische Organisation auch in der Krise weiteragieren kann“, bestätigt Franziska Grimm von der KfW. Sie betreut die Stiftung als Projektmanagerin von Frankfurt aus.

Bei vielen Hilfsprojekten hat sich die Umsetzung aufgrund des Krieges im Jemen erheblich erschwert. Aber die Yamaan Stiftung macht weiter. „Der Krieg spornt uns noch mehr an, gegen das Leid vorzugehen“, erklärt Ashraf Badr. „Wir möchten die Frauen stärker machen und ihnen die Wahlmöglichkeit geben, Verhütungsmittel zu benutzen und somit über ihre Zukunft auch selbst bestimmen zu können.“

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Donnerstag, 16. November 2017

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.