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KfW Research

70 Jahre Soziale Marktwirtschaft

Ein Grund zum Feiern, aber auch Anlass für Reformen

Die Soziale Marktwirtschaft ist 70 geworden. Das ist ein Grund zum Feiern, denn sie hat in Deutschland und auch anderen Industrie­ländern großen Wohlstand gebracht. Trotzdem ist in jüngster Zeit erhebliche Kritik an den wirtschaftlichen Verhältnissen in Deutschland laut geworden. In einer Studie von KfW Research wird untersucht, inwieweit die Kritik gerechtfertigt ist und wo der Reformbedarf drängt.

70 Jahre Soziale Marktwirtschaft: ein Grund zum Feiern, einiger Anlass für Reformen

Befund der Analyse

Sind die Steuern und Sozialabgaben derzeit so hoch, dass sie Leistungsanreize und unternehmerische Initiative hemmen?

Allein durch eine hohe Abgabenquote lässt sich das nicht belegen. Die Steuer- und Abgabenquote lag 2018 bei 40,5 % des Bruttoinlands­produkts, das ist der höchste Stand seit dem Jahr 2000. Deutschland liegt mit dieser Quote aber nur im Mittelfeld der Industrieländer. Sowohl Industrieländer mit relativ niedrigen Abgabenquoten als auch solche mit relativ hohen sind wirtschaftlich sehr erfolgreich.


Wird der soziale Ausgleich in Deutschland vernachlässigt?

Das Gegenteil ist der Fall. Das zeigen sowohl der historische Vergleich als auch der Vergleich mit anderen Ländern.

  • Dank der Arbeitsmarktreformen der letzten 20 Jahre hat Deutschland heute die zweitniedrigste Arbeitslosen­quote in der EU. Damit wurde eine der größten sozialen Fehlent­wicklungen weit gehend eingedämmt.
  • Die Unterschiede zwischen den Markteinkommen haben zwar zugenommen, aber die hohe Umverteilung halbiert sie nahezu. Nur in wenigen Industrie­ländern sind die Einkommen gleicher verteilt als in Deutschland.
  • Die Ausgaben für soziale Sicherung sind in Deutschland seit 1991 auf ein Rekordhoch gestiegen. Nur zwei EU-Länder, Luxemburg und Österreich, gewähren pro Kopf der Bevölkerung höhere Sozial­leistungen.
  • Die Vermögensunterschiede sind hoch, aber die gemessene Vermögens­ungleichheit reduziert sich erheblich, wenn Rentenansprüche einberechnet und verzerrende Alterseffekte heraus gerechnet werden. Zudem kann jeder Gutverdiener zu den vermögendsten 10 % der Bevölkerung aufsteigen.
  • Dennoch gibt es weiterhin sozialpolitischen Handlungs­bedarf. Unter anderem sind weitere Anstrengungen nötig, um Vollbe­schäftigung zu erreichen. Auch kann noch einiges getan werden, um die Chancengleichheit im Bildungssystem weiter zu verbessern. Zudem muss in Regionen mit anhaltend hohen Mietsteigerungen Wohnraum für Gering- und Mittelverdiener bezahlbar gehalten werden.


Sind die Rufe nach Reformen in Deutschland gerechtfertigt?

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auf wichtigen Zukunfts­baustellen Reformen angegangen werden müssen, um die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern.

Zukunftsbaustelle 1: Sicherung des Arbeitskräfte­potenzials gegen die demografische Entwicklung

Alterung und Schrumpfung unserer Bevölkerung dürfte wohl die größte Bewährungs­probe in den nächsten Jahrzehnten werden. Tritt das aktuelle Bevölkerungs­szenario des Statistischen Bundesamtes ein, dürfte das Erwerbsper­sonenpotenzial ohne Gegenmaßnahmen bis 2040 um bis zu 4,6 Mio. Erwerbspersonen schrumpfen. Es gibt diverse Möglichkeiten, dem zu begegnen, darunter:

  • eine Bildungsoffensive, um die Zahl Hochqualifizierter zu erhöhen und die Zahl Gering­qualifizierter zu verringern.
  • die weitere Erhöhung der Erwerbsquote von Frauen und älteren Erwerbstätigen.
  • Höhere Zuwanderung von Fachkräften aus Drittländern.

Zukunftsbaustelle 2: Stärkung des Zusammenhalts der EU und Bemühen um Kooperation im Welthandel

Zu den drängenden Herausforderungen der EU zählen Stärkung von Investitionen und Innovationen und Konsoli­dierung der Staatsfinanzen und des Bankensektors. Ebenso erforderlich ist ein geschlossener Einsatz für einvernehmlich regulierten Handel mit den USA, China und anderen Staaten der Welt. Doch müssen Deutschland und die EU in Konflikten ihre legitimen Interessen wahren.

Zukunftsbaustelle 3: Die Digitalisierung erfolgreich voranbringen

Deutschland muss bei der Digitalisierung seine Wettbewerbs­fähigkeit sichern, da sie alle Wirtschafts­bereiche durchdringt. Zudem birgt Digitalisierung die Chance, über beschleunigten technischen Fortschritt einen Beitrag dazu zu leisten, die Folgen des demografischen Wandels zu meistern. Auch ländliche Regionen müssen mit wettbewerbs­fähiger digitaler Infrastruktur ausgestattet werden, damit sie nicht den Anschluss verlieren.

Zukunftsbaustelle 4: Energiewende und ökologisch nachhaltiges Wachstum

Deutschland konnte seinen Treibhausgas­ausstoß seit 1990 um fast 30 % senken, ein beachtlicher Erfolg. Seit 2009 ist die Reduktion jedoch ins Stocken geraten. Es bedarf weiterer Impulse, damit die ehrgeizigen Minderungs­ziele erreicht werden können. Doch das allein wird nicht reichen. Für wirksamen Klimaschutz muss die Wende global gelingen und dafür müssen wettbewerbsfähige CO2-Vermeidungs­technologien an den Weltmärkten eingeführt werden, die treibhausgas­intensive Technologien verdrängen. Deutschland und andere Staaten der Klimaallianz können diese Technologien voranbringen. Eine Bepreisung des Treibhausgas­ausstoßes kann wirksame, volkswirtschaftlich kosten­effiziente Anreize dafür setzen.

Stand: August 2019

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