Tipp: Aktivieren Sie Javascript, damit Sie alle Funktionen unserer Website nutzen können.

Beiträge und Kommentare von Dr. Köhler-Geib
„Bisher zeigt der Arbeitsmarkt sich weit gehend robust gegenüber den Betriebsschließungen zur Eindämmung der Pandemie. Das ist vor allem den staatlichen Hilfen für betroffene Unternehmen und dem Kurzarbeitergeld zu verdanken. Die Risiken am Arbeitsmarkt bleiben allerdings hoch: Die weitere Entwicklung hängt stark vom Pandemieverlauf ab und welche Eindämmungsmaßnahmen erforderlich werden, um die Infektionszahlen zu vermindern. In unserem derzeitigen Basisszenario gehen wir davon aus, dass die deutsche Wirtschaft Ende 2021 das Vorkrisenniveau ungefähr wieder erreichen kann. Dies gilt auch für den Fall, dass der derzeitige Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert werden müsste, was dann durch eine stärkere Aufholbewegung im Frühjahr und Sommer ausgeglichen werden könnte. Voraussetzungen dafür sind jedoch, dass der Großteil der Risikogruppen und der weiteren Bevölkerung im Lauf diesen Jahres geimpft werden kann, der Impfstoff trotz der Mutationen des Virus wirksam bleibt und der Staat betroffene Unternehmen zunächst noch unterstützt. Dann kann auch der Arbeitsmarkt recht stabil bleiben: Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte dann für das Gesamtjahr 2021 mit 44,9 Mio. etwas höher liegen als 2020. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte auf etwas weniger als 2,7 Mio. zurückgehen, die Arbeitslosenquote von 5,9 auf 5,8 %. Dennoch wird dies mit unterschiedlichen Entwicklungen je nach Branche einhergehen. So wird die Beschäftigung in manchen personennahen Dienstleistungen wie auch im stationären Einzelhandel, der auch schon vor der Pandemie strukturelle Schwierigkeiten aufwies, deutlich stärker unter Druck geraten, während andere Branchen – wie z. B. der Online-Handel oder Anbieter von digitalen Lösungen – derzeit einen zusätzlichen Schub erfahren.“
„Die Ergebnisse des KfW-Energiewendebarometers zeigen, dass viele Einzelmaßnahmen der Verkehrspolitik zwar durch die von der Verkehrsbelastung betroffenen Haushalte befürwortet werden, für diese aber die gesamtgesellschaftliche Unterstützung noch fehlt. Der Schlüssel zu einer im Hinblick auf Klimaschutz erfolgreichen Verkehrspolitik liegt deshalb im Ausgleich zwischen den Interessen aller Verkehrsteilnehmer und den durch Verkehr besonders betroffenen Gruppen.“
„Um die geeigneten Maßnahmen gesellschaftlich konsensfähig zu machen, müssen die Vorteile der Maßnahmen für alle deutlicher hervorgehoben werden. Gleichzeitig müssen vor allem bei den Preisinstrumenten wie Gebühren oder Maut bestehende Vorbehalte durch eine hohe Transparenz bei der Preisgestaltung und Mittelverwendung proaktiv adressiert werden. Eine Umverteilung der eingenommenen Mittel, die möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen zu Gute kommt, kann die Akzeptanz in der Bevölkerung noch weiter erhöhen und letztlich auch zu einem klimaneutralen Verkehrssektor beitragen.“
„Da viele Betriebe aber ohnehin in die Weihnachtsferien gehen, fallen die gesamtwirtschaftlichen Verluste durch ein „Herunterfahren“ bis Anfang Januar nur moderat aus. Die verschärfte Pandemielage macht einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal wahrscheinlicher, vor allem, wenn die Maßnahmen unzureichend wirken und der harte Lockdown deshalb verlängert würde. Stärkere konjunkturelle Abwärtsrisiken entstehen jedoch erst, wenn beispielsweise die mutierte Version des Virus zusätzliche Eindämmungsmaßnahmen erzwingen und als Folge die Industrieproduktion und Bautätigkeit einbrechen würden. Immerhin bleibt die berechtigte Hoffnung auf den großflächigen Einsatz von hocheffektiven Impfstoffen sowie die Erfahrung der rapiden Erholungsgeschwindigkeit im vergangenen Sommer. Selbst wenn die Wirtschaft jetzt im Winter etwas tiefer einbrachen sollte, wäre dann ab dem Frühjahr eine umso stärkere Aufholbewegung zu erwarten.“
KfW-ifo-Mittelstandsbarometer (PDF, 92 KB, nicht barrierefrei)
„Unternehmen, die sich auf nur wenige Märkte konzentrieren können oder müssen, sind besonders verwundbar. Mittelständler sind daher gut beraten, neue Absatz- und Beschaffungsmärkte zu erschließen. Mehr als die Hälfte der exportierenden kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland ist in nicht mehr als zwei Zielregionen aktiv.
Eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Schocks müssen sich Unternehmen jedoch auch leisten können. Bei hohem Wettbewerbsdruck können die zu erwartenden, kurzfristigen Effizienzverluste Unternehmen davon abhalten, ihre Wertschöpfungsketten umzubauen. Nachdem Unternehmen sich in der Corona-Krise verschuldet haben, um Liquiditätsengpässe zu überbrücken, kann zudem für sie der Zugang zu finanziellen Mitteln erschwert sein, die sie für den Umbau von Lieferbeziehungen oder die Erschließung neuer Absatzmärkte benötigen. Neue digitale Technologien erleichtern die Einbindung in globale Wertschöpfungsketten und können Unternehmen helfen, besser mit Risiken in ihren Lieferbeziehungen umzugehen. Damit fällt die Entscheidung für mehr Resilienz leichter und der Mittelstand ist für die nächste Krise besser gerüstet.
„Die Aussicht auf den baldigen Einsatz wirksamer Impfstoffe und die Erfolge bei der Pandemiebekämpfung in Asien immunisieren die Konjunktur und das Geschäftsklima. Obwohl sich Europa und viele US-Regionen in mehr oder weniger strikten Lockdowns befinden, holt die Industrie weiter auf – eine Entwicklung, die trotz der seit Mittwoch geltenden Verschärfungen kurzfristig weiterläuft. Für den stationären Einzelhandel ist die Schließung im Weihnachtsgeschäft zwar ein harter Schlag, aber konjunkturell dürfte der Effekt wegen dessen eher kleinen Anteils am BIP sowie der Verschiebung zum Onlinehandel begrenzt sein. Für die Minimierung wirtschaftlicher Schäden ist die Zeit um den Jahreswechsel so günstig wie keine andere, weil das Wirtschaftsleben vielfach sowieso heruntergefahren wird. Der verschärfte Lockdown eröffnet die Möglichkeit, dass zumindest ein Teil der jetzt eingeschränkten Wirtschaft im ersten Quartal wieder hochgefahren werden kann oder wenigstens noch einschneidendere Maßnahmen verhindert werden. Damit dies funktioniert, ist eine breite Mitwirkung der Gesellschaft erforderlich, genauso wie eine verbesserte Absicherung des Schulbetriebs einschließlich verstärkter Testaktivität und erhöhte Kapazitäten zur Kontaktnachverfolgung.“
"Bisher dürften trotz Corona-Krise die meisten kleinen und mittleren Unternehmen an ihren Nachfolgeplänen festgehalten haben, denn der Mittelstand ist gut vorbereitet in die Krise gegangen. Doch mit zunehmender Krisendauer steigt das Risiko von Stilllegungen anstelle einer geordneten Übergabe. Das Gelingen des Generationenwechsels im Mittelstand hängt klar von Schwere und Verlauf der Corona-Krise ab. Eine gelungene Unternehmensnachfolge erfordert einen mehrjährigen Planungsvorlauf. Und selbst weit fortgeschrittene Verhandlungen können – mit der Ziellinie im Blick – noch an drastisch veränderten Rahmenbedingungen scheitern. Die aktuellen Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung sind auch für die Unternehmensnachfolge sehr wichtig, da eine wirtschaftliche Erholung wieder höhere Priorität für die Vorbereitung von Nachfolgen zulässt. In der Zwischenzeit sind staatliche Hilfen, die weiterhin die Liquidität mittelständischer Unternehmen sichern und zudem politische Entschlossenheit auf dem Weg aus der Krise signalisieren, ein zentraler Baustein. Der zweite Baustein ist die Aktivierung und Unterstützung von potenziellen Übernahmegründerinnen und -gründern. Denn die Kombination aus ungünstiger Demografie und nachlassendem Gründergeist bedeutet, dass der Bedarf an Nachfolgerinnen und Nachfolgern auf Jahre größer als das Angebot sein wird.“
"Der steigende Gründungsgeist unter den jungen Leuten ist eine positive Entwicklung. Nicht zuletzt durch die intensiven öffentlichen Diskussionen großer Themen wie Klimaschutz oder soziale Teilhabe, scheinen viele junge Menschen erkannt zu haben, welche Möglichkeiten ihnen Gründungen und Start-ups bieten, um selbst aktiv zu werden und Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten. Durch die Corona-Krise mit ihren hohen Belastungen für Selbstständige und Unternehmen ist die wirtschaftliche Unsicherheit deutlich gestiegen. Es ist daher zu befürchten, dass der Gründungsgeist 2020 erneut einen Dämpfer erhält. Durch die wirksame Unterstützung der Krisenbetroffenen kann hoffentlich erreicht werden, dass es bei einem Dämpfer bleibt und der Gründungsgeist keinen weiteren nachhaltigen Schaden nimmt.“
"Eine hohe Investitionszurückhaltung der Unternehmen bei verbesserter Liquiditätslage bremst die Kreditnachfrage. Angebotsseitige Restriktionen beim Zugang zu Krediten dürften hingegen nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Verschärfungen der Kreditvergabepolitik der Banken halten sich weiterhin in Grenzen. Mit einer materiellen Belebung der Investitionstätigkeit und entsprechender Kreditnachfrage ist erst zu rechnen, wenn die pandemiebedingte Unsicherheit weit gehend verschwunden ist. Trotz guter Nachrichten von den Impfstoffen wird dies noch eine Zeit lang dauern. Umso wichtiger ist es, den Finanzierungszugang für Unternehmen weiter offen zu halten, die jetzt investieren wollen, um für künftige Herausforderungen und Chancen gerüstet zu sein."
„Das Wohnen der Zukunft muss komfortabel und energieeffizient zugleich sein. Wenn wir es durch einen klugen Einsatz digitaler Anwendungen schaffen, die Energieeffizienz im Wohnbereich weiter zu steigern, gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung eines klimaneutralen Gebäudebestandes.“
„Damit die Energiewende gelingen kann, müssen alle Haushalte einen Beitrag leisten können. Neben der Umsetzung hoher Datenschutzstandards ist eine größere Transparenz der Effizienzvorteile ein Schlüssel dafür, dass zukünftig noch breitere Teile der Bevölkerung an den intelligenten Technologien teilhaben und insbesondere im Wärmebereich zusätzliche Energieeffizienzgewinne realisieren können.“
„Die Entscheidungen des EZB-Rats werden fast so gespannt erwartet wie das Christkind, denn bei der letzten Sitzung kündigte EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine Überprüfung aller geldpolitischen Instrumente an. Angesichts der zweiten Infektionswelle und des erneuten Schrumpfens der Eurowirtschaft wird die EZB alles tun, um die Finanzierungsbedingungen sehr günstig zu halten. Letztendlich dürfte es auf eine Rekalibrierung der beiden Kriseninstrumente PEPP und TLTRO hinauslaufen: Indem die EZB die Zinsen für Staatsanleihen mit dem Wertpapierankaufprogramm PEPP überall niedrig hält, möchte sie sicherstellen, dass die fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen nicht zu früh zurückgezogen werden. Über die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) bekommen indes die Banken einen starken Anreiz ihre Kreditvergabe auszuweiten. Ich rechne für Donnerstag mit einer Aufstockung des PEPP um ca. 500 Mrd. EUR in Kombination mit einer Verlängerung bis Ende 2021. Zwar erinnert die Aufstockung aktuell an Nachtanken bei halbvollem Tank, aber am Ende müssen die Mittel auch nicht vollständig aufgebraucht werden. Bei den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften erwarte ich ebenfalls zusätzliche Auktionen bis mindestens Ende 2021 mit nochmal verbesserten Konditionen. Sollte die EZB neben den erwarteten Änderungen am PEPP und TLTRO auch noch den Einlagensatz weiter senken, wäre das möglicherweise eher kontraproduktiv. Erstens würde damit politisches Kapital in den nördlichen Euroländern verlorengehen und zweitens könnte dieser Schritt die Märkte in der aktuellen Situation eher verunsichern, da die EZB selbst im März, als die Lage noch deutlich kritischer war, nicht so weit gegangen ist.“
„Infolge der zweiten Infektionswelle in Deutschland sowie des kürzlich bis mindestens 20. Dezember verlängerten Teil-Lockdowns dürfte die deutsche Wirtschaft im laufenden Quartal um rund 1 % schrumpfen. Das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen mit Rückschlägen rechnen, wenn auch im geringeren Umfang als noch im Frühjahr. Kurzfristig ist es leider unausweichlich Geschäftstätigkeiten mit einem hohen Infektionsrisiko relativ pauschal zu unterbinden. Mittelfristig gibt es angesichts der Erfolge bei der Impfstoffentwicklung jedoch viel Licht am Ende des Tunnels.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer (PDF, 94 KB, nicht barrierefrei)
„Die Appelle und Freiwilligkeit mussten ergänzt werden, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Das ließ zum neuerlichen Lockdown für Gastronomie- und Hotelbetriebe, kulturelle Veranstaltungen und personennahe Dienstleistungen keine Alternative. Jetzt werden die Maßnahmen verlängert und verschärft. Was passieren kann, wenn die Pandemie zu wenig eingedämmt wird, zeigt die Entwicklung in anderen Staaten: Verzeichnete Deutschland ebenso so viele Corona-Tote je Einwohner wie Großbritannien, Frankreich, Italien, Schweden, Spanien oder die USA, dann gäbe es bei uns bisher schon 40.000 bis 55.000 Corona-Tote mehr. Diese Zahlen müssen wir uns mit Blick auf die Eindämmungsmaßnahmen vor Augen führen. Wenn der Sachverständigenrat die Bundesregierung für ihr Pandemiemanagement lobt, dann kann ich das nur unterstützen – sowohl aus gesundheits- als auch aus wirtschaftspolitischer Sicht. Durch den Lockdown Light wird das Bruttoinlandsprodukt erneut schrumpfen, allerdings weit weniger stark als im Frühjahr. Die Zahl der Arbeitslosen könnte sich durch die Betriebsschließungen um etwa 100.000 erhöhen, die Zahl der Kurzarbeiter vorübergehend um bis zu einer halben Million. Betroffen sind vor allem Geringqualifizierte, Minijobber und Beschäftigte im unteren Einkommensbereich. Die Förderung von Umschulung und Weiterqualifizierung kann deshalb am wirksamsten dazu beitragen, die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr rasch wieder zu senken. Insgesamt werden Fachkräfte in Deutschland gesucht, denn es ist zu erwarten, dass unter anderem der Fachkräftemangel im Pflege- und Gesundheitssektor und in MINT-Berufen sowie mangelnde Digitalisierungskenntnisse das Wachstum in den kommenden Jahren behindern. Die berufliche Bildung und Weiterbildung müssen deshalb darauf ausgerichtet werden, Defizite in den Engpassbereichen zu verringern.“
„Was wir brauchen ist eine digitale und grüne Investitionsrallye. Dabei ist jetzt die Wirtschaftspolitik gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, Anreize zu setzen für Investitionen und mit Anschubfinanzierungen in Vorlage zu treten, um künftiges Wachstum in den Schlüsselfeldern Digitalisierung und Klimaschutz zu ermöglichen. Dabei bieten sich viele Ansatzpunkte dem Zielkonflikt zwischen finanzieller Resilienz und Investitionen entgegenzuwirken, den viele Unternehmen spüren. Es gilt die Unsicherheit für Geldgeber zu reduzieren, z. B. durch ein verlässliches und planbar steigendes CO2-Preissignal, Engpässe wie z. B. fehlende Fachkräfte anzugehen oder Finanzierungskosten zu senken. Die Herausforderungen sind hoch, aber gerade jetzt können Weichen gestellt werden, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Wir müssen über die Corona-Krise hinausdenken, um nachhaltig Wachstum und Wohlstand in Deutschland zu gewährleisten.“
„Erstmals seit April ist das Wachstum der Unternehmenskreditbestände in den europäischen Bankbilanzen unter die sieben Prozentmarke gefallen. Die Abkühlung hatte sich in den Meldungen der Banken zur Neugeschäftsentwicklung bereits abgezeichnet. Viele Unternehmen dürften sich ausreichend mit Liquidität versorgt haben, um durch die Pandemie zu kommen. Laut den Angaben der Finanzinstitute im Bank Lending Survey vom Oktober war die Kreditnachfrage aufgrund sinkender Betriebsmittelbedarfe und der anhaltenden Investitionsschwäche rückläufig. Daneben laufen nun nach und nach die gesetzlichen und freiwilligen Stundungsvereinbarungen aus, die für rund 10 % der europäischen Unternehmensfinanzierungen getroffen wurden. Die Spitze der Mittelaufnahme dürfte trotz der zweiten Infektionswelle daher überschritten sein. Nichtsdestotrotz bleibt eine intakte Kreditversorgung als Sicherheitsnetz für stark betroffene Regionen und Branchen ebenso wichtig wie für Unternehmen, die auch jetzt in ihre Zukunft investieren wollen.“
„Das ifo Geschäftsklima zeigt, dass den deutschen Unternehmen ein schwieriger Winter bevorsteht. Dank der guten Neuigkeiten von der Impfstoffentwicklung hat sich der langfristige Ausblick zwar verbessert. Allerdings gilt es noch die zweite Infektionswelle zu brechen, voraussichtlich mit verlängerten Eindämmungsmaßnahmen. In unserem heute veröffentlichten „Konjunkturkompass“ rechnen wir für das laufende Winterquartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um rund 1 %, weit weniger als im Frühjahr. Das liegt daran, dass die Einschränkungen einen kleineren Teil der Wirtschaft betreffen und die Industrie auf Erholungskurs bleibt. Die Abwärtsrisiken bleiben weiter groß.“
„Ein wirksamer Impfstoff gegen das Coronavirus ist der konjunkturelle Gamechanger, auf den wir warten. Die konkrete Aussicht auf die Rückkehr des öffentlichen und sozialen Lebens und das absehbare Ende der Covid-19-Pandemie dürfte in Wirtschaft und Gesellschaft einen enormen Vertrauensgewinn bewirken, der für einen temporär sehr kräftigen Wachstumsschub ab dem kommenden Frühjahr sorgt.
Beruhigend ist, dass die Wirtschaftspolitik noch genügend Pfeile im Köcher hat, um unerwartete konjunkturelle Verschlechterungen effektiv zu bekämpfen. Nach unseren Kalkulationen mussten bisher lediglich gut 11 % der insgesamt mehr als 1,4 Bio. EUR umfassenden Mittel aus dem Corona-Schutzschirm und dem Konjunkturprogramm tatsächlich eingesetzt werden."
KfW-Konjunkturkompass November 2020 (PDF, 86 KB, nicht barrierefrei)
„Gründungen sind wichtig für die Erneuerungskraft und somit für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Deutschland profitiert deshalb seit vielen Jahren von der höheren Bereitschaft von Migrantinnen und Migranten, sich selbständig zu machen. 2019 hat sich das erneut bestätigt. Auch wenn schlechtere Arbeitsmarktchancen bei der Gründungsentscheidung häufiger eine Rolle spielen, birgt der Innovationsgeist und die Wachstumsorientierung von Migrantinnen und Migranten große Möglichkeiten. Das laufende Jahr 2020 ist aufgrund der Corona-Krise eine besondere Herausforderung für Gründerinnen und Gründer. Viele Gründungspläne wurden erst einmal auf Eis gelegt. Allerdings kann die Krise auch als Katalysator für Innovationen wirken. Gründerinnen und Gründer, die die neuen Bedarfe mit innovativen Geschäftsideen decken, können die großen Gewinner von morgen sein.“
Wieder mehr migrantische Gründungen (PDF, 103 KB, nicht barrierefrei)
„Die Voraussetzungen für die Errichtung von privater Ladeinfrastruktur sind sehr gut. Gerade in den ländlichen Regionen, wo dem Auto im Vergleich zu den Städten eine größere Bedeutung zukommt, gibt es viele heimische Stellplätze, die zur privaten Ladestation werden können und hierdurch die öffentliche Ladeinfrastruktur sinnvoll ergänzen. Diese Chance gilt es zu nutzen, um die Elektromobilität in allen Regionen Deutschlands weiter voranzubringen. Denn das KfW-Energiewendebarometer zeigt auch: Elektroautos ersetzen vor allem Autos mit Verbrennungsmotor, und die Mehrheit von knapp 60 % der Elektroautobesitzer nutzt Ökostromtarife oder besitzt eine PV-Anlage. Elektroautos werden häufig anstelle eines Verbrenners genutzt und auch immer häufiger mit klimafreundlichem Strom betankt. Die Voraussetzungen für eine klimafreundliche Nutzung von Elektroautos sind also vielerorts bereits gegeben. Der Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur kann somit ein Beitrag sein, die Nutzung von Elektromobilität weiter zu steigern und damit auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Mobilität ein weiteres gutes Stück voranzukommen."
„Im Oktober nehmen die Sorgenfalten im Mittelstand angesichts rasant steigender Covid19-Infektionen und absehbaren Geschäftsbeschränklungen wieder zu. Die für November beschlossenen Teil-Lockdowns in Deutschland und fast allen anderen europäischen Ländern werden den Konjunkturaufschwung erst einmal unterbrechen. In Deutschland können viele Branchen und insbesondere die Industrie weiterhin noch recht ungestört operieren. Ich erwarte daher einen nur moderaten Rückgang der Wirtschaftsleistung im laufenden Quartal. Der Winter ist allerdings noch lang und die Abwärtsrisiken daher groß."
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Oktober 2020 (PDF, 97 KB, nicht barrierefrei)
„Die Corona-Krise brachte viel Unsicherheit in den deutschen VC-Markt“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, „plötzlich schienen Fundraisingquellen auszutrocknen, Portfolio-Unternehmen auszufallen und Exitkanäle zusammenzubrechen. Glücklicherweise ist die derzeitige Lage besser als zunächst befürchtet, sicherlich auch dank der Start-up-Hilfen von Bundesregierung und KfW. Dem Marktumfeld fehlt es zwar noch einiges zum Vor-Corona-Niveau, die sich wieder aufhellende Stimmung bezüglich Fundraising und Neuinvestitionen sind aber gute Nachrichten insbesondere für Start-ups, die auf der Suche nach Venture Capital sind. Das Risiko, durch die Krise eine ganze Start-up-Generation zu verlieren, hat sich in den letzten Wochen deutlich reduziert.“
„Die große Depression ist ausgeblieben. Die Venture Capital-Branche bewegt sich aus dem Tal der Tränen heraus“, so Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK. „Das Investitionsgeschehen zeigte sich zuletzt erfreulich rege und auch einige sehr große Runden wurden finanziert. Ebenso erfreulich ist das verbesserte Fundraising-Klima, um neue Fonds und damit das zukünftige Kapitalangebot für Start-ups zu sichern. Hierzu dürfte auch die Bundesregierung mit ihren Venture Capital-Programmen beigetragen haben. Kritisch bleibt das Thema Exits. Erfolgreiche Verkäufe dürften auf absehbare Zeit Mangelware bleiben.“
„Über den Sommer wuchs die deutsche Wirtschaft um 8,2 % – ein einsamer neuer Rekord, der in normalen Zeiten als Traumergebnis gefeiert würde! Leider sind die Zeiten alles andere als normal. Der historische Wachstumsschub ist wenig mehr als eine mechanische Gegenreaktion auf den vorangegangenen noch tieferen Einbruch: Infolge der Stilllegung zahlreicher Wirtschaftsaktivitäten stürzte die Wirtschaft im Frühjahr historisch ab; mit der erfolgreichen Eindämmung der ersten Covid-19-Infektionswelle und der dadurch möglichen weit gehenden Rücknahme der Einschränkungen ab Mai konnte ein beträchtlicher Teil dieses Einbruchs wettgemacht werden. Doch jetzt schießen die Infektionszahlen bereits wieder in den Himmel. Wir werden deshalb nur glimpflich durch Herbst und Winter kommen, wenn wir die anschwellende zweite Welle noch rechtzeitig brechen. Das ist das Ziel der neuen Maßnahmen von Bund und Ländern. Das Gelingen hängt aber auch vom Beitrag jedes und jeder Einzelnen ab, damit dieser partielle Lockdown als Wellenbrecher ausreicht. Für mich wäre es ein Erfolg, wenn wir einen erneuten größeren Rückgang des BIP im Winterhalbjahr verhindern können, in günstigsten Fall flacht das Wirtschaftswachstum nur deutlich ab. Hierfür setzte ich darauf, dass die Erholung in der Industrie stark genug bleibt, um die unvermeidlichen Rückschläge im Dienstleistungssektor auszugleichen.“
„Kaum hat der Herbst begonnen, da schnellt die Zahl der Corona-Infizierten besorgniserregend in die Höhe. Das zeigt, dass wir noch mitten in der Krise stecken – auch wirtschaftlich. Darüber darf die konjunkturelle Erholung im Sommer nicht hinwegtäuschen. Die von Bund und Ländern eingeleiteten Gegenmaßnahmen sind notwendig, um einen zweiten deutschlandweiten Lockdown zu verhindern. So hart die Einschränkungen viele auch treffen, sie verhindern Schlimmeres. Der konjunkturelle Aufschwung dürfte bis zum Frühjahr weit gehend zum Erliegen kommen. Dadurch dürfte auch die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten stagnieren oder – wenn es schlecht läuft – deutlich zunehmen. Die Beschäftigungsrisiken bleiben gerade in kundennahen Wirtschaftsbereichen hoch. Besonders für das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Teile des Einzelhandels und der Kulturwirtschaft werden die Herbst- und Wintermonate noch einmal zur Belastungsprobe. Es gibt allerdings auch Branchen, in denen in der Krise noch Beschäftigung aufgebaut wird. Das gilt unter anderem für die Wirtschaftsbereiche Information und Kommunikation, Erziehung und Unterricht, das Gesundheitswesen und die Bauwirtschaft. Im nächsten Jahr dürfte der Aufschwung gerade in den Wachstumsbranchen durch Fachkräftemangel gebremst werden. Deshalb müssen Arbeitslose sowie wechselwillige Beschäftigte aus Krisenbranchen dabei unterstützt werden, sich für Berufe mit Nachwuchsbedarf zu qualifizieren. Besonders wichtig ist, auch die große Zahl der Kurzarbeitenden für eine zukunftsorientierte Qualifizierung zu gewinnen.“
„Das Zusammenspiel zwischen der Pandemie und den staatlichen Garantieprogrammen bestimmt den europäischen Unternehmenskreditmarkt. Insgesamt war das Kreditwachstum im September zum vierten Mal in Folge auf hohem Niveau stabil. Dahinter verbergen sich jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Euroländern. Während sich in Deutschland die Dynamik bei sehr ruhigem Infektionsgeschehen deutlich abkühlte, reichten die Banken in den anderen drei großen Euroländern erneut mehr Mittel an die Unternehmen aus. In Spanien und Frankreich dürften die zunehmenden Neuinfektionen der Grund gewesen sein. Inzwischen wachsen die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch die Pandemie auch hier zu Lande täglich. In den besonders betroffenen Dienstleistungsbranchen wie dem Gastgewerbe dürften die finanziellen Engpässe und damit der Kreditbedarf wieder zunehmen. Die EZB ist nun genauso wie die Regierungen gefordert, in dieser schwierigen Lage durch die Verlängerung und punktuelle Ergänzung der Krisenmaßnahmen das Vertrauen der Unternehmen und Konsumenten zu stärken.“
„Alles wirkt gerade wie ein Déjà-vu Erlebnis. Die Infektionszahlen schießen wieder in die Höhe und die Eindämmungsmaßnahmen werden stetig verschärft. Bei manchen unserer europäischen Nachbarn werden sogar schon wieder Ausgangssperren und Geschäftsschließungen angeordnet. Da verwundert es nicht, dass sich auch das Geschäftsklima etwas eintrübt. Die Geschwindigkeit des Anstiegs der Infektionen ist alarmierend, doch ist die Situation noch anders als im Frühjahr: Dank der vervielfachten Tests dürfte die Dunkelziffer deutlich zurückgegangen sein und es gelingt bisher besser, die Hochrisikogruppen zu schützen. Noch sind wir vorsichtig optimistisch, dass der Anstieg der Neuinfektionen in Deutschland ohne die ökonomisch schädlichsten Maßnahmen, wie umfassende Geschäftsschließungen, gebremst werden kann. Allerdings hängt das auch vom Beitrag jedes Einzelnen ab. Vor allem das Produzierende Gewerbe dürfte diesmal besser davonkommen als während der ersten Infektionswelle, da voraussichtlich auch bei den europäischen Handelspartnern möglichst wenige Wirtschaftsaktivitäten eingeschränkt werden. Dennoch bedeuten die absehbaren Restriktionen einen deutlichen Rückschlag für die schon in der ersten Welle stark betroffene Dienstleistungsbranchen, wie insbesondere das Gastgewerbe.“
„Insgesamt verfügt der Mittelstand in Deutschland über eine hohe finanzielle Widerstandskraft. Die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren einen hohen Bestand an Eigenkapital aufgebaut, wovon sie nun profitieren. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote erreichte mit 31,8 % im Jahr 2019 sogar einen neuen Rekordwert. Dazu beigetragen haben die wiederholt positive Umsatzentwicklung im vergangenen Jahr sowie ein Anstieg der Profitabilität."
„Trotz der komfortablen Ausgangslage der meisten mittelständischen Unternehmen in Deutschland wird die Corona-Krise Spuren hinterlassen. Nicht nur in den Bilanzen der KMU, sondern auch in den Köpfen der Unternehmerinnen und Unternehmer. Vorsicht und Zurückhaltung könnten das Handeln Vieler in der kommenden Zeit bestimmen. Es ist wichtig, dem entgegenzuwirken – durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen, die zum einen Unsicherheit reduzieren und zum anderen Impulse setzen, um die in der Krise liegenden Chancen zu nutzen.“
Zum KfW-Mittelstandspanel 2020 (PDF, 1 MB, nicht barrierefrei)
„Die Banken vergeben Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen zunehmend restriktiver, bleiben bei der Verschärfung ihrer Kreditvergabepolitik allerdings maßvoll. Da sich seit dem Tiefpunkt im April die wirtschaftliche Lage schnell und kontinuierlich verbessert hat, ist im 3. Quartal auch der Finanzierungsbedarf der Unternehmen in Deutschland nur noch moderat überdurchschnittlich. Unter den Mittelständlern sank der Anteil der Unternehmen, die Kreditverhandlungen führten, sogar leicht um 1,5 Prozentpunkte auf 30 %. Das ist ein positives Signal, denn es deutet darauf hin, dass die größten Finanznöte der Unternehmen erstmal vorüber sind. Ob das so bleibt, hängt jedoch entscheidend vom weiteren Pandemieverlauf ab und diese Unsicherheit wird die Investitionstätigkeit von Unternehmen weiter belasten.“
Zur KfW-ifo-Kredithürde Oktober 2020 (PDF, 99 KB, nicht barrierefrei)
„Die in den letzten Jahren gestiegene Zahl an Start-ups spiegelt die Reifung des Start-up-Ökosystems wider. Das ist eine sehr gute Entwicklung für den Innovationsstandort Deutschland. Die Corona-Krise belastet dieses Ökosystem nun erheblich, weil wohl zunächst sowohl mehr Unternehmen scheitern als auch weniger Gründungen nachkommen werden. Die Start-up-Hilfen von KfW und Bundesregierung waren deshalb wichtig, um das Start-up-Ökosystem zu stabilisieren. Die Krise kann aber auch als Katalysator wirken, insbesondere für neue digitale Geschäftsmodelle. Gründerinnen und Gründer können diese Gelegenheit nutzen, die gute Entwicklung des deutschen VC-Markts hilft ihnen sicherlich dabei. Deutschland hat international zwar noch immer Rückstand bei der Start-up-Finanzierung, wir befinden uns aber auf dem richtigen Weg.“
„Mit der auch im September anhaltenden Stimmungsaufhellung hält das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ohne Zweifel gute Nachrichten bereit, die allzu große Sorgen vor einem konjunkturellen Rückschlag zerstreuen können. Die wieder spürbar steigende Zahl an Corona-Neuinfizierten wird jedoch zu einer wachsenden Hürde für die Konjunktur am Anfang der kalten Jahreszeit. Die gesundheits- wie auch die wirtschaftspolitischen Anstrengungen müssen jetzt darauf fokussieren, dass die konjunkturelle Besserung auch nach dem zu erwartenden Rekordwachstum im dritten Quartal noch in befriedigendem Tempo weitergeht. Die deutsche Bevölkerung hat es zu einem Gutteil selbst in der Hand, mit Vernunft, Rücksicht und dem konsequenten Einhalten der Infektionsschutzregeln erneute großflächige Lockdowns zu vermeiden. Zunehmende Sorgen bereitet hingegen das Infektionsgeschehen in vielen anderen Ländern – gerade mit Blick auf die hiesige Exportwirtschaft und ihren Schwerpunkt auf zyklischen Investitionsgütern."
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer (PDF, 90 KB, nicht barrierefrei)
„Die konjunkturelle Erholung hat die Arbeitsmarktlage im Sommer spürbar verbessert. Der befürchtete Anstieg der Arbeitslosigkeit über die 3-Millionen-Marke scheint vorerst abgewendet. Saisonbedingt dürfte die Arbeitslosigkeit bis zum Jahresende sinken. Allerdings können wir davon ausgehen, dass die Infektionszahlen im Herbst wieder steigen werden. Das kann dazu führen, dass sich die konjunkturelle Erholung weiter verlangsamt. Auch sind Rückschläge möglich, wenn in Deutschland und Europa verschärfte staatliche Vorgaben zum Social Distancing nötig werden und die Konsumenten aus Sorge vor einer Ansteckung weniger ausgeben. Ein erneuter Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität ist unwahrscheinlich, denn die Menschen in Deutschland verhalten sich im Großen und Ganzen diszipliniert, und die Erkenntnisse aus dem Frühjahr erlauben einen regional gezielteren Umgang mit der Pandemie. Im nächsten Jahr wird der Fachkräftemangel als Hemmnis für den wirtschaftlichen Aufschwung wieder spürbar an Bedeutung gewinnen. Für die weitere Erholung ist daher mit entscheidend, dass Kurzarbeitende und Arbeitslose marktgerecht qualifiziert werden. Es besteht sonst die Gefahr, dass bei längerer Untätigkeit Qualifikationen verfallen und Arbeitslose demotiviert werden. Zudem wirkt die Krise als Katalysator, der den Strukturwandel beschleunigt. Digitale und ökologische Transformationen stellen neue Anforderungen an Beschäftigte und Unternehmen, weit über die Automobilbranche hinaus. Deshalb müssen wir das Risiko ernst nehmen, dass sich die in der Corona-Krise entstehende Unterbeschäftigung ohne vermehrte Qualifizierung verfestigen und der Fachkräftemangel verstärken kann.“
VC-Markt in Deutschland: Reif für den nächsten Entwicklungsschritt
„Der deutsche Venture Capital-Markt befindet sich zwar im Aufschwung, doch das Tempo ist zu langsam. Deutschland droht in wichtigen Technologiebereichen, für die Venture Capital eine große Rolle spielt, international den Anschluss zu verlieren. Das deutsche VC-Ökosystem muss die nächste Entwicklungsstufe nehmen, damit große Finanzierungsrunden häufiger auch ohne ausländische Investoren möglich sind und das Risiko für die Abwanderung von Unternehmen und Knowhow zu verringern. Dazu müssen nicht nur die Rahmenbedingungen für finanzstarke institutionelle Investoren, sondern auch die Wachstumsbedingungen von Start-ups – etwa bei der Bindung von Mitarbeitern durch geeignete Kapitalbeteiligungsmodelle – weiter verbessert werden.“
„Die Kreditvergabe an europäische Unternehmen blieb auch im August auf hohem Niveau stabil. Für die Zukunft rechne ich im Einklang mit der Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage auch am Kreditmarkt mit einer Beruhigung. Um unmittelbare finanzielle Notlagen durch den abrupten Coronaschock abzufedern, war die Kreditaufnahme für viele Unternehmen ein Rettungsanker. Nun rückt mit der Erholung vermehrt die Anpassung an die veränderten Realitäten in den Vordergrund. Ein erneuter sprunghafter Anstieg der Kreditnachfrage ist aber keineswegs auszuschließen. Das steigende Infektionsgeschehen und neue lokale Eindämmungsmaßnahmen lassen die Unsicherheit wieder wachsen. Deshalb bleibt ein weit gehend ungehinderter Kreditzugang für Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen ein wichtiges Ziel.“
„Der anfangs hohe Schwung der wirtschaftlichen Erholung ebbt ab, die Zahl der Corona-Neuinfizierten steigt – eine ungesunde Mischung zum Beginn des Herbstes! Da kommt der fünfte Geschäftsklimaanstieg als Signal der Beruhigung gerade recht. Dennoch: Der leichte Teil der Erholung ist vorbei. Die gesundheits- wie auch die wirtschaftspolitischen Anstrengungen müssen nun darauf fokussieren, dass die konjunkturelle Besserung auch nach dem zu erwartenden BIP-Rekordwachstum im dritten Quartal noch in befriedigendem Tempo weitergeht. Wir haben es zu einem Gutteil selbst in der Hand, mit Vernunft, Rücksicht und dem konsequenten Einhalten der Infektionsschutzregeln erneute großflächige Lockdowns zu vermeiden. Mit Blick auf unsere Exportwirtschaft macht mir das Infektionsgeschehen in vielen anderen wichtigen Ländern allerdings einige Sorgen.“
„Die Digitalisierung ist bei einem Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen angekommen. Die Mehrheit der Mittelständler befasst sich mit ihren Chancen und Risiken – auch wenn wir kurz vor Beginn der Corona-Pandemie keine weitere Bedeutungszunahme, sondern einen leichten Rücksetzer sehen. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich der Trend zu mehr Digitalisierung wieder fortsetzt. Gerade die Herausforderungen, vor die der krisenbedingte Lockdown die Unternehmen gestellt hat, sorgen für einen neuen Digitalisierungsschub.“
Zur Unternehmensbefragung 2020 – Digitalisierung (PDF, 654 KB, nicht barrierefrei)
„Ausfälle bei den Steuereinnahmen waren durch die heftigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu erwarten. Die aktuelle Schätzung bestätigt die ersten Befürchtungen; die öffentlichen Kassen müssen mit erheblichen Steuerausfällen rechnen. Das zeigt, dass der Weg aus der Krise noch lang sein kann. Trotzdem und gerade deshalb brauchen wir mit Blick auf die Bewältigung der unmittelbaren Herausforderungen den Einsatz von öffentlichen Mitteln, um einerseits Unternehmen mit guten Geschäftsmodellen und Liquiditätsschwierigkeiten zu unterstützen sowie andererseits Anreize und Anschubinvestitionen für Digitalisierung und Klimaneutralität zu geben, um auch zukünftig Einkommen erwirtschaften zu können.“
„Ich gehe davon aus, dass der EZB-Rat am Donnerstag den aktuellen geldpolitischen Kurs weitestgehend beibehalten wird. Die vor der Sommerpause ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen haben bislang ihre beabsichtigte Wirkung erzielt. Die Unternehmenskredite in der Eurozone haben im Juli einen der höchsten Werte der vergangenen zehn Jahre verbucht und damit zur Krisenabfederung beigetragen. Außerdem verläuft die Spread-Entwicklung zwischen Bundesanleihen und den Anleihen anderer Staaten des Euroraumes momentan in ruhigen Bahnen. Gleichzeitig hat sich allerdings das Tempo der konjunkturellen Erholung verlangsamt und die wirtschaftspolitische Unsicherheit ist weiterhin sehr hoch. Dazu kommt dass die EZB bei der Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie die kürzlich beschlossene Strategieanpassung der US-Notenbank mit berücksichtigen wird.“
„Nachdem das Geschäftsklima ab Mai nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen zunächst mit Rekordsprüngen in die Höhe geschossen war, nimmt das Tempo der Stimmungsverbesserung nun deutlich ab. Der leichte Teil der Erholung ist vorbei. Eine weitere Annäherung an das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsaktivität im nahenden Herbst und Winter wird eher zäh. Vor allem die exportorientierte Industrie muss sich auf zunehmenden nachfrageseitigen Gegenwind einstellen. Bei weiter rapide steigenden Corona-Infektionszahlen rund um den Globus bleibt die Unsicherheit enorm hoch und bremst die Investitionstätigkeit von Unternehmen im In- und Ausland. Die auf hochwertige Investitionsgüter spezialisierte deutsche Exportindustrie bekommt dies besonders zu spüren.
Daneben dürfte die Arbeitslosigkeit in Europa zunächst weiter zunehmen, was Zweitrundeneffekte auf den Konsum und insbesondere auf den Absatz von langlebigen Gütern wie beispielsweise Autos haben wird. Auch in Deutschland ist es keineswegs sicher, dass alle von Kurzarbeit Betroffenen später tatsächlich an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren können. Für eine nahtlose Konjunkturerholung ist es deshalb wichtig, dass möglichst viele die Kurzarbeitsphase zur Weiterbildung nutzen und beispielsweise ihre digitalen Kompetenzen stärken.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer August 2020 (PDF, 173 KB, nicht barrierefrei)
„Zwei Drittel der Haushalte sehen sich heute oder künftig durch den Klimawandel beeinträchtigt. Dies unterstreicht die Dringlichkeit der Umsetzung der Energiewende.“
„Für das Gelingen der Energiewende ist der Beitrag der Privathaushalte unerlässlich. Deutschland hat in vielen Sektoren zwar bereits spürbare Einsparungen bei den Treibhausgasen erreicht. Insbesondere im Verkehrs- aber auch im Gebäudesektor müssen die Einsparungen zur Zielerreichung bis 2030 noch einmal deutlich ansteigen, in beiden Sektoren auf jährlich 5%. Die Potenziale schlummern zu einem erheblichen Teil in den Privathaushalten.“
„Gleichzeitig müssen die regulatorischen Rahmenbedingungen so greifen, dass klimafreundliche Investitionen gestärkt und klimaschädliche Investitionen weniger attraktiv werden. Ein steigender CO2-Preis bei gleichzeitiger Entlastung klimafreundlicher Technologien und Verhaltensweisen wäre ein weiterer sinnvoller Schritt.“
Zum KfW-Energiewendebarometer 2020 (PDF, 613 KB, nicht barrierefrei)
„Die Konjunktur hat wieder Tritt gefasst. In allen Wirtschaftsbereichen haben sich Lage und Erwartung seit Mai sprunghaft verbessert. Die rasche Erholung ist maßgeblich auf die weit gehend stabile Einkommensentwicklung zurückzuführen. Die von den Arbeitgebern gezahlten Bruttostundenverdienste lagen im zweiten Quartal um 2,6 % über den Verdiensten des Vorquartals. Das stabilisiert in der Krise die Kaufkraft und stützt den privaten Konsum und den Wohnungsbau. Der Aufschwung erfasst jedoch nicht alle Branchen in gleicher Weise, dies zeigt sich deutlich im Einzelhandel: Im Juni lagen die Einzelhandelsumsätze real bereits wieder um 5,9 % über dem Stand des Vorjahres. In der Sparte Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren lag der Umsatz allerdings immer noch um 16,0 % unter dem Vorjahresstand. Und im Hotel- und Gaststättengewerbe betrug der Umsatzrückstand im gleichen Monat noch 42,2 %. Für eine Entwarnung ist es deshalb viel zu früh, das betrifft auch den Arbeitsmarkt. Es gibt immer noch knapp 3 Mio. Arbeitslose und über 5 Mio. Kurzarbeiter, und die Unternehmen stellen weiterhin zögerlich ein. Das größte Risiko für den Aufschwung ist und bleibt der weitere Pandemieverlauf. Die steigenden Infektionszahlen sind daher ernst zu nehmen. Drohen die Infektionsraten erneut außer Kontrolle zu geraten, können verschärfte Schutzmaßnahmen erforderlich werden – mit gravierenden Konsequenzen für die Wirtschaft. Es ist daher wichtig zu untersuchen, woher der Neuanstieg der Infektionen in Deutschland kommt und was jeder Einzelne dagegen unternehmen kann. Damit sich die Auftriebskräfte durchsetzen können, müssen die Unternehmen auch wieder mehr einstellen. Die Hemmnisse dafür sind das zurückhaltende Einstellungsverhalten und Schwierigkeiten, passende Arbeitnehmende zu finden, verstärkt durch die rückläufige Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte und eine abnehmende Erwerbsbeteiligung. Dies alles ist bedingt durch die Krise. Für den weiteren Aufschwung ist es wichtig, Hemmnisse für die Aufnahme einer Arbeit oder einer Ausbildung abzubauen, damit die Wirtschaft nicht durch Fachkräftemangel ausgebremst wird. Auch mit Blick auf 2021 und die folgenden Jahre muss der Sicherung des Fachkräfteangebotes hohe Priorität eingeräumt werden. Sonst können die demografische Entwicklung und die Produktivitätsschwäche in Deutschland zu einem gravierenden Hemmnis für klima- und umweltverträgliches Wachstum werden.“
„Für die Stabilität der wirtschaftlichen Entwicklung ist die starke Zunahme langfristiger Finanzierungen eine gute Nachricht“, kommentiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, diese Entwicklung. „Die längeren Fristen erhöhen die Finanzierungssicherheit für die Unternehmen und strecken die Belastung aus den Krisenverlusten über die Zeit. Das verbessert die Aussichten für eine nachhaltige Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs.“
Zum KfW-Kreditmarktausblick September 2020 (PDF, 90 KB, nicht barrierefrei)
„Am europäischen Unternehmenskreditmarkt ging es auch im Juli weiter äußerst kräftig nach oben, im Vergleich zum Vormonat hat sich die Kreditvergabe kaum verlangsamt. Bei der wirtschaftlichen Erholung haben wir in den letzten Monaten in Europa überall gute Fortschritte gemacht, die wieder steigenden Infektionszahlen zeigen allerdings eindrücklich, dass wir noch mitten in der Pandemie stecken. Unterstützt von staatlichen Garantien bleiben die Bankkredite deshalb ein wesentliches Instrument, um Unternehmen die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen. Für die Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung ist das enorm wichtig, das kommt allerdings mit Nebenwirkungen. Der Verschuldungsgrad der europäischen Unternehmen wird steigen und damit sinkt ihr finanzieller Spielraum für Investitionen und Innovationen in der Zukunft.“
„Im Herbst- und Winterquartal erwarte ich nur noch eine sehr langsame Aufholbewegung des deutschen und europäischen Wirtschaftswachstums. Da die Impfstoffentwicklung aber schnell vorankommt, ist es eine realistische Annahme, dass in wohlhabenden Volkswirtschaften wie den Euroländern ab dem Frühjahr 2021 Massenimmunisierungen beginnen. Ein effektiver Corona-Impfstoff wäre der ‚Gamechanger‘. Damit dürfte es zu einer Aufhebung weiterer Eindämmungsmaßnahmen und vor allem zu einem Vertrauensschub kommen. Bis Ende 2021 können wir dann das Vorkrisenniveau des BIP wieder erreichen. Insgesamt dürfte durch die Corona-Krise 2020 und 2021 in Deutschland eine Wirtschaftsleistung von etwa 340 Mrd. EUR gegenüber dem Potenzialwachstum verloren gehen.“
Zum KfW-Konjunkturkompass Deutschland / Eurozone (PDF, 152 KB, nicht barrierefrei)
„Destatis hat heute früh den Jahrhunderteinbruch des BIP im zweiten Quartal auf -9,7% präzisiert und seine Erstschätzung für die Staatsfinanzen im 1. Halbjahr veröffentlicht. Der Staatshaushalt ist infolge der Corona-Krise erstmals seit acht Jahren wieder tief in die roten Zahlen gerutscht. Das war zu erwarten und ist richtig. Das öffentliche Geld ist in den raschen und umfangreichen Stabilisierungsmaßnahmen gut angelegt, wie auch der anhaltende Stimmungsaufschwung in den Unternehmen unterstreicht. Das Geschäftsklima verbessert sich im August zum vierten Mal in Folge. Diesen Erfolg gilt es angesichts wieder deutlich steigender Ansteckungen unbedingt zu bewahren. Vernunft, gegenseitige Rücksicht und das strikte Einhalten der Regeln zum Infektionsschutz sind der Schlüssel, damit die konjunkturelle Erholung weitergeht. Schließlich ist das Vorkrisenniveau noch in weiter Ferne, und das weltweit heftige Wüten der Pandemie bleibt ein großes Risiko für uns als Exportnation.“
„Der zunehmende Fachkräftemangel in Deutschland lässt die Mittelständler neue Wege bei der Personalsuche gehen. Auch der Eintritt der „Digital Natives“ mit ihrem spezifischen Kommunikationsverhalten ins Berufsleben ist eine Triebfeder der verstärkten Social Media-Aktivitäten. Die Einschränkung sozialer Kontakte durch die Corona-Krise dürfte zu einem weiteren Social Media-Schub bei der Mitarbeitergewinnung führen, da klassische Rekrutierungsmaßnahmen wie etwa Tage der offenen Tür oder Ausbildungsmessen zurzeit nicht stattfinden können. Im internationalen Vergleich liegen die deutschen mittelständischen Unternehmen nur im unteren Mittelfeld, wenn es um die Rekrutierung von Fachkräften über soziale Netzwerke geht.“
„Nach dem Absturz ins Bodenlose im April ist den kleinen und mittleren Unternehmen ein recht ordentlicher Neustart gelungen. Dass nach dem tiefen Einbruch eine Stimmungsdepression vermieden werden konnte, ist auch einer entschlossenen gesundheits- und wirtschaftspolitischen Reaktion auf die Pandemie zu verdanken. Viele kleine und mittlere Unternehmen konnten mit Zuschüssen und Kredithilfen den Lockdown überbrücken. Nach dem historischen Einbruch im ersten Halbjahr sind die Weichen für ein hohes Wachstum im Sommerquartal gestellt."
Allerdings nimmt auch der Gegenwind zu. „Insbesondere der exportorientierten Industrie schadet die global weiterhin hohe Infektionsdynamik. Angesichts der enormen Unsicherheit sowie der krisenbedingten Verluste werden viele Unternehmen ihre Investitionspläne strecken oder verschieben. Die neuerdings auch hier zu Lande wieder gestiegenen Neuinfektionen sind außerdem ein Risiko für fast alle Branchen.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Juli 2020 (PDF, 125 KB, nicht barrierefrei)
„Die Corona-Krise könnte eine traurige Zäsur in der positiven Entwicklung der kommunalen Investitionen im Schulsektor darstellen und für die Schulinfrastruktur zu einer langanhaltenden Belastungsprobe werden. Fehlende Finanzmittel sind ein Risiko für den notwendigen Schub bei der Digitalisierung der Schulen. Deshalb ist es so wichtig, die Planungs- und Investitionsfähigkeit der Kommunen in Zeiten von Corona zu stärken. Das ist ein wichtiger Beitrag für eine gut funktionierende Schulinfrastruktur in Deutschland“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib.
„Mit den heute veröffentlichten Daten ist nun offiziell, welche unmittelbare ökonomische Zerstörung die erste Infektionswelle im Euroraum hinterlassen hat. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Ländern. Dort wo die striktesten Eindämmungsmaßnahmen ergriffen wurden, ist die Wirtschaft am tiefsten eingebrochen. Da Länder mit einer zuvor schon überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit besonders heftig getroffen wurden, droht sich die wirtschaftliche Kluft im Euroraum weiter zu vergrößern. Für Wirtschaft und Zusammenhalt ist es deshalb so wichtig, dass sich der Europäische Rat letztendlich auf einen Recovery Fund einigen konnte. Außerdem ist es mit der entschiedenen gesundheitspolitischen Reaktion immerhin gelungen, das Virus in Europa relativ schnell einzudämmen. Noch im zweiten Quartal konnte so eine deutliche Erholung beginnen, die sich im laufenden Sommerquartal zeigen wird. Die neuerdings wieder ansteigenden Fallzahlen insbesondere in Spanien aber auch in Deutschland und Frankreich sind hierfür das größte Risiko. Das gilt, obwohl neue Eindämmungsmaßnahmen heute wohl gezielter und damit ökonomisch weniger schädlich ausfallen können als im Frühjahr.“
„Die Corona-Krise unterzieht den deutschen Arbeitsmarkt einem Stresstest. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt dürfte der Tiefpunkt der Wirtschaftskrise im zweiten Quartal erreicht worden sein. Am Arbeitsmarkt kommt dies jedoch mit einigen Monaten Verzögerung an, denn manche Unternehmen werden einen Teil der Kurzarbeiter noch entlassen müssen. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte im Jahresdurchschnitt 2020 mit 44,6 Mio. um 700.000 unter dem Stand des Vorjahres liegen. Der Höchststand der Arbeitslosigkeit könnte mit rund 3 Mio. Arbeitslosen im dritten Quartal erreicht werden. Zum Jahresende können die Auftriebskräfte sich dann auch am Arbeitsmarkt durchsetzen. Die Konjunkturimpulse durch das umfangreiche Konjunkturpaket des Bundes dürften spürbar dazu beitragen, dass Unternehmen wieder vermehrt investieren und damit auch neue Arbeitsplätze schaffen. Im Jahresdurchschnitt 2020 dürfte es rund 500.000 Arbeitslose mehr geben als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote dürfte von 5,0 % 2019 auf 6,1 % im Jahr 2020 steigen. 2021 könnte sie dann bei zunehmender Erwerbstätigkeit mit 6,0 % wieder etwas niedriger ausfallen. Die Risiken sind jedoch beträchtlich. Eine wesentliche Voraussetzung für die Besserung am Arbeitsmarkt ist, dass die Ansteckungsrate durch den Infektionsschutz und durch Vernunft und Rücksicht der Menschen niedrig bleibt. Sollte in Deutschland oder wichtigen ausländischen Absatzmärkten eine zweite Infektionswelle einen konjunkturellen Rückschlag auslösen, kann sich der Abbau von Arbeitsplätzen auch verstärken. Hinzu kommt, dass viele Betriebe wegen andauernder Ertragseinbußen nach neuen Geschäftsmodellen suchen und ihre Kosten längerfristig reduzieren wollen. Dies kann ebenfalls Kündigungen zur Folge haben. Deshalb ist es so wichtig, dass alles unternommen wird, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, die strukturellen Herausforderungen anzugehen und umwelt- und klimaverträgliches Wirtschaftswachstum zu sichern. Wir alle sollten im Kopf behalten, dass es sowohl um das Bewahren von Menschenleben, als auch um die Sicherung unseres Wohlstands und unserer Arbeitsplätze geht.“
„Mit -10,1 % im Vorquartalsvergleich ist der heute gemeldete Einbruch des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal 2020 wahrlich historisch. Der bisher größte Quartalsrückgang auf dem Höhepunkt der Finanzkrise von -4,7 % wurde mehr als verdoppelt, denn die Eindämmung der ersten Infektionswelle im Frühjahr hat eine bis dato unvorstellbare Stilllegung vieler Wirtschaftsaktivitäten erfordert. Immerhin dürfte auf den Negativrekord ein außergewöhnlich hohes Wachstum im laufenden Sommerquartal folgen, denn mit der schrittweisen Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen hat die Wirtschaft ab Mai recht schnell Fahrt aufgenommen. Nach der zunächst fast mechanischen Erholung durch die Angebotsseite, dürfte das Aufholtempo dann aber bald wieder nachlassen. Insbesondere die exportorientierte Industrie muss angesichts der global weiterhin hohen Infektionsdynamik mit viel Gegenwind rechnen. Angesichts der hohen Unsicherheit sowie der krisenbedingten Verluste werden viele Unternehmen außerdem ihre Investitionspläne strecken oder verschieben.“
"Eine dreimalige Geschäftsklimaveränderung in die gleiche Richtung signalisiert die Trendwende – nach dieser altbekannten Daumenregel ist Deutschland nun endgültig auf Erholungskurs, denn die Unternehmensstimmung steigt im Juli zum dritten Mal in Folge. Der konjunkturelle Einstieg in das Sommerquartal ist damit gelungen. Das BIP-Wachstum dürfte im dritten Quartal außergewöhnlich kräftig ausfallen, das allerdings nachdem die Wirtschaft im Frühling infolge der Corona-Maßnahmen historisch kollabiert war. Ich erwarte, dass Destatis am kommenden Donnerstag für das zweite Quartal einen knapp zweistelligen Prozenteinbruch des BIP verkünden wird. Trotz der zuletzt ermutigenden Signale ist es für jedwede Entwarnung zu früh: Das Vorkrisenniveau bleibt noch auf absehbare Zeit in weiter Ferne, und das unverändert heftige Wüten der Pandemie in großen Teilen der Welt ist ein enormes Risiko für die Exportnation Deutschland."
„Nach den starken Anstiegen der Vormonate war mit einer gewissen Beruhigung beim Wachstum europäischer Unternehmenskredite zu rechnen. Das ist kein Alarmzeichen, denn die Lockerungen der Pandemiemaßnahmen sorgen für etwas Entspannung bei der Liquiditätssituation der Unternehmen und über eine starke Emissionsaktivität an den Anleihemärkten haben sich die Großunternehmen alternative Finanzierungsquellen erschließen können. Auch wenn der Höhepunkt der Kreditdynamik voraussichtlich überschritten wurde, bleibt ein funktionierender Kreditkanal in den kommenden Quartalen entscheidend für die Erholung der Wirtschaft nach dem Coronaschock. Bisher haben die Banken in der Eurozone anders als in der Finanzkrise auf eine Verschärfung der Kreditstandards weit gehend verzichten können. In der jüngsten Befragung der Finanzinstitute durch die EZB wird deutlich, wie essenziell die staatlichen Kreditgarantien dafür in den besonders hart getroffenen Ländern waren. Der Ausstieg aus dieser wichtigen Unterstützungsmaßnahme sollte daher vorsichtig erfolgen.“
"Die Konjunkturdaten am aktuellen Rand signalisieren, dass die Wirtschaft im Euroraum seit Mai wieder Fahrt aufgenommen hat. Dennoch bleibt die weitere Entwicklung vor dem Hintergrund global deutlich steigender Neuinfektionen fragil. Aufgrund einer auf absehbare Zeit hohen Unterauslastung des Produktionspotenzials wird der Preisdruck lange gering bleiben. Infolge dessen ist der hohe Expansionsgrad der Geldpolitik angemessen. Nach dem Feuerwerk an innovativen Maßnahmen wird der EZB-Rat am kommenden Donnerstag aber vermutlich eine Verschnaufpause einlegen. Änderungen an einzelnen Parametern sind aber gut möglich. So könnte die EZB den Freibetrag für die Überschussreserven erhöhen, um die Banken in der Corona-Krise weiter zu unterstützen."
„Die mittelständischen Unternehmen in Deutschland stemmen sich aktiv gegen die Krise. Viele von ihnen haben sehr schnell ihre Prozesse und Geschäftsmodelle den erschwerten Rahmenbedingungen angepasst. Das ist positiv. Wichtig ist aber auch, dass die Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten aufrechterhalten können und sich die Fähigkeit bewahren, echte Marktneuheiten zu entwickeln.“
„Angesichts der erheblich gestiegenen Kreditausfallrisiken infolge der tiefen Rezession halten sich die Schwierigkeiten der mittelständischen Unternehmen beim Kreditzugang bisher in Grenzen. So klagten während der globalen Finanzkrise 2009 mehr als 40 % der befragten kleinen und mittleren Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes über Hindernisse beim Kreditzugang. Heute sind die Finanzinstitute in einer besseren Verfassung als damals, zugleich tragen die umfassenden wirtschaftspolitischen Unterstützungsmaßnahmen dazu bei, dass die Kreditvergabebereitschaft der Banken in der aktuellen Krise weniger stark leidet.“
Zur KfW-ifo-Kredithürde Juli 2020 (PDF, 111 KB, nicht barrierefrei)
„Der Tiefpunkt der Rezession, in die die Corona-Pandemie Deutschland, Europa und die Welt unvermittelt gestoßen hat, liegt mit dem zweiten Quartal inzwischen hinter uns. Die Juni-Ergebnisse des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers unterstreichen, dass sich die Unternehmen Stück für Stück aus dem tiefen Konjunkturtal herausarbeiten. Die Wirtschaft hat nun den Weg zurück nach oben eingeschlagen. Dieser folgt jedoch einem schmalen Pfad, auf dem man sich trotz massiver wirtschaftspolitischer Sicherungsmaßnahmen jederzeit vor Absturzgefahren in Acht nehmen muss. Der lokale Anstieg von Neuinfektionen führt eindringlich vor Augen, wie gefährlich das Virus nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland noch immer ist. Es bleibt zu hoffen, dass solche lokalen Virus-Ausbrüche mit lokalen Quarantäne- und Lockdown-Maßnahmen rechtzeitig eingedämmt werden, bevor sie sich verbreiten können. Wachsamkeit und Disziplin bei der Einhaltung der Hygieneregeln sind weiter dringend nötig, um einen erneuten wirtschaftlichen Rückschlag infolge einer zweiten Infektionswelle zu vermeiden.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Juni 2020 (PDF, 169 KB, nicht barrierefrei)
„Der Ausblick für das Gründungsjahr 2020 war positiv, doch die Corona-Pandemie belastet. Ich erwarte, dass Gründungspläne unter dem Eindruck der aktuell existenzbedrohenden Lage vieler Selbstständiger teilweise verschoben werden“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW Bankengruppe. Jedoch werde die Krise auch einen, die Gründungstätigkeit antreibenden Effekt haben. „Aufgrund von krisenbedingt zunehmender Erwerbslosigkeit dürfte die Zahl so genannter Notgründungen – also Gründungen, die mangels besserer Erwerbsalternativen erfolgen, steigen.“ Welcher Effekt letztlich überwiegen werde, bleibe abzuwarten.
„Der Trend zu mehr innovativen, digitalen und internetbasierten Gründungen ist positiv, denn sie kreieren neue Märkte, treiben den strukturellen Wandel voran und stärken die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.“
Zum KfW-Gründungsmonitor 2020 (PDF, 643 KB, nicht barrierefrei)
„In allen Wirtschaftsbereichen hat sich das Geschäftsklima seit dem Ende des Lockdowns von einer sehr tiefen Basis deutlich verbessert. Die meisten Unternehmen erwarten bessere Geschäfte im zweiten Halbjahr, auch wenn Nachfrage und Lieferketten immer noch beeinträchtigt sind und die Sorge um die Zukunft oft noch groß ist. Durch die wiederbelebte Geschäftstätigkeit können viele Kurzarbeiter ihre Arbeitszeit wieder ausweiten. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte in den nächsten Monaten dennoch weiter steigen, denn es wird weitere Entlassungen geben und die Unternehmen stellen weniger ein. Deshalb liegt die Zahl der gemeldeten offenen Stellen im Mai mit 570.000 um mehr als 200.000 unter der des Vorjahresmonats. Die Arbeitslosigkeit hat vor allem unter Erwerbstätigen ohne Berufsabschluss und Jugendlichen zugenommen. Es kommt in den kommenden Monaten darauf an, dafür zu sorgen, dass sich die Arbeitslosigkeit nicht verfestigt und zu bleibenden Nachteilen führt. Hierfür müssen Lehrstellen und Qualifizierungsangebote in größerer Zahl geschaffen werden. Die Bedingungen dafür sind nicht einfach. Denn viele Betriebe können aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht ausbilden. Und die Notwendigkeit zum Social Distancing stellt ausbildungswillige Betriebe vor mehr oder weniger große Herausforderungen. Deshalb sind auch beim Schulen und Ausbilden innovative Lösungen gefragt.“
„Der kräftige Kreditfluss an die europäischen Unternehmen hat mitten im historischen Coronatief Bestand. Das ist ein Erfolg der umfassenden wirtschaftspolitischen Stabilisierungsmaßnahmen. Die Hilfen für Banken, Unternehmen und Gesamtwirtschaft wirken über die direkten Adressaten hinaus und verstärken sich gegenseitig. Das Zusammenspiel von zwei Instrumenten ist für die Aufrechterhaltung eines offenen Kreditkanals besonders wichtig: Erstens setzt die EZB mit äußerst attraktiven Konditionen für die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO-III) gezielt Anreize für die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen. Gleich bei der ersten Runde im Juni war die Nachfrage der Banken für diese Mittel mit über 1.300 Mrd. enorm stark. Zweitens senken die Kreditgarantien der europäischen Staaten die Verlustrisiken nicht nur für die Finanzinstitute, sondern auch für die Volkswirtschaft. Gemäß einer Analyse der EZB können so bis zu 20 % der erwarteten Kreditausfälle vermieden werden.“
„Die Unternehmen arbeiten sich Stück für Stück aus dem tiefen Rezessionstal heraus. Ihre Stimmung steigt zum zweiten Mal kräftig an. Der Weg zurück nach oben folgt jedoch einem schmalen Pfad, auf dem man sich trotz massiver wirtschaftspolitischer Sicherungsmaßnahmen jederzeit vor Absturzgefahren in Acht nehmen muss. Der jüngste Anstieg der Neuinfektionen führt uns eindringlich vor Augen, wie aggressiv das Virus auch in Deutschland noch immer ist. Es bleibt zu hoffen, dass lokale Ausbrüche mit lokalen Quarantäne- und Lockdown-Maßnahmen rechtzeitig eingedämmt werden können, bevor sie in die übrige Bevölkerung eingeschleppt werden. Wachsamkeit und Disziplin bei der Einhaltung der Hygieneregeln sind jedenfalls weiter dringend nötig, um einen erneuten Absturz zu vermeiden. Die neue Corona-Warn-App ist dabei ein nützlicher Baustein.“
„Die Corona-Krise hat den deutschen Mittelstand im Griff, die Umsatzeinbußen sind gravierend und dürften sich für die Monate März bis Mai auf insgesamt gute 250 Mrd. EUR summieren. Der Weg aus dem Corona-Tal wird ein langer, mühsamer sein. Beim Blick nach vorn ist dennoch vorsichtiger Optimismus möglich: Mit dem umfassenden Corona-Schutzschirm des Staates, den Erfolgen bei der Eindämmung der Virusinfektionen und auch den Anpassungen von Geschäftsmodellen und Produktpaletten durch die Unternehmen selbst, ist Deutschland auf einem guten Weg. Wichtig ist nun vor allem Vertrauen in eine nachhaltige Erholung. Das neue Konjunkturprogramm der Bundesregierung setzt hierfür willkommene Impulse.“
„Die Corona-Pandemie und die mit ihr verbundenen Beeinträchtigungen der Wirtschaftsaktivität hinterlassen bereits im ersten Quartal deutliche Spuren – und werden bis zum Ende des Jahres die Entwicklung am heimischen Unternehmenskreditmarkt dominieren“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „In den Wochen des Lockdowns im zweiten Quartal dürfte die Wirtschaftsleistung lediglich 75–80 % des Normalniveaus betragen haben. Auch wenn die Erholung seitdem eingesetzt hat, wird das Vorkrisenniveau voraussichtlich erst 2021 wieder erreicht. Der Finanzierungsbedarf der Unternehmen zur Überwindung des Schocks nimmt deshalb weiter zu und im gleichen Zug die Nachfrage nach Bankkrediten als wichtigstem Fremdfinanzierungsinstrument. Für das laufende Quartal erwarte ich eine Zunahme der Neukreditvergabe an Unternehmen um etwa 10 %.“ Neben dem Zugriff auf Kreditlinien dürften dabei neuverhandelte Überbrückungskredite, die KfW-Coronahilfe-Programme einschließen, ebenso an Bedeutung gewinnen wie die Aussetzung von Tilgungen."
Zum KfW-Kreditmarktausblick Juni 2020 (PDF, 94 KB, nicht barrierefrei)
„Die deutsche Wirtschaft kann dem Fachkräftemangel und der Produktivitätsschwäche vor allem mit mehr Investitionen, Innovationen und Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen entgegenwirken. Diese Zutaten benötigt unsere Wirtschaft auch, um die Corona-Krise und ihre Folgen möglichst schnell zu überwinden. Wir brauchen deshalb für die kommenden Jahre eine langfristig angelegte Wachstums- und Investitionsinitiative von Staat und Wirtschaft – und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Zentrale Handlungsfelder sind Krisenfestigkeit, Klimaschutz und Produktivitätssteigerungen durch Innovation und Digitalisierung. Im Moment ist es vordringlich, die Corona-Krise zu bewältigen. Dabei ist es unabdingbar, dass auch die Wirtschaft Verantwortung übernimmt. Möglicherweise könnte eine konzertierte Aktion der Verbände noch mehr bewirken – z. B. bei der Mobilisierung von Mitteln, um die Ausstattung mit Schutzausrüstung, Test- und Impfstoffentwicklung voranzutreiben. Schon in wenigen Jahren werden der Fachkräftemangel und die schwache Produktivitätsentwicklung aber wieder zu den größten Herausforderungen der deutschen Wirtschaft zählen. Höhere Produktivitätssteigerungen können nur mit mehr Investitionen, mehr Innovationen und Digitalisierung sowie besserer Qualifizierung erreicht werden.“
Zum Fokus Corona-Krise und Fachkräftemangel bremsen das Wachstum (PDF, 323 KB, nicht barrierefrei)
„Die Ergebnisse des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers seit März gleichen einer Achterbahnfahrt mit steil abstürzender Talfahrt und einer – im Vergleich dazu – eher kleinen Bergfahrt im Mai. Auch wenn die aktuelle Stimmungsverbesserung in historischer Perspektive ausgesprochen kräftig ausfällt, ist sie doch nicht mehr als ein Seufzer der Erleichterung angesichts der jüngsten Entspannung in der Corona-Krise, die die Unternehmen nun wieder weniger pessimistisch in die nähere Zukunft blicken lässt. Der Weg aus dem Corona-Tal ist aber noch lang. Er wird nur dann ohne Zwischenfälle verlaufen, wenn die weiter notwendigen Hygieneauflagen eingehalten werden. Um ihn erfolgreich zu Ende zu gehen, ist neues Vertrauen in die Zukunft der Schlüssel.“
„Es steht zu befürchten, dass die Kommunen ihre Investitionen einschränken, weil sie diese, anders als verpflichtende Ausgaben wie etwa Sozialleistungen, erst einmal aufschieben können. Für eine nachhaltige Erholung nach der Corona-Krise wäre das aber fatal, denn hierfür sind Kommunalinvestitionen eine wesentliche Stellschraube – beispielsweise in den Bereichen Klimaschutz, Bildung oder auch Digitalisierung.“
„Wir sehen in unseren Befragungen, dass fast alle Kommunen ein Einnahmeproblem erwarten, was sich negativ auf die Investitionsplanungen auswirkt. Die Stabilisierung der Kommunalfinanzen ist deshalb eine dringende Erfordernis für die Sicherstellung kommunaler Investitionen“, so Dr. Köhler-Geib.
Das Problem regionaler Disparitäten zeigt sich bei wichtigen Zukunftsthemen. „Die kommunalen Investitionen auch für Digitalisierung sicherzustellen ist somit nicht nur Teil einer sinnvollen Krisenpolitik, sondern auch ein zentraler Baustein für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“, fasst Dr. Köhler-Geib zusammen.
„Mit dem Beenden des Shutdowns haben Bund und Länder den Startschuss für einen Neuanfang gegeben. Das gilt auch für den Arbeitsmarkt. Die weitere Entwicklung wird vor allem von drei Faktoren abhängen: Kann eine zweite Infektionswelle vermieden werden? Inwieweit können Wirtschaftszweige, die vom Shutdown, von Störungen in Lieferketten und vom eingebrochenen Außenhandel betroffen waren, wieder ausreichende Erträge erwirtschaften? Mit welchen weiteren staatlichen Impulsen für die Wirtschaft ist zu rechnen? Analysiert man die Faktoren, so überwiegen die Gründe, vorsichtig optimistisch zu sein. Die Vermeidung einer zweiten Infektionswelle wird entscheidend davon abhängen, wie konsequent weiterhin Distanz gehalten und Hygieneauflagen eingehalten werden. Dies ist essentiell, um neues Vertrauen zu schaffen. Bund und Länder haben sich bei den Lockerungen von der gebotenen Vorsicht leiten lassen und sich darauf geeinigt, bei einem alarmierenden Anstieg der Infektionszahlen sofort regional aktiv zu werden. Damit sollte sich verhindern lassen, dass erneut ein nationaler Shutdown nötig wird. Der Außenhandel sollte sich ebenfalls erholen, weil auch unsere Handelspartner in- und außerhalb der Europäischen Union mit ähnlichen Strategien einen schrittweisen Neustart eingeleitet haben, auch wenn viele internationale Lieferketten noch länger gestört sein werden. Und schließlich haben Bund, Länder und die Europäische Union Stabilisierungsprogramme aufgelegt und weitere Konjunktur- und Wachstumsprogramme angekündigt, um starke Impulse für einen breiten und nachhaltigen Aufschwung zu geben. All dies wird in den nächsten Monaten die Lage vieler Beschäftigter, Unternehmer und Selbständiger verbessern. Dennoch dürften weitere Arbeitsplätze verloren gehen und die Arbeitslosigkeit weiter steigen. Denn die Regeln zum Social Distancing werden uns wahrscheinlich bis zur breiten Verfügbarkeit eines Impfstoffes erhalten bleiben, und die verbleibende Unsicherheit über die weitere Entwicklung und die daraus resultierende Vorsicht von Unternehmern und Konsumenten werden den Aufschwung belasten. Insbesondere die anhaltenden Einschränkungen für konsumnahe Dienstleistungen wie Gastgewerbe, Einzelhandel, Tourismus und Kultur- und Kreativwirtschaft verhindern dort oft noch ein auskömmliches Wirtschaften. Je länger dies so bleibt, umso mehr Kurzarbeiter werden ihre Stellen verlieren und umso mehr Betriebe und Selbständige werden aufgeben müssen."
„Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche geldpolitische Maßnahmen. Das gilt für die EZB genauso wie für die Fed oder Bank of England, die seit der Corona-Krise alle stark am Markt für Staatsanleihen intervenieren. Der EZB-Rat wird bei seiner Sitzung am Donnerstag diskutieren, ob der EZB-Kapitalschlüssel als mittelfristige Leitlinie für die Wertpapierkäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallprogramms PEPP aufgegeben werden sollte. Da der Corona-Schock in einzelnen Ländern wie Italien, Spanien und Frankreich besonders hart einschlug, benötigen diese auch gezielte Unterstützung. Das Zinsniveau in Deutschland würde so etwas weniger nach unten gezogen. Andererseits haben das Bundesverfassungsgericht, und auch der Europäische Gerichtshof die Orientierung am Kapitalschlüssel sowie ein begrenztes Volumen der Wertpapierkäufe als wichtige Abgrenzungen zur monetären Staatsfinanzierung definiert. Ein "Recovery Fund" gemäß der deutsch-französischen Initiative oder den Vorschlägen der EU-Kommission würde auf jeden Fall etwas Druck von der Notenbank nehmen.“
„Um die massiven, pandemiebedingten Umsatzeinbrüche der Wirtschaft abzufedern, spielen staatlich geförderte Hilfskredite eine wichtige Rolle in den Maßnahmenpaketen der europäischen Regierungen. Ob die kreditbasierten Mittel aber tatsächlich fließen, hängt vor allem von der Bereitschaft und der Fähigkeit der Banken ab, die steigenden Kreditrisiken zu schultern. Nach Schätzung der EBA könnten sich die Verluste für die Finanzinstitute auf 3,8 % der risikogewichteten Aktiva belaufen. Das ist erheblich. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass die Finanzinstitute der Eurozone für den April abermals ein kräftiges Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen gemeldet haben. Jetzt zahlt es sich auch, dass das Bankensystem nach den Erfahrungen der Finanzkrise durch strengere regulatorische Anforderungen krisenfest aufgestellt worden ist. Um die Wirtschaft nach dem Abklingen des abrupten Schocks wieder in Schwung zu bringen, braucht es aber einen langen Atem. Damit das dafür notwendige Kapital zur Verfügung gestellt wird, sind weitere, gezielte Risikoentlastungen der Banken bei der Kreditvergabe sinnvoll.“
„Die Unternehmen quittieren die begonnenen Lockerungen mit einem Seufzer der Erleichterung – zu Recht! Dank der Disziplin in der Bevölkerung und der allgemeinen Akzeptanz gesundheitspolitisch notwendiger Eindämmungsmaßnahmen auch aufseiten der Unternehmen ist Deutschland auf einem guten Weg. Doch dieser Weg aus dem Corona-Tal hinaus ist noch lang und wird nur dann reibungslos verlaufen, wenn die weiter notwendigen Hygieneauflagen eingehalten werden. Um ihn erfolgreich zu Ende zu gehen, ist neues Vertrauen in die Zukunft der Schlüssel. Deshalb gilt es, zur Stärkung und Verstetigung der kommenden Erholung rasch ein Wachstums- und Investitionsprogramm zu entwerfen, das die strukturellen Herausforderungen der deutschen Wirtschaft berücksichtigt und eine klare Zielvorstellung nachhaltigen Wirtschaftens transportiert.“
„Die Corona-Krise in Deutschland hat der sehr guten Stimmung auf dem VC-Markt ein jähes Ende bereitet“, sagt Dr. Friederike Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Die Erfahrung zeigt, dass sich VC-Investoren in Krisen auf die Portfoliopflege konzentrieren und sich vorerst mit Neuinvestitionen zurückhalten. Das drückt aufs Investitionsniveau. Es ist aber gerade jetzt wichtig, die sehr guten Start-ups, die noch auf der Suche nach VC-Investoren sind, nicht im Regen stehen zu lassen. Denn sie werden die kapitalintensive Time-to-Market sonst schwerlich überstehen. Eine Start-up-Generation zu verlieren wäre ein harter Schlag. Das sehr gute Fundraisingklima der vergangenen Jahre sollte eine Überbrückung doch möglich machen.“
„Die Krise als Chance zu nutzen, hin zu nachhaltigerem Wirtschaften, ist fundamental wichtig, denn es stellt Deutschland gut auf, mittel- und langfristig Einkommen zu erwirtschaften“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Die Rückkehr auf einen Wachstumspfad und die Veränderung hin zu nachhaltigerem Wirtschaften ist gleichzeitig auch möglich. Dabei ist Planungssicherheit und ausreichend Zeit für die Anpassung entscheidend. Aus meiner Sicht müssen wir hierfür an folgenden 5 Punkten ansetzen: Krisenfestigkeit stärken, Klimaneutralität erreichen, Produktivität durch Innovation und Digitalisierung steigern, Internationale Vernetzung nutzen und Nationalisierung von Wertschöpfungsketten vermeiden sowie Europa stärken.“
„Mit -2,2 % im ersten Quartal ist Deutschland noch gut davongekommen. Hier zeigt sich, dass der Lockdown später als in den anderen Euroländern kam und auch weniger umfassend war. Die meisten Geschäftsschließungen wurden erst ab der letzten Märzwoche angeordnet. Von da an dürfte die Wirtschaftsleistung über mehrere Wochen um 20–25 % unter Normalniveau gelegen haben, wobei auch Ausfälle im nur indirekt betroffenen Verarbeitenden Gewerbe eine große Rolle spielen. Wir müssen daher mit viel schlimmeren Zahlen für das zweite Quartal rechnen und im Jahresdurchschnitt erwarte ich ein Minus von 6 %. Immerhin dürften wir das Corona-Tal schon durchschritten haben, solange eine zweite Welle ausbleibt. Der Weg zurück zum Vorkrisenniveau ist dennoch lang, gerade für die Industrie, die wegen der enormen Unsicherheit mit einer massiven globalen Investitionszurückhaltung kämpfen muss.“
„Die Investitionsbedarfe der Kommunen waren schon vor der Corona-Krise hoch“, sagt KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib. „Wenn jetzt die Haushaltsspielräume schrumpfen und deshalb Investitionen eingespart werden, ist das eine katastrophale Aussicht. Deutschland braucht öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur, um die Folgen der Krise zu bewältigen und als Voraussetzung für den Erhalt unseres Wohlstands in Deutschland. Alleine die Anpassung der Infrastruktur an den Klimawandel oder die demografische Entwicklung sind Herkulesaufgaben.“
„Das Kurzarbeitergeld stützt Arbeitsplätze und Einkommen von Millionen von Beschäftigten. Doch je länger Nachfrageausfälle und Produktionseinschränkungen andauern, umso mehr Beschäftigte werden sich arbeitslos melden müssen. Schon deshalb muss mit Hochdruck daran gearbeitet werden, dass die von der Krise betroffenen Betriebe so schnell wie möglich wieder ausreichend Umsatz generieren können. Deshalb ist es so wichtig, dass Ressourcen und Energie in die Entwicklung von Schnelltests und die Nachverfolgung von Infektionsketten gesteckt und Verhaltensprotokolle eingeführt werden. Damit können wir gleichzeitig Leben schützen und Lebensunterhalt sichern. “
Zur Studie "Aktuelle Auswirkungen von Corona auf den Arbeitsmarkt" (PDF, 92 KB, nicht barrierefrei)
„Die Corona-Krise hat Deutschland wie ein Blitz getroffen. Eine Erholung dürfte zwar schon in der zweiten Jahreshälfte einsetzen, aber dennoch wird das Vorkrisenniveau voraussichtlich erst im Herbst 2021 wieder erreicht. Die Kosten der Krise im Sinn der verlorenen Wirtschaftsleistung betragen dann etwa 300 Mrd. EUR. Ohne die schnelle Reaktion der Fiskal- und Geldpolitik würde die Rezession noch verheerender ausfallen, Zuschüsse und Überbrückungskredite sowie diverse Anpassungen bei der Bankenregulierung oder dem Miet- und Insolvenzrecht helfen der Wirtschaft. Das Kurzarbeitergeld reduziert die laufenden Kosten, Arbeitsplätze bleiben erhalten und die Binnennachfrage wird gestützt. Der Großteil der Unternehmen dürfte zwar mit Blessuren, aber überlebensfähig durch die Krise kommen. Alle Maßnahmen können allerdings nur zur Überbrückung dienen. Wir müssen jetzt schnell mithilfe von Schnelltests, der Nachverfolgung von Infektionsketten und Verhaltensprotokollen Wege finden, Leben und Lebensunterhalt zugleich zu schützen.“
Zum KfW-Konjunkturkompass Deutschland / Eurozone Mai 2020 (PDF, 115 KB, nicht barrierefrei)
„Gerade mit Blick auf die Fachkräftesituation in Deutschland gilt es, die Auswirkung der aktuellen Krise auf die Berufsbildung abzufedern. Deutschland braucht weiterhin eher mehr gut ausgebildete Fachkräfte. Eine „verlorene Generation“ an Absolventen können wir uns nicht leisten. Das gilt sowohl für private Unternehmen noch im öffentlichen Sektor. Insbesondere für den Öffentlichen Dienst kann die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die seinen oft systemrelevanten Berufen aktuell zuteil wird, eine Chance sein - ist er doch bereits seit einiger Zeit stark vom Fachkräftemangel betroffen. Es gilt jetzt Ausbildungsstellen zu erhalten und für junge Menschen attraktiv zu gestalten.“
„Das April-Ergebnis des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers ist zweifelsohne deprimierend. Die Rückgänge bei sämtlichen darin berücksichtigten Einzelindikatoren betragen im Schnitt rund das Zehnfache einer üblichen Monatsveränderung“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Das führt eindrücklich vor Augen, welch umfassende wirtschaftliche Auswirkungen der zum Gesundheitsschutz notwendige, erzwungene Stillstand in weiten Teilen des Lebens hat.“ Da der historische Einbruch des Geschäftsklimas den ganz besonderen Umständen der Corona-Pandemie geschuldet sei und nicht etwa von genuin ökonomischen Faktoren getrieben, sollte aber eine relativ rasche Erholung der Stimmung möglich sein, sobald die Bremsen nicht mehr so fest angezogen werden müssten. „Dabei sind alle vertrauensbildenden Maßnahmen zentral, die gleichzeitig dem Schutz des Lebens und des Lebensunterhaltes dienen, wie Schnelltests, verlässliche Nachverfolgung von Infektionsketten und Hygienekonzepte. Denn die Menschen werden sich nur dann am wirtschaftlichen und öffentlichen Leben wieder voll beteiligen, wenn die Risiken einer Ansteckung möglichst klein und für sie einschätzbar sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir im April das Stimmungstief gesehen haben – dank des umfassenden öffentlichen Corona-Schutzschirms, der seit März erzielten Erfolge bei der Zurückdrängung der Virus-Infektionen und der nun angekündigten oder bereits umgesetzten Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen.“ In der zweiten Jahreshälfte 2020 sei eine beginnende Erholung des Wirtschaftswachstums zu erwarten.
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer April 2020 (PDF, 127 KB, nicht barrierefrei)
„Die Digitalisierung kommt zwar immer mehr in der Breite des deutschen Mittelstands an - die Masse der mittelständischen Unternehmen vollzieht sie bisher allerdings in kleinen Schritten“, resümiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW Bankengruppe. „Die aktuelle Corona-Krise wird hier eine Zäsur setzen und als Beschleuniger der digitalen Transformation im Mittel-stand wirken. Gerade jetzt – zeigt sich besonders, welche Wettbewerbsvortei-le sich durch digitalisierte Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse ergeben.“ Sie ermöglichten in vielen Fällen ein Fortführen des Geschäftsbetriebs, der aufgrund der Corona-Beschränkungen sonst zu vollständigem Erliegen gekommen wäre. „Viele Unternehmen sind plötzlich zur Digitalisierung gezwungen: Sie probieren Homeoffice und virtuelle Zusammenarbeit aus, etablieren in Zeiten geschlossener Läden und Gaststätten einen digitalen Vertrieb oder ersetzen papierbehaftete Arbeitsprozesse durch digitale. Vieles davon wird nach der Krise bleiben – und sich verstärken.“
Zum KfW-Digitalisierungsbericht Mittelstand 2019 (PDF, 895 KB, nicht barrierefrei)
„Der Arbeitsmarkt steht im Bann der Corona-Krise, und das wird das ganze Jahr über so bleiben. Geschäftsschließungen, Einschränkungen im Geschäftsbetrieb, ausbleibende Nachfrage, unterbrochene Lieferketten und Reisebeschränkungen verstärken sich in ihrer Wirkung und haben eine tiefe weltweite Rezession ausgelöst. In Deutschland haben mehr Betriebe als je zuvor Kurzarbeit angemeldet. Auch die Arbeitslosigkeit ist erheblich gestiegen, allerdings hielt sich der Anstieg dank der umfangreichen Ausweitung des Kurzarbeitergeldes bisher in Grenzen. Die weitere Entwicklung hängt stark von politischen Entscheidungen in Deutschland und im Ausland ab. Diese richten sich unter anderem danach, wie sich die Infektionszahlen entwickeln, wie diszipliniert auch gelockerte Auflagen eingehalten werden und wie sich die Auflagen wirtschaftlich auswirken. Die Lockerungen im Mai sind ein ermutigender erster Schritt, der bereits die finanzielle Lage vieler Betriebe und Beschäftigter verbessert.“
„Mit der Schnellschätzung für das Wachstum der Eurozone im ersten Quartal liegen erste harte Konjunkturdaten vor, die auch die Auswirkungen der Corona-Krise im März erfassen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Eurozone im Januar und Februar noch mit einem durchschnittlichen Tempo gewachsen sein dürfte. Der große Einbruch kam erst mit dem Übergreifen der Pandemie auf Europa und den diversen nationalen Lockdowns. Aus dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3,8 % im ersten Quartal kann man schließen, dass die Eindämmungsmaßnahmen die Wirtschaft der Eurozone in den letzten drei Märzwochen um durchschnittlich 17 % abgewürgt haben. Die Zahlen aus dem ersten Quartal sind damit nur ein Vorgeschmack auf das, was uns im zweiten Quartal erwartet. Wir rechnen mit einem Einbruch um rund 15 % und einer langsamen Erholung nach diesem Tiefpunkt.“
„In den Märzdaten der EZB zur Kredit- und Geldmengenentwicklung zeichnen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie deutlich ab. Überwiegend getrieben von einer Ausweitung der Kredite an den Unternehmenssektor hat sich das Geldmengenwachstum stark beschleunigt. Insgesamt stellten die europäischen Banken den Unternehmen 5,4 % mehr Mittel zur Verfügung als vor Jahresfrist. Im Februar waren es nur 3 % gewesen. Die unmittelbare Wucht der Pandemie zu Beginn des europäischen Ausbruchs zeigt sich dabei weniger im Kreditwachstum selbst als in seiner Beschleunigung. Das ist der stärkste Tempozuwachs innerhalb eines Monats, den es bei der Kreditvergabe an Unternehmen in der Eurozone bisher gegeben hat. Ich werte dies als positives Signal, denn die Banken versorgen Unternehmen mit Krediten. Es zeigt, dass Kreditgarantien der Regierungen, Flexibilität bei der Bankenregulierung und die reichliche Liquiditätsbereitstellung der EZB wirken. Damit wird ein wesentlicher Beitrag geleistet, um die Zahl der Unternehmensinsolvenzen zu begrenzen und den längerfristigen Schaden der Coronakrise zu minimieren.“
„Der gemeldete Rückgang des BIP im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal war mit annualisiert 4,8 % noch deutlicher als ohnehin schon befürchtet. Dies zeigt die Schwere der dortigen Rezession, denn der Rückgang geht im Wesentlichen allein auf die zweite Märzhälfte zurück. Für das laufende zweite Quartal zeichnet sich bereits jetzt ein weit deutlicherer Einbruch der Wirtschaftsleistung ab. Es ist unwahrscheinlich, dass es in der zweiten Jahreshälfte zu einer deutlichen Erholung kommt. Zwar sind und bleiben die US-Amerikaner sehr konsumfreudig und könnten Lockerungsmaßnahmen mit stärkerer Nachfrage begegnen als in anderen Teilen der Welt, die katastrophale Lage am US-Arbeitsmarkt wird diesen Effekt jedoch deutlich dämpfen. Ein Pluspunkt verbleibt aber für die US-Wirtschaft in der Erholung aus meiner Sicht: Die USA sind international weniger verflochten als beispielsweise Deutschland und deshalb weniger stark den Rezessionen in anderen Ländern ausgeliefert. Auf das Gesamtjahr betrachtet werden die USA allerdings um einen spürbaren BIP-Rückgang nicht herumkommen.“
„Mit den kräftigen Wertpapierkäufen tut die EZB alles, um den monetären Transmissionskanal offen zu halten. Hierzu benötigt sie größtmögliche Flexibilität. Der EZB-Rat wird diese Woche deshalb wohl eine Ausweitung des „PEPP“-Kaufprogramms diskutieren, zumal sich andere große Notenbanken aktuell deutlich stärker in Sachen „QE“ engagieren. Diesen Montag hob nun auch die Bank of Japan ihre Obergrenze für Staatsanleihekäufe auf. Die PEPP-Aufstockung derzeit wäre eine Vorsorgemaßnahme, sie würde aber vermutlich weitere Entspannung für den Staatsanleihenmarkt bedeuten. Letzte Woche hat die EZB die Anforderungen an Sicherheiten bei Repo-Geschäfte gelockert. Die Beschlüsse der EU-Regierungschefs vom letzten Donnerstag zeigen, dass die Regierungen und die EZB bei der Krisenbewältigung in dieselbe Richtung arbeiten.“
„Die aktuelle schrittweise Rückführung der Corona-bedingten Eindämmungsmaßnahmen lässt auf eine Entspannung im Mittelstand hoffen. Viele Unternehmen können ihr Geschäft wieder aufnehmen. Doch eine Rückkehr zum Vor-Corona-Alltag wird für die meisten nicht reibungslos möglich sein, niedrigere Umsätze und Liquiditätsengpässe dürften die Mittelständler auch in den nächsten Wochen begleiten“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Staatliche Hilfsmaßnahmen und KfW-Liquiditätsmaßnahmen bleiben daher für die kleinen und mittleren Unternehmen weiter nötig und hilfreich: Sie federn die Folgen des Corona-bedingten Stillstands ab und ermöglichen es den Unternehmen, länger durchzuhalten.“
Die Widerstandsfähigkeit im Mittelstand gegenüber unerwarteten Ereignissen hat sich in der zurückliegenden Dekade enorm erhöht. „Der Mittelstand hat seine Hausaufgaben gemacht und in den vergangenen Jahren seine Eigenkapitalausstattung deutlich verbessert “, sagt Dr. Fritzi-Köhler-Geib. „Die in den vergangenen Jahren aufgebauten Finanzpolster helfen in der aktuellen Krise, Verluste temporär zu verkraften und den Druck auf die Liquidität zu mindern.“
„Das Geschäftsklima ist endgültig im Corona-Tal angekommen. Der historische Fall der Lageurteile infolge des – zur Pandemieeindämmung notwendigen – Lockdowns unterstreicht, dass wir uns für das zweite Quartal auf den tiefsten Einbruch der Wirtschaftsleistung seit Bestehen der Bundesrepublik einstellen müssen. Ich erwarte einen BIP-Rückgang zwischen 10 und 15 % gegenüber dem Vorquartal. Auch wenn die Geschäftserwartungen noch keine Hoffnung verbreiten, bin ich zuversichtlich, dass wir schon im zweiten Halbjahr den Beginn einer Erholung sehen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass wir das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben nun sehr umsichtig wieder hochfahren, ohne die gesundheitlichen Erfolge zu gefährden. Der umfassende Schutzschirm von Bund, Ländern und KfW hilft den Unternehmen dabei, ihr produktives Potenzial über die Krise hinaus möglichst unbeschadet zu bewahren.“
"1) Die sichtbaren Erfolge bei der Verlangsamung der Virusausbreitung ermöglichen die Lockerungsmaßnahmen. Sie erlauben in Teilbereichen einen kontrollierten wirtschaftlichen Neustart. Die nächsten Schritte hängen von der Effektivität der neuen Hygiene- und Abstandsregeln ab. Im Mai könnten Lockerungen für größere Einzelhändler, Restaurants, Cafés und Bars folgen. Touristik und Unterhaltung müssen sich auf längere Einschränkungen einstellen.
2) Leben und Lebensunterhalt als Alternativen gegeneinander abzuwägen, geht nicht auf. Nur mit einer gesunden Bevölkerung und einem leistungsfähigen Gesundheitssystem lässt sich nachhaltig wirtschaften. Bund und Länder gehen den richtigen Weg: Solange kein Impfstoff zur Verfügung steht, brauchen wir eine neue Normalität, die möglichst viel öffentliches und wirtschaftliches Leben ermöglicht, ohne die Erfolge der Pandemieeindämmung zu gefährden.
3) Mit dem Corona-Schutzschirm von rund 1,2 Bill. Euro hat Deutschland bereits ein sehr großes Maßnahmenpaket geschnürt, um die Wirtschaft möglichst unbeschadet durch die Krise zu bringen. Nach Eindämmung der Pandemie ist ein langfristig angelegtes Wachstumsprogramm gefragt, das die weiter drängenden Herausforderungen v.a. beim Umwelt- und Klimaschutz sowie bei der Transformation zur digitalen Wissensgesellschaft adressiert.
4) Der Wert von Resilienz wird gerade offenbar. Im Idealfall verlieren kurzfristige Renditeziele daher zugunsten nachhaltiger Langfristziele an Bedeutung. Das Demografie- und Fachkräfteproblem am Jobmarkt bleibt ungeachtet der Coronakrise bestehen. Den Druck auf das Potenzialwachstum kann Deutschland nur mit einer Investitions- und Innovationsoffensive kontern. Dabei gilt es, die komparativen Vorteile der Industrie zu erhalten.
5) Wirtschaft und Staat brauchen einander, um zum Nutzen der Gesellschaft nachhaltig leistungsfähig zu sein, wie die Krise zeigt. Der Staat ist nicht nur als Krisenmanager gefragt. Mit Daseinsvorsorge und sozialer Sicherheit macht er die Gesellschaft insgesamt widerstands- fähiger, wovon auch die Wirtschaft profitiert. Ein effektiver und solide finanzierter Staat ist ein Erfolgsfaktor, dessen bewährte Rolle in der sozialen Marktwirtschaft es zu bewahren gilt.
6) Die EZB sorgt dafür, dass das Risiko einer Schuldenkrise kurzfristig gering ist. Die EU hat sich auf ein erstes Hilfspaket von Krediten über insgesamt bis zu 540 Mrd. Euro aus bestehenden EU-Haushaltsmitteln sowie dem verstärkten Einsatz von EIB und ESM geeinigt, um die akuten Krisenauswirkungen abzufedern. Es braucht jedoch weitere gemeinsame Anstrengungen, die Folgen der Krise nachhaltig zu überwinden."
„Die Corona-Krise bringt gerade für Gründer und junge Unternehmen enorme Herausforderungen mit sich – die erheblichen Umsatzeinbrüche führen zu große Existenzsorgen und der Frage nach dem Fortbestand des Unternehmens“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Unsere Blitzbefragung zeigt aber, dass die staatliche Liquiditätshilfen und weiteren Hilfsmaßnahmen wirken: Sie helfen den Selbstständigen, länger durchzuhalten und den Stillstand hoffentlich zu überbrücken.“ Zudem sei es ermutigend zu sehen, wie viele Selbstständige sich in der Not neu erfinden und ihre Geschäftsmodelle den akuten Herausforderungen anpassen. „Entscheidend ist aber, dass alle in Wirtschaft und Gesellschaft mit ihrem Verhalten dazu beitragen, den gegenwärtigen Ausnahmezustand so kurz wie möglich zu halten. Dann werden umso mehr diese Krise überstehen.“
„Die neue KfW-ifo-Kredithürde geht in unruhigen Zeiten und gleichzeitig zum richtigen Zeitpunkt an den Start“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Sie wird uns Antworten auf die Frage liefern, ob der Kreditzugang für den Mittelstand auch in der Corona-Krise offen bleibt. Aus dem Anteil der Unternehmen in Kreditverhandlungen kann außerdem auf Trends bei der Kreditnachfrage geschlossen werden.“ Die zur Eindämmung der Corona-Pandemie erforderlichen Maßnahmen hätten weite Bereiche der Wirtschaft abrupt zum Stillstand gebracht. „Damit längerfristige Schäden vermieden werden und die Wirtschaft sich schnell erholen kann, kommt es entscheidend auf eine funktionierende Kreditversorgung der Unternehmen durch das Bankensystem an. Die Liquiditätshilfen unter Mitwirkung der KfW sind hier ein wichtiger Beitrag zum gesamten Maßnahmenpaket der Bundesregierung“, so Köhler-Geib.
„Die starke Ausbreitung des Coronavirus in immer mehr Ländern trifft den Mittelstand empfindlich“, so KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib. „Die Coronakrise stellt die rund 800.000 auslandsaktiven kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland vor besondere Schwierigkeiten. Sie verzeichnen Umsatzeinbrüche im In- und Ausland zugleich.“
„Mit Sorge blicke ich auf die Entwicklung der Pandemie auch in den USA. Zusätzlich zu den Herausforderungen dort betrifft sie auch die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland, von denen jedes fünfte Geschäftsbeziehungen in die USA unterhält“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib.
„Auch nach Überwindung der Coronakrise dürften sich die deutschen Exporte und damit auch die Auslandsumsätze des Mittelstands in einem schwierigen Umfeld entwickeln. Ich nehme an, dass die Krisenerfahrungen dazu führen, dass Unternehmen ihre internationalen Wertschöpfungsketten krisenfester machen – und in manchen Fällen auch stärker diversifizieren“, sagt die KfW-Chefvolkswirtin.
„Das März-Ergebnis des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers unterstreicht, dass die deutsche Wirtschaft einem Wirtschaftseinbruch mit historischem Ausmaß entgegensieht. Anders als bei vorausgegangenen Rezessionen wurden viele Teile der Binnenwirtschaft bewusst stillgelegt. Kleine und mittlere Unternehmen werden daher stärker getroffen als beispielsweise in der Finanzkrise von 2009. Nach einer Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen ist allerdings auch ein temporär sehr kräftiger Wachstumsschub infolge der Normalisierung zu erwarten."
„Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat 2019 erstmals seit 5 Jahren wieder angezogen. Für das Jahr 2020 wird sich zeigen, ob angesichts der großen Sorgen, die die Corona-Krise besonders für Selbstständige mit sich bringt, ein Plus bei Notgründungen oder ein Minus durch den Abbruch von Gründungsplänen überwiegen werden“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Staatliche Liquiditätshilfen und Unterstützung für Kurzarbeit helfen Unternehmen und Selbstständigen erst einmal weiter. Auch ist es ermutigend zu sehen, wie viele Selbstständige sich in der Not neu erfinden und ihre Geschäftsmodelle den akuten Herausforderungen anpassen. Entscheidend ist aber, dass alle mit ihrem Verhalten dazu beitragen, den gegenwärtigen Ausnahmezustand so kurz wie möglich zu halten, dann werden umso mehr diese Krise überstehen.“
„Auch wenn die jetzt veröffentlichen Zahlen den Effekt der Coronakrise nicht widerspiegeln, ist an der gegenwärtigen Lage nichts zu beschönigen. Zusätzlich zu Erkrankungen gibt es Produktionsausfälle und Einnahmeverluste in gravierendem Umfang, die noch mehrere Wochen oder Monate andauern können. Allerdings werden sich die Auswirkungen für viele Beschäftigte in Deutschland auf temporäre Arbeits- und Verdienstausfälle beschränken. Das liegt nicht zuletzt an den entschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen mit Blick auf den schon länger beobachteten Fachkräftemangel ein großes Interesse haben, ihre Mitarbeitenden weiter zu beschäftigen; vor allem, um in einer Erholung schnell Nachfrage bedienen zu können.
Wie schon in der Finanzkrise hat die Bundesregierung das Kurzarbeitergeld erheblich ausgeweitet. Das federt Verdienstausfälle ab und entlastet Unternehmen von Lohnkosten und Sozialbeiträgen. Zudem haben die Bundesregierung und die KfW finanzielle Hilfspakete von historisch einmaligem Ausmaß auf den Weg gebracht. Diese helfen besonders betroffenen Betrieben über Liquiditätsengpässe hinweg und bewahren sie vor der Zahlungsunfähigkeit. Das hilft natürlich auch einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Wir sollten uns eins klar machen: Wie lange der gegenwärtige Ausnahmezustand anhält, hängt entscheidend davon ab, dass die Menschen sich an die von der Politik vorgegeben Einschränkungen ihres Arbeits- und Soziallebens halten. Das rettet nicht nur Menschenleben, sondern trägt entscheidend dazu bei, dass unsere Wirtschaft die Krise schnellstmöglich und weit gehend unbeschadet überwindet."
„Die EZB veröffentlicht die neuesten Zahlen zum europäischen Kreditmarkt mit der üblichen Verzögerung von vier Wochen. In Zeiten von Corona ist das eine Ewigkeit. Die Februarzahlen spiegeln den Effekt der Pandemie noch nicht wider. Damit die absehbaren wirtschaftlichen Folgen in Grenzen bleiben, muss der Kreditzugang für finanziell solide Unternehmen und Haushalte offen bleiben. Die Chancen dafür sind gut, denn Aufsicht, Geldpolitik, Regierungen und Förderbanken arbeiten Hand in Hand, um die Spielräume der Finanzinstitute zur Kreditvergabe zu vergrößern. Allein die Entlastungen der europäischen Bankenaufsicht setzen soviel Kapital frei, dass zusätzliche Bankkredite von bis zu 1,8 Billionen Euro ausgereicht werden können. Das entspricht rund 15 % der derzeit ausstehenden Kredite an den privaten Sektor in der Eurozone.“
„Die Bewältigung der Coronakrise ist für die Banken gleichermaßen Mammutaufgabe und Belastungstest. Der kurzfristige Mittelbedarf einer Vielzahl von Unternehmen wird sprunghaft ansteigen, aller Voraussicht nach kräftiger als in der globalen Finanzkrise. Um die Liquidität der Unternehmen sicherzustellen und sie gut durch die Krise zu bringen, ist deshalb eine gemeinsame Kraftanstrengung des gesamten deutschen Bankensystems erforderlich. Die KfW, weitere Förderbanken und die deutsche Kreditwirtschaft arbeiten zusammen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.“
„Der Einbruch beim vorläufigen ifo-Geschäftsklima ist zwangsläufig, denn die ökonomischen Kosten der Corona-Krise sind allgegenwärtig. Durch die soziale Distanzierung zur Eindämmung des Virus müssen viele Dienstleistungsunternehmen das Geschäft zeitweise komplett einstellen. Aber auch die Industrie leidet durch einen Nachfrageeinbruch, den Ausfall von Mitarbeitern und gestörte Lieferketten. Dass die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 10 bis 15 Prozent einbricht, ist leicht vorstellbar. Problematisch ist vor allem die enorme Unsicherheit darüber, ab wann eine Rückkehr zur Normalität möglich sein wird. Jetzt gilt es vor allem sicherzustellen, dass Unternehmen nicht in die Insolvenz geraten, sondern in eine Art Winterschlaf mit reduzierter oder keiner Geschäftstätigkeit versetzt werden, bis das Virus unter Kontrolle ist. Dann können wir vielleicht schon in einem Jahr wieder das Gleiche wie zum Ausgangspunkt dieses Jahres erwirtschaften. Die Bundesregierung hat dafür gesorgt, dass die KfW zusammen mit der Kreditwirtschaft die Unternehmen schnell, effektiv und unkompliziert mit Liquidität versorgen kann.“
„Der Ausbruch des Coronavirus in Europa hat die Lage im Vergleich zum letzten EZB-Entscheid am 23. Januar komplett verändert. Damals bestand Hoffnung auf ein Ende der konjunkturellen Durststrecke im Euroraum, jetzt kann davon keine Rede mehr sein. Vielmehr werden an den Finanzmärkten gerade Worst-Case-Szenarien durchgespielt. Der EZB-Rat wird einen konstruktiven Beitrag dazu leisten, die Folgen des Virus-Ausbruchs auf Finanz- und Realwirtschaft abzumildern. Dabei sind die Finanzierungsbedingungen aktuell nach wie vor überwiegend sehr vorteilhaft. Ein weiterer Zinsschritt hätte also eher symbolischen Wert und würde signalisieren, dass die Notenbanken weltweit an einem Strang ziehen. Um sicherzugehen, dass Finanzierungen im gesamten Euroraum auch günstig bleiben, könnte die EZB ihre Wertpapierkäufe aufstocken, solange die Virus-Ängste fortbestehen. Kurzfristig dürften allerdings Liquiditätshilfen und Unterstützung für Kurzarbeit für Unternehmen zentral sein – und hier sind die Regierungen am Zug.“
„Der Mittelstand wird durch seine stärkere Fokussierung auf den deutschen und europäischen Binnenmarkt zwar weniger stark von den globalen Entwicklungen getroffen. Doch auch wenn die Stimmung im Mittelstand im Februar noch robust ist: Immun gegen die Auswirkungen des Corona-Virus sind die kleinen und mittleren Unternehmen nicht. Spätestens mit der Verbreitung von Corona in Italien müssen wir davon ausgehen, dass die ohnehin nur mäßige Konjunkturdynamik in Deutschland einen zusätzlichen Dämpfer erhält.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Februar 2020 (PDF, 126 KB, nicht barrierefrei)
„Die Zeichen stehen weiter auf nachlassende Inflation: Rohölnotierungen sind gesunken und die Konjunkturdynamik ist nur mäßig, jetzt mit einem zusätzlichen Dämpfer durch das Coronavirus. Damit steuern wir im Frühjahr auf Inflationsraten von unter einem Prozent zu – es sei denn, virusbedingte Störungen auf der Angebotsseite trieben kurzfristig Preise nach oben. Die EZB dürfte in diesem Umfeld nach wie vor für sehr günstige Finanzierungsbedingungen sorgen, diese aber nicht noch weiter lockern. Sollten Unternehmen wegen der Virus-Folgen temporär Liquiditätsprobleme bekommen, wäre das von anderer Seite zu adressieren.“
„Die Arbeitslosenquote hat sich bisher noch kaum verändert, aber die Konjunkturschwäche kommt zunehmend am Arbeitsmarkt an. In den Wirtschaftsbereichen ist dies in unterschiedlichem Ausmaß zu spüren. Während die Zahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe leicht sinkt, steigt sie in den Dienstleistungsbereichen und im Baugewerbe weiter an. Das Gesundheitswesen, der Immobiliensektor und der Bereich Information und Kommunikation weisen die größten Beschäftigungsgewinne aus. Vom Arbeitsplatzabbau besonders betroffen sind dagegen Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung. Bei Zeitarbeitern gab es Ende 2019 rund 80.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger als im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang um 10 %. Der inländische Konsum und die Bauinvestitionen werden vorerst die Stützen der Konjunktur bleiben. Das ist der guten Beschäftigungslage und spürbaren Lohnerhöhungen zu verdanken. Die Reallöhne stiegen im Jahr 2019 durchschnittlich um 2 %.“
„Das Geschäft mit europäischen Unternehmenskrediten hat sich zum Jahresauftakt stabilisiert. Das ist nach der positiven Entwicklung des europäischen Konsumentenvertrauens und des Einkaufsmanagerindex ein weiteres ermutigendes Signal für die Konjunktur. Allerdings werden sich die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus erst noch zeigen. Produktionsausfälle infolge ausbleibender Lieferungen aus China können temporär sogar zu einem erhöhten Finanzierungsbedarf zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen führen. Meldungen zu einem stärkeren Wachstum am Kreditmarkt sind in den nächsten Monaten deshalb mit Vorsicht zu genießen.“
Der BIP-Anstieg dürfte 2020 mit 0,8 % um 0,1 Prozentpunkte geringer ausfallen als bislang prognostiziert. Für 2021 erwartet KfW Research in seiner Erstprognose eine Wachstumsbeschleunigung auf 1,3 %. Die Abwärtsrisiken überwiegen. „Sollte die Corona-Epidemie länger andauern und auch andere Weltregionen stärker in Mitleidenschaft ziehen, werden gravierende Auswirkungen auf den Außenhandel und die Wertschöpfungsketten wahrscheinlicher, denen die deutsche Industrie besonders ausgesetzt ist. Die Situation in Italien macht mir deshalb Sorgen“, warnt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Mit Blick auf 2021 sieht Köhler-Geib jedoch gute Gründe für eine Erholung der Konjunktur:„Im kommenden Jahr dürfte das Weltwirtschaftswachstum wieder etwas höher ausfallen und unseren Exporten neue Impulse geben. Die deutsche Industrie sollte dann wieder etwas kräftiger wachsen, da sie von der günstigeren Auslandsnachfrage profitiert. Dies wird die Unternehmensinvestitionen anregen. Gleichzeitig stärkt die Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 die private Kaufkraft.“
Zum KfW-Konjunkturkompass Deutschland Februar 2020 (PDF, 94 KB, nicht barrierefrei)
„Das ifo Geschäftsklima für Februar wurde mit Spannung erwartet, denn es bietet einen ersten Eindruck davon, wie stark das Corona-Virus die deutschen Unternehmen beunruhigt. Bisher gibt es hierzu zwar Berichte aus einzelnen Unternehmen, aber kaum belastbare Daten zu den Auswirkungen in der Breite. Der Fokus liegt auf dem international verflochtenen Verarbeitenden Gewerbe, das im Januar eine deutliche Stimmungsaufhellung gemeldet hat und nun überraschend eine erneute Verbesserung des Geschäftsklimas verzeichnet. Dennoch ist zu befürchten, dass die deutsche Industrie beeinträchtigt wird, wenn Zulieferer aus China infolge des Corona-Virus noch länger stillstehen und es außerdem zu Nachfrageausfällen kommt. Erfahrungsgemäß gibt es nach konjunkturellen Schocks wie dem Corona-Virus eine Aufholbewegung, die aber wahrscheinlich nicht ausreicht, um den gesamten Wachstumsverlust binnen Jahresfrist auszugleichen.“
„Der Mittelstand zieht sich immer mehr aus der Innovationstätigkeit zurück“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Für die Zukunftsfähigkeit und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist das eine gefährliche Entwicklung – schließlich spielen Innovationen eine große Rolle für Beschäftigung, Wachstum und Produktivität“. Auch der Rückgang bei den nachahmenden Innovationen sei ein Problem: „Gesamtwirtschaftliche Effekte von Innovationen stellen sich nur dann ein, wenn ein technologischer Fortschritt in der Breite der Wirtschaft realisiert wird.“
Auf der anderen Seite sei es notwendig, die Entwicklung von Marktneuheiten und neuen Technologien weiterhin zu stärken. „Vor dem Hintergrund der ambitionierten Innovationsstrategien im Ausland sind dazu erhöhte Forschungsanstrengungen hier zu Lande notwendig. Die deutsche Wirtschaft kann sich nicht auf ihrem technologischen Vorsprung ausruhen, sondern muss ihre Vorreiterrolle sichern und Zukunftstechnologien entwickeln.“
„Die gesamtwirtschaftliche Stagnation im vierten Quartal ist schon ein kleiner Erfolg, wenn man bedenkt, dass die Industrieproduktion allein um 2,3 % schrumpfte. Mit der Hoffnung auf Erholung müssen wir uns wenigstens noch bis zum Frühling gedulden. Zumindest für das erste Quartal zeichnet sich infolge des Corona-Virus eine spürbare Dämpfung der chinesischen und damit auch der globalen Konjunktur ab. Inwieweit sich das auch im Wachstum des Gesamtjahrs widerspiegelt, hängt von Stärke und Dauer des Einbruchs ab. Der mögliche Effekt auf die international stark verflochtene deutsche Wirtschaft kommt durch zwei Kanäle: Zum einen wegen des kurzfristigen Nachfrageausfalls aus China und zum anderen wegen möglicher Störungen in den grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten.“
"Frauen machen sich am häufigsten in Dienstleistungsberufen selbständig", erklärt KfW-Chefvolkswirtin Friederike Köhler-Geib. Kindertagespflege, Ernährungsberatung, Coaching, das seien typische Tätigkeitsfelder. Hinzu kommen Angebote aus den Bereichen Gesundheit, Körperpflege aber auch Journalismus. "Dagegen sind Projekte im produzierenden Gewerbe bei der Gründungstätigkeit von Frauen deutlich seltener als bei Männern."
Langfristig zeigen die Daten aus dem KfW-Gründungsmonitor, dass sich immer mehr Frauen selbständig machen. Dennoch sind in Hessen fast doppelt so viele Männer wie Frauen ihr eigener Chef. 2018 gab es in Hessen 66.700 selbständige Männer, dem stehen 33.300 Frauen gegenüber.
Dass die Zahl der Gründungen insgesamt eher rückläufig ist, liegt auch daran, dass Arbeitsplätze in Anstellung relativ sicher sind. Im Falle einer Arbeitslosigkeit greife das soziale Sicherungssystem, erläutert Köhler-Geib. Außerdem fehle in Deutschland eine frühe Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die man als Unternehmer braucht.
"Zwar gibt es an Hochschulen mittlerweile über 200 Entrepreneurship-Lehrstühle, in der schulischen Bildung fehlt eine solche Bildung aber meist." Wer den Sprung in die Selbständigkeit wagt, müsse sich notwendige Kenntnisse, wie Buchhaltung, Finanzplanung und Marketing also von Grund auf erarbeiten.
„Das Januar-Ergebnis des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers lässt sich knapp auf einen Punkt bringen: Die Konjunktur bewegt sich noch immer seitwärts“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Gute und schlechte Nachrichten halten sich derzeit die Waage. Positiv ist, dass sich die Voraussetzungen für die Erholung der Außenwirtschaft zuletzt verbessert haben. Negativ steht dem gegenüber, dass die Binnenwirtschaft als lange tragende Säule der Konjunktur erste Risse zeigt, während die wichtigsten globalen Risiken zwar abgenommen haben, aber noch nicht verschwunden sind.“ Eine erneute Eskalation der US-Handelskonflikte mit China oder der EU sei ebenso wenig auszuschließen wie ein doch noch harter Brexit, falls sich Briten und Europäer bis Ende 2020 nicht auf einen neuen Handels- und Beziehungsvertrag einigen. Aktuell käme das Corona-Virus als neuer Belastungsfaktor für die Weltwirtschaft hinzu. „Ich rechne mit einem erneut nur leicht positiven Wachstum der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal. Unsere Konjunkturprognose von rund 1% Realwachstum 2020 ist weiterhin auf Kurs“, so Köhler-Geib.
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Januar 2020 (PDF, 135 KB, nicht barrierefrei)
Die Chefvolkswirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib, kommentiert die Ergebnisse der Studie so: „Die Digitalisierung des Mittelstands hat in den letzten Jahren zwar Fahrt aufgenommen. Doch ein Bremsklotz tritt immer deutlicher zutage: Die Digitalkompetenzen der Beschäftigten bleiben hinter der Entwicklung zurück. Weiterbildung ist die wichtigste Lösungsstrategie, wird aber zu oft aus Kosten- und Zeitgründen unterlassen. Digitale Lernformate sind in den letzten Jahren technisch und didaktisch besser geworden und können so die berufliche Weiterbildung in Deutschland beleben. E-Learning ermöglicht flexibles, zeit- und ortsunabhängiges Lernen – damit passt es besonders gut zu den Anforderungen kleiner Unternehmen.“
„In Anbetracht der ungünstigen weltwirtschaftlichen Bedingungen hat sich die Eurozone 2019 noch gut behauptet. Immerhin ist die Währungsunion unter dem Strich doppelt so schnell gewachsen wie Deutschland alleine. Mehr als mageres Wachstum war aber auch in der Eurozone zum Jahresende nicht drin. Jetzt kommt das neue Coronavirus als zusätzlicher Belastungsfaktor hinzu. Bislang gehen wir davon aus, dass die Folgen für Europa begrenzt bleiben und wie bei vorangegangenen Infektionen die wirtschaftliche Entwicklung nur kurzfristig beeinträchtigen. Zuletzt hatten sich zudem die Anzeichen verstärkt, dass sich der Industriesektor langsam fängt. Daher sollte die konjunkturelle Dynamik im Laufe dieses Jahres wieder an Kraft gewinnen. Das Wachstumstempo wird jedoch kaum ausreichen, um die Inflation dauerhaft in Richtung der Zielmarke der EZB von 2 % zu treiben. Statt dessen dürfte die Teuerungsrate von den heute gemeldeten 1,4 Prozent in den nächsten Monaten sogar Stück für Stück abbröckeln.“
„Die Brexiteers werden Freitagnacht eine rauschende Trennungsparty feiern, die für ihre annähernd genauso zahlreichen proeuropäischen Landsleute nur schwer zu ertragen sein dürfte, genauso wie für mich. Ich bin überzeugt, der 1. Februar 2020 ist ein denkwürdiger Tag für die Menschen in Europa, egal auf welcher Seite des Ärmelkanals sie nun leben. Bereits während der vergangenen drei Jahre hat der Brexit sehr viele Ressourcen in der EU und den Mitgliedsländern gebunden, die sie ansonsten weit nutzbringender in die Bewältigung drängender wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Herausforderungen hätten stecken können. Dieser Prozess ist noch nicht zu Ende. In den nun anstehenden Verhandlungen gilt es, neben fairen Wettbewerbsregelungen vor allem einen möglichst engen künftigen europäisch-britischen Beziehungsrahmen zu entwerfen, der wenigstens den langfristigen Schaden für beide Seiten minimiert. Im Idealfall könnte daraus sogar ein Modell für andere Nicht-EU Länder werden, die aus unterschiedlichen Gründen kein Mitglied der EU sein können oder wollen. Künftig wird es Europa jedenfalls nur gelingen, sich global auf Augenhöhe mit den USA und China zu behaupten, wenn es zusammensteht und seine Kräfte bündelt.“
„Die meisten Beschäftigten in Deutschland brauchen sich auch 2020 um ihren Arbeitsplatz nicht zu sorgen. Allerdings geht die konjunkturelle Schwäche nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorüber: Die Arbeitslosigkeit ist seit Mai letzten Jahres leicht gestiegen, die Zahl der konjunkturellen Kurzarbeiter hat sich auf 50.000 erhöht und die Zahl der Erwerbstätigen wächst langsamer – und das trotz der anhaltenden Fachkräfteengpässe, vor allem bei Bauhandwerkern, Pflegern und IT-Fachleuten. Eine Umkehr der schwachen Arbeitsmarktentwicklung ist wohl frühestens zum Jahresende zu erwarten. Allgemein wird damit gerechnet, dass sich die Weltwirtschaft und der deutsche Export im Jahresverlauf allmählich erholen. Doch es kann auch anders kommen. Die außenwirtschaftlichen Risiken bleiben die Achillesferse der sonst erfolgreichen deutschen Exportwirtschaft.“
„Seit dem vergangenen Sommer hat der europäische Unternehmenskreditmarkt kontinuierlich Schwung eingebüßt. Die Gründe für die nachlassende Dynamik sehe ich derzeit vor allem auf der Nachfrageseite. Das bestätigt auch die jüngste EZB-Befragung der europäischen Finanzinstitute, die erstmals seit Ende 2013 von einem Nachfragerückgang berichteten. Angesichts trüber konjunktureller Aussichten und politischer Unwägbarkeiten halten sich die Unternehmen mehr und mehr bei Investitionen und Kreditaufnahme zurück, trotz immer noch sehr guter Konditionen. Zudem werden auch die Banken etwas vorsichtiger. Von den geringen Margen und der reichlichen Liquidität gehen jedoch unverändert starke Anreize für eine Ausweitung des Kreditvolumens aus. Die EZB dürfte jedenfalls die spürbare Abkühlung als Argument für die Fortsetzung der Niedrigzinspolitik werten.“
„Anfang 2020 ist die Stimmung in den deutschen Unternehmen wieder etwas trüber. Das kam zwar überraschend, aber auch nicht gänzlich ohne Grund. Die Teileinigung im US-chinesischen Handelsstreit und der geregelte Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU eliminieren zwar die unmittelbaren Abwärtsrisiken, sie schaffen jedoch noch keine echten Impulse für die Konjunktur. In den anstehenden Verhandlungen über die künftigen britisch-europäischen Beziehungen dürften sich neue Gräben auftun, die für einige Verunsicherung sorgen werden. Zudem ist ein Ende der bereits anderthalb Jahre dauernden und damit längsten Industrierezession seit der Wiedervereinigung bislang nur schemenhaft erkennbar, während der Bau und die Dienstleistungen zum Jahresanfang unerwartete Ermüdungserscheinungen zeigen. Die Hängepartie geht weiter!“
„Die Fed hat zuletzt deutlich kommuniziert, dass sie das gegenwärtige Leitzinsniveau für angemessen hält und es hohe Hürden für weitere Leitzinsschritte gibt. Entsprechend wird die Fed am kommenden Mittwoch ihre Target Rate-Spanne vor dem Hintergrund der soliden Konjunktur und der unauffälligen Inflationsentwicklung unverändert lassen. Das Augenmerk der Fed liegt momentan ähnlich wie bei der EZB auf der Überarbeitung der geldpolitischen Strategie. Ich halte vor allem eine Anpassung hinsichtlich des Inflationszieles für wünschenswert: In ihrem bevorzugten Inflationsmaß – dem Kern-Preisindex der Konsumausgaben – hat die Fed ihre Zielrate von 2 % nach der Finanzkrise nur sehr selten erreicht. Und eine noch größere Herausforderung ist die Quantifizierung des Beschäftigungszieles, das eng mit der Schätzung der inflationsneutralen Arbeitslosenquote zusammenhängt. Die aktuelle Phase der abwartenden Geldpolitik ist ein ideales Umfeld, um diese Strategiethemen voran zu treiben.“
„Die Wirtschaftsdaten entwickeln sich zurzeit in die richtige Richtung. Vor allem die Geschäftserwartungen des Verarbeitenden Gewerbes sind angesichts der Deeskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China spürbar gestiegen. Deshalb bedarf es momentan keiner weiteren Lockerung der Geldpolitik. Von einer Straffung sind wir allerdings auch noch meilenweit entfernt. Folglich wird sich die Pressekonferenz zum EZB-Entscheid um die angekündigte Überarbeitung der EZB-Strategie drehen. Christine Lagarde wird den möglichen Ergebnissen der Arbeitsgruppen nicht vorgreifen. Wir halten es aber für wahrscheinlich, dass am Ende das Inflationsziel der EZB flexibilisiert wird – zumal wir offensichtlich auch mit etwas niedrigeren Preissteigerungsraten ganz gut leben können. In diesem Fall dürften extreme Maßnahmen der Geldpolitik in Zukunft seltener auftreten.“
Zehntausende Betriebe in Deutschland stehen vor der Schwierigkeit, einen Nachfolger zu finden. Im Interview mit der Deutschen Handwerks Zeitung erklärt KfW Chefvolkswirtin Friederike-Köhler Geib, wie Förderprogramme bei der Suche helfen können.
Deutsche Handwerks Zeitung: Suche nach Betriebsnachfolger: Wie Förderprogramme helfen können
„Der sehr lange Aufschwung geriet 2019 gehörig ins Stocken, mit einem Realwachstum von 0,6 % blieb Deutschland erheblich hinter seinen Möglichkeiten zurück. Allein die solide Binnennachfrage bewahrte die Wirtschaft im vergangenen Jahr vor der Rezession. Das schwierige außenwirtschaftliche Umfeld bedeutete dagegen Dauerstress für die deutsche Industrie, die zudem den notwendigen Strukturwandel hin zu umweltgerechten Produkten und Produktionsprozessen zu stemmen hat. Die außenwirtschaftlichen Belastungen dürften im Verlauf von 2020 zwar nachlassen, aber nicht verschwinden. Hinzu kommen schwer zu kalkulierende geopolitische Risiken rund um den US-Iran-Konflikt. Ich erwarte deshalb auch für 2020 lediglich ein moderates Wachstum, das nur dank eines stark positiven Arbeitstageeffekts knapp an der Ein-Prozent-Marke kratzen wird.
Demografie, Klimawandel und Digitalisierung stellen Deutschland in den nun begonnenen 2020er-Jahren vor epochale Herausforderungen. Je entschlossener und rascher diese angegangen werden, desto besser. Investitionen in die digitale und physische Infrastruktur, Innovationen und Bildung sind dabei der Schlüssel. Deutlich mehr produktive Ausgaben in diesen zentralen Handlungsfeldern der Wirtschaftspolitik würden Deutschland nicht nur langfristig stärken. In der aktuell fragilen Konjunkturlage wären sie als Nachfragestütze auch kurzfristig höchst willkommen. Öffentliche Finanzmittel sind reichlich vorhanden, wie der kräftige Staatsüberschuss von 1,5 % des BIP unterstreicht.“
„Magere konjunkturelle Dynamik, Rezession in der Industrie sowie die vielfältigen politischen Unsicherheiten dämpfen den Appetit auf neue Kredite trotz Niedrigzinsen – sowohl bei den Banken als auch bei den Unternehmen“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Die Kräfte auf beiden Seiten des Kreditmarktes wirken derzeit gemeinsam in eine Richtung und sorgen für ein Abflauen der Wachstumsdynamik.“ Ungeachtet dessen dürften die Banken aufgrund der gesunden Bilanzen der deutschen Unternehmen noch immer bereit sein, bei unerwarteten Entwicklungen auftretende Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Sprunghafte Anstiege der kurzfristigen Kreditvergabe blieben somit weiterhin im Bereich des Möglichen. „Eine nachhaltige Trendwende am Kreditmarkt setzt jedoch voraus, dass sich die Konjunktur erkennbar belebt und die die Planungssicherheit der Unternehmen belastenden politischen Störfeuer zumindest nachlassen. Vor Mitte nächsten Jahres ist damit nicht zu rechnen“, so Köhler-Geib.
Zum KfW-Kreditmarktausblick Dezember 2019 (PDF, 113 KB, nicht barrierefrei)
Die KfW-Chefvolkswirtin Dr. Friederike Köhler-Geib sieht weitere Entwicklungsperspektiven: „Die deutsche Wirtschaft kann es sich immer weniger leisten, auf das Potenzial von Frauen zu verzichten. Und zwar auf allen Ebenen. Beim Angebot an Fachkräften drohen Engpässe und die Erwerbsbevölkerung wird schrumpfen. Der vermehrte Einzug von Frauen in die Führungsetagen des Mittelstands ist deshalb sehr wünschenswert. Nicht zuletzt kann die stärkere Mobilisierung von Frauen der zukünftig angespannteren Lage bei Unternehmensnachfolgen etwas entgegensetzen. Deutschlands Mittelstand braucht mehr Frauen in Führung.“
„Die jüngste Deeskalation im US-chinesischen Handelsstreit und die durch das überraschend deutliche Wahlergebnis im Vereinigten Königreich entstandene Klarheit über den Austrittstermin des Landes aus der EU rechtfertigen bestenfalls sehr vorsichtigen Optimismus. Denn tatsächlich ist weder der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt gelöst, noch sind die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geregelt. Der harte Brexit ist noch nicht vom Tisch, sollte bis Ende 2020 kein neues Handelsabkommen gelingen. Alles in allem sehe ich in dem jüngsten Stimmungsbild des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers eine Bestätigung unserer aktuellen Konjunkturprognose von 0,5 % für 2019 und 0,9 % für 2020.“
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer Dezember 2019 (PDF, 128 KB, nicht barrierefrei)
„Vor allem wegen des vermiedenen harten Brexit am 31. Oktober dürfte das Wachstum im Schlussquartal und zu Beginn des kommenden Jahres positiver sein als noch im Sommer erwartet. Ab kommendem Frühjahr sollte die wirtschaftliche Dynamik in der Eurozone weiter zulegen“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW Bankengruppe. „Wir heben unsere Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 1,2 % an und rechnen 2020 mit einer Jahresrate von 1,0 %.“
Die angenommene leichte Entschärfung der Handelskonflikte sollte im Laufe des kommenden Jahres ein wieder leicht positives Wachstum der Industrie ermöglichen. Im Dienstleistungssektor lässt die robuste Dynamik von 2019 voraussichtlich etwas nach, aber dürfte dennoch für weitere Beschäftigungszuwächse ausreichen. Auf der Nachfrageseite bleibt der private Konsum somit die wesentliche Wachstumsstütze. Ein positiver Impuls, insbesondere für die Bauinvestitionen, kommt außerdem von der seit September noch expansiver ausgerichteten Geldpolitik der EZB. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen dürfte dagegen durch die weiterhin erhöhte politische Unsicherheit gehemmt werden. „Die Fiskalpolitik liefert im kommenden Jahr laut aktueller Haushaltspläne nur einen leicht positiven Beitrag. Sollten Abwärtsrisiken, wie eine erneute handelspolitische Eskalation zwischen den USA und China, die Erhöhung der US-Autozölle oder das Restrisiko eines ungeordneten Brexit eintreten und den Arbeitsmarkt belasten, wäre hier noch etwas Spielraum vorhanden“, so Köhler-Geib.
Zum KfW-Konjunkturkompass Eurozone Dezember 2019 (PDF, 87 KB, nicht barrierefrei)
Während die exportorientierten großen Unternehmen ihre Geschäftslage angesichts des schwierigen außenwirtschaftlichen Umfelds mehrheitlich negativ bewerten, geben die binnenwirtschaftlich ausgerichteten Mittelständler vor dem Hintergrund der soliden Inlandsnachfrage mehrheitlich positive Geschäftslageurteile zu Protokoll. Diese gespaltene Wirtschaftsentwicklung ist noch längst nicht überwunden. Die jüngste Verbesserung der industriellen Exporterwartungen (Mittelständler: +2,3 Zähler auf -10,8 Saldenpunkte; Großunternehmen: +2,9 Zähler auf -9,2 Saldenpunkte) ist in diesem Zusammenhang allenfalls ein kleiner Hoffnungsschimmer, der laut Dr. Fritzi Köhler-Geib, der neuen Chefvolkswirtin der KfW, mit Vorsicht zu genießen ist: „Hier dürfte nicht nur die zuletzt spürbar gesunkene Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit eine Rolle gespielt haben, sondern auch die in Aussicht gestellte erste Teileinigung im US-chinesischen Handelsstreit. Inwieweit die Entspannung dauerhaft trägt, bleibt jedoch angesichts der Unberechenbarkeit der aktuellen US-Administration wie auch der vielen nach wie vor ungelösten Fragen im künftigen Verhältnis der EU zum Vereinigten Königreich abzuwarten.“ Alles in allem gehe sie davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2019 um 0,5 % und 2020 um 0,9 % wachsen werde. Dabei sei die Wachstumsbeschleunigung im kommenden Jahr allein dem Produktionsplus aus vier zusätzlichen Arbeitstagen zu verdanken und bedeute deshalb noch keine echte Erholung der Konjunktur, so Köhler-Geib.
Zum KfW-ifo-Mittelstandsbarometer November 2019 (PDF, 134 KB, nicht barrierefrei)
„Für eine Entwarnung ist es viel zu früh, die Rezessionsgefahr ist noch nicht vom Tisch“, kommentiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, die aktuelle Konjunkturprognose von KfW Research. „Die deutsche Wirtschaft ist und bleibt anfällig für negative Überraschungen“. Hauptrisikofaktoren sind eine mögliche erneute Verschärfung des US-chinesischen Handelskonflikts und das Restrisiko eines ungeordneten Brexits, aber auch die hohe Staatsverschuldung Italiens. „Positiv zu sehen ist jedoch, dass der fiskalische Handlungsspielraum der deutschen Politik das Eindämmen etwaiger Rezessionsschäden erlaubt.“
Zum KfW-Konjunkturkompass Deutschland November 2019 (PDF, 84 KB, nicht barrierefrei)
„Für Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen sind Realzinsen ausschlaggebend. Diese sind am deutschen Kapitalmarkt schon seit 2016 negativ. Auch beim US-Dollar war das in der Vergangenheit schon häufiger der Fall. Negative reale Zinsen sind also nicht wirklich neu. Seit dem Frühsommer sind jetzt allerdings auch die nominalen Zinsen fast über die gesamte Zinsstrukturkurve unter null gerutscht – bei deutschen Staatsanleihen und am Euro-Swapmarkt. Das ist für jedermann sichtbar. Da zu den Gründen auch strukturelle Faktoren zählen, ist es wahrscheinlich, dass uns dieses Umfeld noch eine Zeit begleitet.
Diesen Realitäten stellt sich die KfW, indem sie es ermöglicht, ihre günstigen Refinanzierungsbedingungen auch in diesem Umfeld weiterzugeben – um nach wie vor optimal fördern zu können.
Der Hauptgrund für KfW-Förderung ist unabhängig vom Zinsniveau. Denn die KfW wird aktiv, wenn der Markt unzureichende Ergebnisse erzielt. Beispiel Klimaschutz: Ein stabiles Klima ist ein öffentliches Gut. Der Markt reflektiert das nicht. Zinsen für die Finanzierung von Investitionen, die einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten, sind ohne Förderung genauso hoch wie andere. Das ist unabhängig davon, ob Kapitalmarktzinsen bei 5 %, 0 % oder -1 % notieren. Anderes Beispiel: Zinsverbilligte Kredite für den Mittelstand, der wegen asymmetrischer Informationen bei der Refinanzierung relativ schlecht wegkommt, behalten im Negativzinsumfeld ebenfalls ihre Berechtigung. Oder auch günstige Darlehen für Innovatoren, die stets nur einen Teil der Renten ihrer Neuerungen einstreichen können, bleiben sinnvoll.
Fazit: Förderbanken und Förderkredite sind auch im Negativzinsumfeld angesagt!“
Folgen Sie KfW Research auf Twitter